Zum fünften Mal gewinnt Schweden den Eurovision Song Contest. Sängerin Loreen ist Siegerin, Roman Lob landet auf einem guten achten Platz.
Hamburg/Baku/Berlin. Spektakulärer Auftritt von Anke Engelke beim European Song Contest (ESC): Bei der Verlesung der deutschen Punktwertung für die anderen ESC-Teilnehmer kritisierte sie von der Hamburger Reeperbahn aus vor einem 100-Millionen-Publikum die Regierung des ESC-Gastgeberlandes Aserbaidschan. „Danke Anke“, kommentierte NDR-Intendant Lutz Marmor den Auftritt am Sonntag. Viel Lob gab es auch für den deutschen Kandidaten Roman Lob, der einen guten achten Platz erreichte. Siegerin des 57. ESC, der dieses Jahr in Baku stattfand, wurde die schwedische Favoritin Loreen.
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Ganz nebenbei, aber damit umso eindrücklicher, nutzte Engelke die wenigen Momente der Punktevergabe aus Deutschland in der Live-Schaltung aus Hamburg für eine versteckte Kritik an der aserbaidschanischen Regierung. Sie sagte auf Englisch: „Heute Abend konnte niemand für sein eigenes Land abstimmen. Aber es ist gut, abstimmen zu können. Und es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück auf Deiner Reise, Aserbaidschan! Europa beobachtet Dich!“
Ihre Offenheit wurde in Deutschland einhellig begrüßt: „Anke Engelke hat mit ihren klaren, klugen und charmanten Worten die Ehre des ESC gerettet“, sagte der ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber am Sonntag. Und NDR-Intendant Lutz Marmor erklärte, Engelke habe genau den richtigen Ton getroffen. Auch in Internetforen und beim Kurznachrichtendienst Twitter wurde sie gelobt. Die 46-Jährige selbst, die bei der deutschen Punktevergabe von der Reeperbahn aus live vor einem 100-MIllionen-Publikum gesprochen hatte, wollte sich nicht weiter äußern, wie ihr Management auf dapd-Anfrage mitteilte.
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Die Moderatorin war nicht die einzige, die sich am Abend in Hamburg kritisch äußerte. So Altrocker Udo Lindenberg sagte vor seinem Auftritt mit Jan Delay: „Wir haben lange überlegt, ob man den Eurovision Song Contest diesmal nicht besser boykottiert. Denn Aserbaidschan ist, wie ihr alle wisst, ein grausam unfreies Land. Aber dann haben wir gedacht, es ist auch eine Chance, mit unseren Mitteln ein Zeichen zu setzen gegen die Unterdrückung von Menschen.“
Anders als in früheren Jahren war beim diesjährigen ESC nicht nur über Musik diskutiert worden: Die Austragung des Wettbewerbs in Aserbaidschan hatte eine heftige Debatte über die politische Situation in der ehemaligen Sowjetrepublik in Gang gesetzt.
Den Musikwettbewerb verfolgten knapp neun Millionen Zuschauer im Ersten. Insgesamt lag der Marktanteil bei 36,6 Prozent, wie der NDR mitteilte. Bei den 14 bis 49-Jährigen betrug er 43,6 Prozent (4,11 Millionen Zuschauer).
Nach dem ESC-Erfolg von Sängerin Loreen darf Schweden den Eurovision Song Contest 2013 ausrichten. Im Jahr 1999 hatte Charlotte Nilsson letztmals den ESC nach Schweden geholt. Legendär ist der Sieg von Abba mit „Waterloo“ im Jahr 1974.
Die 28-jährige Loreen siegte mit ihrem mystischen Pop-Song „Euphoria“ mit 372 Punkten – das waren 113 Punkte Vorsprung zu Platz zwei. Den belegten die russischen „Pop-Omas“ der Gruppe Buranowski Babuschki mit ihrem Pop-Folklore-Song „Party For Everybody“. Dritter wurde der Serbe Zeljko Joksimovic mit der Ballade „Nije Ljubav Stvar“. Alle drei Länder hatten bei den Wettbüros auf den vorderen Plätzen gelegen.
Der deutsche ESC-Kandidat Roman Lob hält das Siegerland für einen würdigen Gewinner. „Loreen hat’s einfach super gemacht“, sagte er in der ARD. Er selbst erreichte mit seinem Lied „Standing Still“ ein besseres Ergebnis als die ESC-Gewinnerin von 2010, Lena Meyer-Landrut, im vergangenen Jahr. Sie war in Düsseldorf nur Zehnte geworden. „Ich bin super happy“, sagte der Sänger. Die Erlebnisse beim ESC werde er vermissen. „Es war eine super Zeit hier in Baku“, sagte Lob.
Weltweit schalteten schätzungsweise mehr als 100 Millionen Zuschauer die Fernsehübertragung ein. Das Publikum in allen 42 ESC-Teilnehmerländern konnte abstimmen. Über das Ergebnis entschieden zu jeweils 50 Prozent die Telefonabstimmung und nationale Jurys.
(abendblatt.de/dpa)