Hamburg. War die von der damaligen Kultursenatorin Christina Weiss (parteilos) 1999 durchgesetzte Verselbstständigung der sieben großen Hamburger Museen ein Fehler? Roland Kohsiek, Fachbereichsleiter für Bildung, Wissenschaft und Forschung bei Ver.di Hamburg sieht hier den Kardinalfehler, der möglicherweise die Dauerkrise der heutigen Stiftungen verursacht hat. Bei einem Pressegespräch im Gewerkschaftshaus sagte er gestern: "Durch die Verselbstständigung sind zusätzliche Kosten entstanden, die pro Stiftung mit jährlich etwa 100 000 Euro beziffert werden können. Die verselbstständigten Stiftungen haben einen Verwaltungsaufwand wie ein mittelständischer Betrieb." Keiner der Blütenträume von 1999 sei aufgegangen, die Zerlegung der Hamburger Museumslandschaft in angeblich unabhängige Einzelunternehmen sei ein kostspieliger Irrweg gewesen.
Auch Jürgen Bönig, Ver.di-Mitglied und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum der Arbeit, sieht die Weichenstellung von 1999 kritisch: "Die Verselbstständigung hat zu keiner wirklichen Selbstständigkeit geführt, denn eine Auftragsstiftung, die keinen eigenen Kapitalstock hat und weiterhin Zuwendungen von der Kulturbehörde empfängt, kann in ihren Entscheidungen gar nicht frei sein."
Für völlig absurd hält er den aktuellen Vorschlag der Expertenkommission, dass die Freie und Hansestadt in den Stiftungsräten "eine stabile Mehrheit" haben müsse. "Wenn die Kulturbehörde in den Stiftungsräten die Mehrheit hat, hätte man sich die ganze Verselbstständigung sparen können." Schon 2003 hatte Tim Kistenmacher, der damalige Geschäftsführer der Kunsthalle, die Stiftungen im Abendblatt-Interview als "scheinselbstständige Sparschweine der Kulturbehörde" bezeichnet. Und Hellmut Sander, damals Geschäftsführer am Museum für Kunst und Gewerbe und heute in gleicher Position an der Stiftung Historische Museen Hamburg, stimmte ihm mit den Worten zu: "Wenn es so weitergeht, sind wir bald pleite."
Um die aktuellen Sparvorgaben erfüllen zu können, werden die Museen vermutlich ihre Eintrittspreise erhöhen - eine Maßnahme, die Ver.di ebenfalls kritisiert. "Erhöhte Eintrittspreise werden zu niedrigeren Besucherzahlen führen, was ein Sinken der Einnahmen zur Folge hat", sagte Kohsiek. Der Hauptkritikpunkt der Gewerkschaft richtet sich jedoch gegen die von der Stiftung Historische Museen aus Spargründen ins Auge gefasste zeitweilige Schließung des Hafenmuseums. "Gerade das Hafenmuseum, für das zurzeit ein Masterplan entwickelt wird, bietet der Hamburger Museumslandschaft enorme Chancen und Möglichkeiten. Außerdem lebt es von der Unterstützung zahlreicher ehrenamtlicher Mitarbeiter, die man nicht nach Belieben vor die Tür setzen und wieder zurückholen kann", meint Bönig.
Für Aufregung sorgte zudem eine Zeitungsmeldung, nach der das Bergedorfer Schloss, bisher eine Außenstelle des Hamburgmuseums, verkauft werden soll. Dazu sagte Karl-Heinz Peik, der amtierende Geschäftsführer der Stiftung: "Ein Verkauf an die Hamburgische Immobilien Managementgesellschaft ist noch nicht spruchreif, würde aber nichts ändern, denn alle anderen Museumsgebäude werden bereits von ihr bewirtschaftet." Weit folgenreicher wäre es, wenn die Stiftung Historische Museen aus Sparzwängen heraus eine oder mehrere ihrer Außenstellen aufgeben würde. Nach Abendblatt-Informationen stehen das Bergedorfer Schloss wie auch das Jenischhaus auf dem Prüfstand.