Der achtfache Oscar-Gewinner “Slumdog Millionär“ hat alles, was großes Kino braucht: eine Geschichte um Armut und Reichtum, Liebe und Verrat, einen... Bilder der Oscar-Nacht.

Der achtfache Oscar-Gewinner "Slumdog Millionär" hat alles, was großes Kino braucht: eine Geschichte um Armut und Reichtum, Liebe und Verrat, einen Kain-und-Abel-Bruderzwist und den Kampf aufrechter Slumbewohner um das Überleben gegen die Machenschaften mafiöser Cliquen. Das Ganze verpackt in den Mythos eines "Vom Tellerwäscher zum Millionär"-Aufstiegs. Ganz Indien jubelt über die acht Oscars, die der Film errungen hat. In den Slums von Bombay saßen die Menschen dicht gedrängt zwischen ihren Blechhütten vor den Fernsehern und verfolgten die Preisverleihung im fernen Kalifornien.

Es sei "ein großer Tag für Indien", sagte Bollywood-Übervater Amitab Bachchan angesichts des Oscar-Segens. Noch vor einigen Wochen hatte er kritisiert, dass der Film klischeehaft nur die Schattenseiten der aufstrebenden Entwicklungsnation zeige und damit alle Patrioten beleidige. Der 66-Jährige selbst hat in "Slumdog Millionär" einen unfreiwilligen Gastauftritt. Auch Filmsternchen Shilpa Shetty schweigt, nachdem sie vor Wochen noch verkündet hatte, in einem Anti-"Slumdog Millionär"-Film mitspielen zu wollen, der die Schönheit Indiens zeige.

Heute interessiert die Menschen viel stärker, ob zwischen den beiden gefeierten Jungdarstellern Dev Patel und Freida Pinto inzwischen tatsächlich eine ganz reale Romanze läuft. Pinto wird nun auch verziehen, dass sie, anders als der mit zwei Oscars dekorierte Musiker A. R. Rahman, nicht im traditionellen indischen Sari zur Oscar-Feier schritt, sondern in einem Kleid des westlichen Designers John Galliano. Rahman gilt in seiner indischen Heimat schon lange als Held. Anfang der 90er-Jahre gelang ihm der Durchbruch in Bollywood. Der 42-Jährige, der in London ein Tonstudio unterhält, hat unter anderem auch die Musik für das 2007 erschienene Drama "Elizabeth - Das goldene Königreich" kreiert. Weltweit hat er rund 100 Millionen Alben verkauft. Der prämierte beste Song "Jai Ho" dürfte im Land ein Ohrwurm werden.

Die Grundlage für das "Slumdog"-Drehbuch lieferte der Roman "Rupien! Rupien!" des indischen Diplomaten Vikas Swarup. In diesem Fall ist der Glückspilz ein Hilfsarbeiter mit Namen Jamal, der in seinem Alltag in einem Callcenter Tee ausschenkt und - auf der Suche nach seiner verlorenen ersten Liebe - plötzlich in der Endrunde der indischen Variante des Fernsehquiz "Wer wird Millionär" vor einem 20-Millionen-Rupien-Hauptgewinn steht. Das Unerhörte dabei: Jamal glänzt mit Wissen, obwohl er gänzlich bildungsfern als Waise in den Slums von Mumbai aufwuchs. Die Fernsehmacher verdächtigen ihn des Betrugs, die Polizei foltert ihn eine ganze Nacht. Doch bei aller Gesellschaftskritik und drastischer Realitätsdarstellung verpasst der Film dem Zuschauer eine volle Dosis Wohlfühlromantik. Das gelingt vor allem in den Szenen, in denen Jamal als Kind mit seinem Bruder Salim und dem Waisenmädchen Latika im Bunde allerlei Widrigkeiten trotzt. Latika wird Jamals große Liebe. Doch immer wieder trennen sich schicksalhaft die Wege der beiden.

"Slumdog Millionär" vereint Elemente des Hindi-Films, des Hollywood-Epos und des britischen Sozialrealismus. In Indien selbst, wo der Film seit Januar in den Kinos läuft, war er wegen der gezeigten Missstände wie Armut, Kinderarbeit und polizeilicher Willkür zunächst umstritten. Slumbewohner fühlten sich durch den Filmtitel beleidigt. Doch die Stimmen, die dem Film "Armutspornografie" vorwarfen, verstummten, je mehr Auszeichnungen der Film auf internationalen Festivals einsammelte.


Slumdog Millionär Der Film startet am 19. März in den deutschen Kinos.D