Hamburg/Heide. Van Mossel prüft nach Pfohe-Einstieg nun Bücher der Nord-Ostsee Automobile. 1800 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Was das für Hamburg bedeutet.
Der Automarkt in Hamburg und Umgebung ist weiterhin stark in Bewegung. Nachdem vor gut einem Jahr die niederländische Van Mossel Group den alteingesessenen Hamburger Mehrmarken-Autohändler Hugo Pfohe (unter anderem Ford, Jaguar, Land Rover und Kia) übernommen hatte, ist Van Mossel nun dabei, die Bücher der Nord-Ostsee Automobile SE & Co. KG zu prüfen.
Läuft alles glatt, wird der bekannte Mercedes-Benz-Partner bald eine weitere 100-Prozent-Tochter des Autohaus-Riesen aus dem Nachbarland sein.
Mercedes-Benz-Partner Van Mossel: Diese Standorte in Hamburg sollen dazukommen
Mit derzeit 459 Niederlassungen in den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Deutschland, Frankreich und Großbritannien ist Van Mossel eines der größten Automobilhandelsunternehmen Europas. Die schon jetzt etwas mehr als 7000 Mitarbeiter kümmern sich dabei in 374 Autohäusern sowie 42 Servicecentern und 26 Leasing-Niederlassungen um 46 verschiedene Automarken.
Durch die geplante Übernahme von Nord-Ostsee Automobile sollen weitere 40 Filialen in 24 Städten in den Regionen Hamburg, Schleswig-Holstein, Berlin/Brandenburg und Hannover hinzukommen. In Hamburg geht es dabei um Standorte wie Rotherbaum, Elbvororte, Alstertal, Dammtor, Bergedorf und Harburg. Auch im nahen Umland gibt es zahlreiche Filialen, etwa in Reinbek, Ahrensburg, Trittau, Schwarzenbek, Neumünster und Reinfeld.
Warum Van Mossel Group weitere Autohäuser im Norden kaufen will
Nord-Ostsee Automobile ist ein bekannter Pkw-Partner der Marken Mercedes-Benz (inklusive AMG), Smart, Hyundai und Aston Martin. Als Nutzfahrzeughändler vertritt das Unternehmen zudem Mercedes-Benz Vans & Trucks sowie Iveco. Im Bereich Wohnmobile ist Nord-Ostsee Automobile als Händler für Modelle der Marke Hymer tätig. Das Markenportfolio der Van Mossel Automotive Group werde durch die Akquisition daher weiter wachsen, teilte das Unternehmen mit Hauptsitz in Waalwijk mit.
Gearbeitet wird an der Übernahme aller Gesellschafteranteile bereits seit September. „Mit diesem Schritt in die Zukunft wird Nord-Ostsee Automobile ein wesentliches Unternehmen in der Van Mossel Automotive International, der internationalen Niederlassung der Van Mossel Automotive Group, die alle Aktivitäten außerhalb der Benelux-Länder abdeckt“, hieß es damals.
Der Vollzug soll, so zumindest die damalige Planung, im Januar 2025 abgeschlossen sein. Das Managementteam mit dem Vorstandsvorsitzenden Christian Splett-Henning, Vorstand Tarek Khalifa, Finanzchef Jörn Sander und Aftersales-Chef Sönke Peters werde die Geschäftsaktivitäten „wie gewohnt fortführen“. Damit sei Kontinuität für die rund 1800 Mitarbeiter, die alle weiterbeschäftigt würden, sowie Kunden und Hersteller in Deutschland gewährleistet.
Van Mossel hat bereits bekannten Ford-Händler Hugo Pfohe übernommen
Wie bei Hugo Pfohe soll auch jetzt der Name des übernommenen Unternehmens weitergeführt werden. Jurrie Scholtens, Chef von Van Mossel Automotive International, verspricht sich von der Maßnahme „einen wichtigen Schritt im Rahmen unserer paneuropäischen Wachstumsstrategie, die sich auf Kernregionen in West- und Nordeuropa konzentriert“. Durch den Zugewinn von Nord-Ostsee Automobile wachse Van Mossel Automotive International auf rund 3300 Mitarbeiter mit einem Umsatz von 1,8 Milliarden Euro in den Ländern Dänemark, Deutschland und Großbritannien.
Nach der Akquisition steige die Zahl der Mitarbeiter in der gesamten Van Mossel Automotive Group auf über 8800 und der Jahresumsatz auf 7,6 Milliarden Euro. Auch für Christian Splett-Henning von Nord-Ostsee Automobile ergibt der Einstieg angesichts schwieriger Zeiten im Autohandel daher Sinn: „Unsere neue Struktur ist eine Win-win-Situation. Es ist eine Weiterentwicklung zum Vorteil für unsere Kunden, unsere Mitarbeitenden und unsere Hersteller.“
Van-Mossel-Manager: Genauer Termin der Übernahme hängt von Prüfung ab
Auf Abendblatt-Nachfrage äußerte sich Scholtens nun auch zum derzeitigen Stand und weiteren Plänen auf dem deutschen Markt. „Januar 2025 war eine Schätzung. Es gibt noch einige Prozesse, die durchgeführt werden müssen und den genauen Zeitpunkt des Abschlusses bestimmen.“ Auf die Frage, ob es mittelfristige Veränderungen insbesondere in Hamburg und Umgebung geben werde, erklärte er, dass dies nach der Übernahme untersucht werde. Ob dann neue Marken in das Angebot aufgenommen würden, sei noch offen. Der Kaufpreis bleibt ungenannt: „Den dürfen wir nicht preisgeben.“
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Zukünftige Vorteile der Integration sieht Scholtens vor allem in Bereichen wie Gebrauchtwagen, Karosseriearbeiten, Logistik, einem zentralen Auslieferungszentrum, der IT und bei den Finanzen. Die strategische Bedeutung liege zudem in der Stärkung der Position in der Region Hamburg sowie in der Präsenz in den Regionen Berlin und Hannover.
Zu den derzeitigen Herausforderungen im deutschen und europäischen Autohandel zählt Van-Mossel-Manager Scholtens die momentan schwache Wirtschaftslage, anhaltende Probleme bei den Herstellern und die „Unsicherheit der Verbraucher aufgrund unklarer politischer Vorgaben“. Trotz dieser Hürden bleibe das Geschäftsmodell aktuell erfolgreich, „auch wenn 2025 voraussichtlich kein leichtes Jahr wird“.
Van Mossel bekundet Interesse an Mercedes-Werksniederlassungen, die ab 2025 veräußert werden sollen
Zu weiteren Übernahmen äußerte sich Scholtens vorsichtig: „Wir prüfen Optionen, da wir Anfragen von verschiedenen Importeuren und Beratern erhalten, aber dazu können wir derzeit nichts kommunizieren.“ Hinsichtlich der Werksniederlassungen von Mercedes, die ab 2025 veräußert werden sollen, bekundet Scholtens Interesse, verweist jedoch auf die Entscheidungshoheit des Autoherstellers: „Natürlich sind wir auch an diesen Standorten in Deutschland interessiert, aber letztendlich entscheidet darüber Mercedes-Benz.“ Als heißer Übernahmekandidat gilt unter Insidern derzeit zum Beispiel die Mercedes-Niederlassung in Lübeck, die gut zu Van Mossel und Nord-Ostsee Automobile passen würde.
„Natürlich sind wir auch an diesen Standorten in Deutschland interessiert, aber letztendlich entscheidet darüber Mercedes-Benz.“
Womöglich muss sich Van Mossel aber auch das eine oder andere Bietergefecht liefern, wenn es um die Übernahme von Mercedes-Niederlassungen im Norden geht. Schließlich ist hier auch die Sternpartner Gruppe aus Hamburg interessiert, wie deren Vorstand Marco Costard dem Abendblatt auf Nachfrage bestätigte. Kürzlich hat man sich bei Sternpartner übrigens wieder von der Idee verabschiedet, auch mit der chinesischen Marke BYD in der Hansestadt durchzustarten. Der BYD-Flagship-Store am Ballindamm sowie ein Standort in Sittensen gingen zum 1. Dezember in den Besitz der Chinesen über, zuvor gehörten sie SPT Avior, einer Sternpartner-Tesmer-Tochter.
Für Aufsehen im Autohandel sorgten zuletzt auch Volkswagen und Stellantis
Für Aufsehen im Autohandel sorgten zuletzt auch Volkswagen und Stellantis. Volkswagen wollte mit dem sogenannten Agenturmodell den Vertrieb seiner Elektroautos effizienter gestalten. Dabei fungieren die VW-Partner laut Fachblatt „Auto, Motor und Sport“ nicht mehr als klassischer Autohändler, sondern nur noch als Vermittler zwischen Hersteller und Kundschaft. Ein eigener Neuwagenbestand sei dafür unnötig. Doch das Modell funktionierte nicht wie erhofft. Deshalb kehren Marken wie VW und Audi bei E-Autos nun wieder zum klassischen Vertragshändler-System zurück.
Ähnlich ist es bei Stellantis, dem Mutterkonzern von Marken wie Opel, Peugeot, Fiat und Jeep: Hier sollte das Agenturmodell neu eingeführt werden, davon hat sich der in Turbulenzen geratene Hersteller allerdings vorerst verabschiedet. Stattdessen wird dort erst einmal ein Nachfolger für den zurückgetretenen Firmenchef Carlos Tavares gesucht.