Offenbar steht die Schließung eines weiteren großen Hamburger Museums bevor. Offizieller Grund: schon wieder Brandschutzmaßnahmen.
Hamburg. Nachdem vor einigen Tagen die Kunsthalle mit der Ankündigung einer monatelangen Schließung ihrer Galerie der Gegenwart bundesweit für negative Schlagzeilen gesorgt hat, steht jetzt offenbar die Schließung eines weiteren großen Hamburger Museums bevor: Wie Torkild Hinrichsen, der Direktor des Altonaer Museums, im Abendblatt öffentlich macht, wird das Museum mit großer Wahrscheinlichkeit ab dem 11. Oktober für mindestens zweieinhalb Jahre geschlossen. Wir fragten Hinrichsen nach Ursachen und Hintergründen dieser Maßnahme, die für das Museum das endgültige Aus bedeuten könnte.
Abendblatt : Herr Hinrichsen, sind's die Brandschutzklappen?
Torkild Hinrichsen: Klappen sind es nicht. Und ob das Museum tatsächlich komplett geschlossen werden muss, ist auch noch nicht sicher, aber wahrscheinlich. Der Grund ist eine Brandschutzertüchtigung, mit der unsere Vermietungsfirma die neuen EU-Richtlinien erfüllen will.
Was heißt das?
Der Brandschutz muss mit großem Aufwand auf den neuesten Stand gebracht werden.
Was würde die Durchführung solch einer Maßnahme für den Betrieb des Altonaer Museums bedeuten?
Man hat uns mitgeteilt, dass am 1. Oktober Bauanfang ist. Bis zum 11. Oktober müssen wir das gesamte Objekt der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement, dem Besitzer der Immobilie, baugerecht, das heißt objektfrei, übergeben. Die Brandertüchtigung soll innerhalb von zweieinhalb Jahren in fünf Bauabschnitten traktweise erfolgen.
Sie haben schon einmal im Brandschutz aufgerüstet - nachdem das Altonaer Museum am 30. Mai 1980, also vor fast genau 30 Jahren, einem Brand zum Opfer gefallen ist. Hat das nicht gereicht?
Deshalb sind wir in dieser Frage natürlich besonders sensibel. Beim Wiederaufbau in den 80er-Jahren haben wir auf Brandschutz größten Wert gelegt. Wir waren damals das in dieser Hinsicht am besten ausgestattete Hamburger Museum. Seither gibt es bei uns Brandtüren und zahlreiche weitere Brandschutzvorrichtungen. Strittig ist, ob diese Vorrichtungen ausreichen oder durch andere, die den neuen EU-Richtlinien entsprechen, ersetzt werden müssen. Das ist im Moment unser Streitpunkt mit der HGV und der städtischen Vermietungsfirma IMPF, die noch Restgelder haben, um die Museumsgebäude technisch aufzurüsten. In anderen Häusern sind in den letzten Jahren Brandschutzmaßnahmen gelaufen, bei uns hat man das bisher nicht getan, weil unser Standard ohnehin recht gut war.
Das heißt, Sie sollen bis Oktober das Museum komplett leer räumen?
So sieht es aus.
Und schon das Ausräumen ist - abgesehen von einer Schließung - ein Problem?
Genau. Das Problem liegt unter anderem darin, dass wir kein Kapital haben, um die Bauvorbereitung und Nachbereitung, also das Ausräumen, Lagern und später erneute Einräumen unserer Sammlung, zu finanzieren. Allein für ähnliche Arbeiten im Zusammenhang mit der Neugestaltung unserer Eingangshalle haben wir im vergangenen Jahr 150 000 Euro aus eigenen Mitteln aufgebracht. Von der Kulturbehörde können wir keine Hilfe erwarten und uns selbst fehlen die Mittel für ähnliche Maßnahmen. Von uns wird aber erwartet, dass wir sowohl die Schausammlung als auch die Magazine Trakt für Trakt umräumen. Wenn man einen Trakt umräumt, sind zwei weitere nicht funktionsfähig. Im Klartext heißt das, dass das ganze Museum nicht mehr funktionieren kann. Wahrscheinlich muss man schon aus Sicherheitsgründen das ganze Haus schließen.
Wir müssen also damit rechnen, dass das Altonaer Museum ab Herbst für zweieinhalb Jahre geschlossen sein wird?
Im schlimmsten Fall: ja.
Was wäre die Alternative? Eine Teilschließung?
Die Frage ist, wie das Publikum darauf reagiert. Wir haben jahrelang aufgrund von Baumaßnahmen Teilschließungen gehabt, was unsere Besucherzahlen nach unten gedrückt hat. Wenn wir jetzt zweieinhalb oder gar drei Jahre große Teile des Museums schließen müssen, werden wir enorm an Attraktivität und damit Besucher verlieren.
Wer entscheidet, ob das Haus komplett oder nur teilweise geschlossen wird?
Der Vorstand, also mein Geschäftsführer und ich. In nicht allzu ferner Zeit werde ich die Verantwortung sowohl für die Sammlung als auch für die Mitarbeiter und das Publikum an die Kulturbehörde zurückgeben müssen, weil das Haus nicht mehr den Bedingungen eines funktionsfähigen Museums entspricht.
Sie rechnen also damit, dass das Haus komplett für zweieinhalb Jahre geschlossen werden muss?
Das wird sich nach Lage der Dinge nicht ändern lassen.
Entsprechen alle anderen Hamburger Museen den neuen EU-Richtlinien?
Andere Häuser sind bereits in der Vergangenheit im Rahmen der allgemeinen Baumaßnahmen nachgerüstet worden. Ob sie aber alle den neuen strengen EU-Richtlinien entsprechen, wage ich zu bezweifeln.
Würde eine Schließung angesichts der Finanzprobleme der Stiftung Historische Museen Hamburg nicht das endgültige Aus für das Altonaer Museum bedeuten?
Das sehe ich auch so. Aber auch wenn das nicht beabsichtigt wäre, würden wir unser Stammpublikum verlieren. Sicher würden auch viele Freunde des Museums unserem Förderverein den Rücken kehren und drittens ist gar nicht vorstellbar, wie wir nach den Brandschutzmaßnahmen zum Beispiel die historischen Bauernstuben und die Großvitrinen wieder einbauen sollen. Dafür gibt es weder Personal noch Geld.
Im Rahmen der Spardiskussion wird auch über die Schließung von Standorten nachgedacht. Könnte es einen Zusammenhang mit den aktuellen Perspektiven Ihres Hauses geben?
Wenn man gemein denkt, und manchmal muss man ganz gemein denken, könnte man auf den Gedanken kommen, dass die Brandschutzertüchtigung nicht zufällig gerade jetzt auf uns zukommt.
Wie lange sind Sie noch im Amt?
Zwei Jahre und acht Monate.
Das würde heißen, dass Ihre Stelle möglicherweise nach den Brandschutzmaßnahmen nicht wieder besetzt wird?
Auch auf diesen Gedanken kann man kommen. Außerdem werden die bisherigen Direktoren nach dem neuen Stiftungsgesetz dem Vorstand ohnehin nicht mehr angehören und dadurch an Bedeutung verlieren.
Was bliebe dann vom Altonaer Museum?
Teile der Sammlung würden wohl andernorts zu sehen sein, aber unsere Schwerpunkte - etwa die norddeutsche Kulturgeschichte und "Altona als alternative Lebensweise" - gingen für immer verloren.