Niemand hat die Absicht, ein Museum zu schließen: Szenen einer seltsamen Pressekonferenz - Direktor Gaßner bekräftigt seinen Vorwurf.
Hamburg. In der Hamburger Museumsszene rumort es nach wie vor heftig. Die Nachricht von der drohenden Schließung des Altonaer Museums , die dessen Direktor Torkild Hinrichsen gestern im Abendblatt öffentlich gemacht hatte, versetzte die Verantwortlichen in Zugzwang. Nach einer Reihe von Krisengesprächen in der Kulturbehörde bis zum Mittag luden Lisa Kosok, Vorstandsvorsitzende Stiftung Historische Museen Hamburg, Torkild Hinrichsen sowie Rüdiger Röhricht, Leiter des Immobilienmanagements der IMPF, um 15 Uhr zu einer eilig anberaumten Pressekonferenz ins Museum für Hamburgische Geschichte. Die Kultursenatorin war nicht anwesend.
"Es ist nicht geplant, das Altonaer Museum im Zuge dieser Maßnahmen komplett zu schließen", hieß es in der Einladung zur Veranstaltung, bei der es letztlich nur darum ging, Hinrichsens Interview-Aussagen zu relativieren.
"Uns allen ist daran gelegen, dass die Museen arbeiten und geöffnet sind", sagte Lisa Kosok, die auch bestritt, dass es einen Zusammenhang zwischen nur vorgeblich notwendigen Brandschutzmaßnahmen und notwendigen Sparmaßnahmen gebe. Tatsächlich seien im Altonaer Museum Brandschutzarbeiten geplant, doch deren Durchführung werde den Museumsbetrieb kaum stören. "Es ist von keiner Seite erwünscht oder geplant, das Altonaer Museum im Zuge dieser Maßnahmen komplett zu schließen", erklärte Karin von Welck im Anschluss auf Abendblatt-Anfrage.
War also das dramatische Interview des anwesenden Torkild Hinrichsen nur ein Sturm im Wasserglas? Wirklich glauben mochte das kaum einer der Anwesenden. Dazu trug nicht zuletzt Hinrichsen selbst bei, der sich sibyllinisch über seine "altmodische Sprache" ausließ, in der Begriffe wie Anstand, Ordnung und Pflicht anders besetzt seien als im politischen Tagesgeschäft. Auf die Frage, ob er etwas aus seinem Interview zurückzunehmen habe, antwortete er: "Es gibt Tage, an denen man direkter und zugespitzter formuliert. Heute bemühe ich mich um eine diplomatischere Sprache." Ein Dementi klingt anders. Das Gespräch in der Kulturbehörde habe die Probleme aufgezeigt, und man sei übereingekommen, mit der IMPF nach Lösungen zu suchen, die den Museumsbetrieb nur minimal beeinträchtigen. "Nach dem Gespräch in der Kulturbehörde sind wir jetzt auf einem guten Weg", sagte Hinrichsen, der auf einmal kein Problem mehr darin sehen mochte, dass er für die Brandschutzmaßnahmen umfangreiche Auslagerungen vornehmen muss, wofür das Museum eigentlich kein Geld hat.
Dass auch nach mehreren persönlichen Gesprächen mit der Senatorin Auffassungsunterschiede zwischen Behörde und Museen bestehen bleiben, machte Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner ebenfalls gestern im Gespräch mit dem Abendblatt deutlich. Gaßner blieb bei seiner Interview-Aussage, dass die Galerie der Gegenwart nicht aufgrund fehlerhaft montierter Brandklappen, sondern infolge von Sparzwängen mehrere Monate lang geschlossen werden müsse. "Völlig unabhängig davon müssen einzelne Abschnitte zu bestimmten Zeiten wahrscheinlich geschlossen werden, um die Brandschutzklappen zu wechseln", sagte Gaßner. Der Ablauf dieser Teilschließungen werde wahrscheinlich am kommenden Montag bekannt gegeben.
Mit dem Festhalten an der Schließung aus Spargründen stellte sich Gaßner klar gegen die Senatorin, die genau das am Dienstag im Kulturausschuss als "No-go-Lösung" bezeichnet hatte.
Wie die Senatorin sei auch er bestrebt, die Galerie der Gegenwart so schnell wie möglich wieder zu öffnen. "Natürlich möchte ich unsere Schätze zeigen und auf Schließungen möglichst verzichten, aber dann muss es alternative Sparvorschläge geben", sagte Gaßner. Würde man etwa auf Werbung verzichten, käme erfahrungsgemäß nur noch ein Drittel der möglichen Ausstellungsbesucher, was wiederum die Erlöse mindern würde. Auch die Idee, die frei werdende Stelle der Papierrestauratorin nicht wieder zu besetzen, würde nur dazu führen, dass man Restaurierungsleistungen extern einkaufen müsse, was keineswegs preisgünstiger sei.
Inzwischen zeigt sich sogar, dass eine erfolgreiche Ausstellung anschließend als Sparbüchse genutzt werden kann. Da die Kunsthalle mit der Schau "Pop Life" (160 000 Besucher) gut verdient hat, kündigte Gaßner an, das Plus zum Defizitabbau einzusetzen. Die von der Kunsthalle bis Jahresende zu erbringenden 200 000 Euro können damit zwar bei Weitem nicht beglichen werden, aber vielleicht werde die Schließung der Galerie der Gegenwart kürzen ausfallen können.
Die eigentliche Sensation wurde auf der Pressekonferenz im Museum für Hamburgische Geschichte eher beiläufig verkündet. Auf die Frage nach den konkreten Schäden an den Brandschutzklappen in der Galerie der Gegenwart antwortete der IMPF-Vertreter Rüdiger Röhricht, dass nur eine einzige falsch eingebaut sei, bei weiteren müssten kleinere Reparaturen vorgenommen werden. Auf die Frage, ob Gefahr im Verzug sei, antwortete er: "Nein, wegen der Brandschutzklappen müsste die Galerie der Gegenwart nicht geschlossen werden." Kein Wunder, dass es in der Museumsszene heftig rumort.