Ahrensburg/Oststeinbek. Umsatzrückgang um bis zu 30 Prozent, Gemüse bleibt zum Teil ungeerntet auf den Feldern. Wird jetzt die Anbaufläche reduziert?

Die Stimmung unter Stormarns Spargelbauern ist getrübt. Umsatzrückgänge von bis zu 30 Prozent lassen sich in den verbleibenden zwei Wochen bis zum Johannistag, Freitag, 24. Juni, kaum noch kompensieren. Dann endet die klassische Spargelsaison, um den Pflanzen Gelegenheit zu geben, sich für die Ernte im nächsten Jahr zu regenerieren. Wobei momentan nicht klar ist, ob alle Anbauflächen wieder für das edle Gemüse genutzt werden, oder es nicht anderen Kulturen Platz machen wird.

Spargel: Kunden leiden unter hohen Energiekosten

Matthias Beeck Spargelbauer aus Hamberge. 
Matthias Beeck Spargelbauer aus Hamberge.  © Melissa Jahn | Melissa Jahn

„Unsere Erwartungen haben sich in dieser Saison in keinster Weise erfüllt“, sagt Matthias Beeck vom gleichnamigen Spargelhof in Hamberge. Auf 35 Hektar hat er die schlanken Stangen angebaut und ist damit einer der größten Spargelproduzenten des Kreises. „Einige Flächen habe ich diesmal jedoch schon Ende Mai aus der Produktion genommen und nicht mehr beerntet, weil die Nachfrage schlicht nicht ausreichend war“, so Beeck.

Ein Befund, den auch die anderen sechs Stormarner Spargelbauern betätigen können. „Das Geld sitzt in diesem Jahr irgendwie fester“, stellt etwa der Oststeinbeker Landwirt Timo Posewang fest. Offenbar seien die Menschen verunsichert. Die anhaltend hohen Heiz-, Energie- und Lebenshaltungskosten seien Dauerthema bei seinen Kunden, sagt der 43-Jährige. Und wohl ein Hauptgrund für die grassierende Kaufzurückhaltung.

Spargelpreis auf dem Niveau des Vorjahres

Dabei sei es aus Sicht seines Kollegen Matthias Beeck ein „allgemeiner Trugschluss“, dass der Spargel deutlich teurer geworden ist. Er bietet seinen Spargel aktuell zu Kilopreisen zwischen 8,90 und 12,90 Euro an. „Damit liegt er trotz deutlich höherer Produktionskosten durch gestiegene Energiekosten und die Anhebung des Mindestlohns für die Erntehelfer im Grunde auf Vorjahresniveau“, so der 50-Jährige, der Mitglied der Arbeitsgruppe Spargel in der schleswig-holsteinischen Landwirtschaftskammer ist.

Timo Posewang hätte gern einen oder zwei Euro mehr fürs Kilo genommen, um die höheren Kosten bei der Erzeugung auszugleichen. Doch sei schon in den ersten Wochen deutlich geworden, dass das den Absatz zusätzlich erschwert hätte. „Die Preise waren da schon im Sinkflug. So mussten wir den Spargel zum Teil sogar günstiger als im vergangenen Jahr verkaufen“, berichtet Posewang. Zuletzt kostete bei ihm auf dem Hof das Kilo in bester Qualität 11,50 Euro.

Spargel-Importe kommen sogar aus dem fernen Peru

Mit solchen Preisen sind die regionalen Anbieter aber kaum konkurrenzfähig. In den zurückliegenden Wochen sind Discounter und andere Einzelhandelsketten durch den Großhandel mit deutlich günstigerem Spargel geradezu geflutet worden. Der stammt in der Regel aus südeuropäischen Ländern wie Spanien, Griechenland und Italien, zuweilen sogar aus dem fernen Peru.

„Dass die regionalen Anbieter auf dem zu wenig regulierten europäischen Binnenmarkt deutliche Wettbewerbsnachteile haben, liegt auf der Hand“, sagt Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Stormarn. Durch die hohen Umwelt- und Sozialstandards werde die Produktion des inländischen Gemüses immer teurer.

Landwirtschaft: Viele Produkte nicht mehr konkurrenzfähig

In Deutschland entfallen bis zu 70 Prozent des Preises auf Ernte, Aufbereitung und Vertrieb. „Damit sind viele landwirtschaftliche Produkte schlicht nicht mehr konkurrenzfähig“, so Koll. Bereits heute sei der Selbstversorgungsgrad bei Äpfeln unter die 40-Prozent-Marke gefallen, obwohl Äpfel nun wirklich überall in Deutschland gedeihen würden.

Ähnliche Tendenzen konstatieren Experten auch für die Direktvermarktung von Erdbeeren. Wenn sich diese Entwicklung mit der erneuten Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro fortsetzt, dürfte es auch für Stormarns Spargelbauern in den nächsten Jahren eng werden. Zumal der Importspargel bei Weitem nicht die einzige Konkurrenz für die weißen Stangen aus regionalem Anbau ist. Jüngst drängte auch noch Spargel aus Niedersachsen und Brandenburg auf den schleswig-holsteinischen Gemüsemarkt.

Spargel: Reduzierung des regionalen Angebot droht

„Ich rechne damit, dass immer mehr Spargel-Flächen stillgelegt oder aber andere Früchte dort angebaut werden, wie etwa Getreide“, fürchtet Peter Koll. In der Summe könne das sogar zu einer Abnahme einheimischer Spargelproduzenten führen und in letzter Konsequenz zu einer spürbaren Reduzierung des regionalen Angebots.

Mit solch einem Prozedere wollen sich weder Timo Posewang noch Matthias Beeck anfreunden. „Unser Spargel wird täglich frisch gestochen und dann sofort verkauft“, sagt Posewang, der am Saisonende rund sieben Tonnen auf den Markt gebracht haben wird. Das edle Gemüse gänzlich aus dem Sortiment zu nehmen, das kann er sich als Nachkomme eines Spargelbauern beim besten Willen nicht vorstellen.

Spargel durch Kartoffeln ersetzen – undenkbar

So geht es auch Matthias Beeck. „Meine Familie baut seit Jahrzehnten Spargel an, an dieser Frucht hängt einfach unser Herz. Sie durch mehr Kartoffeln oder Getreide zu ersetzen, ist im Grunde genommen keine Option und würde nur den allerletzten Ausweg darstellen“, so Beeck, der seine Ernte an 13 eigenen Ständen anbietet.

Klar sei aber auch, dass letztlich die Verbraucher mit ihrem Kaufverhalten über das regionale Angebot entscheiden – das im Hinblick auf Frische und Qualität de facto konkurrenzlos ist. Mal ganz abgesehen davon, dass Stormarner Spargel durch die deutlich kürzeren Wege bis zum Kunden um ein Vielfaches klimafreundlicher ist als importierter, der allein schon innereuropäisch 2000 Kilometer und mehr transportiert werden muss.