Hamburg. Am Terminal Altenwerder sollen bald Kräne wie von Geisterhand Arbeit verrichten. Seit Sonnabend sind dafür neue Brücken in Hamburg. Was geplant ist.
- Transportschiff mit ferngesteuerten Brücken trifft Sonnabend gegen 17 Uhr in Hamburg ein.
- Hamburger Hafen muss Technologiesprung mitmachen, um Anschluss nicht zu verpassen.
- Ferngesteuerte Containerbrücken werden 2025 in Betrieb genommen.
Der Hamburger Hafen ist in stetem Wandel. Die ganz großen, sprunghaften Veränderungen geschehen alle paar Jahrzehnte. Die Einführung des teilautomatisierten Containerterminals Altenwerder im Jahr 2002 war so ein Technologiesprung. Anfang 2025 geschieht der nächste. Der Hafenkonzern HHLA bereitet sich gerade darauf vor – und dabei spielt der 14. Dezember 2024 eine ganz besondere Rolle: Am Sonnabend sind drei neue ferngesteuerte Containerbrücken für das Containerterminal Altenwerder (CTA) in Hamburg eingetroffen.
Gegen 17 Uhr wurden die drei neuen Containerbrücken auf dem Spezialschiff Zhong Ren 121 unter der Köhlbrandbrücke hindurch in den Hafen eingefahren. In den nächsten Tagen sollen sie abgeladen werden. Die neuen ferngesteuerten Brücken wurden im irischen Cork auf das 169 Meter lange und 40 Metern breite Schiff geladen. Für den Transport musste der Schiffsverkehr auf der Elbe für Schiffe über 32 Meter kurzzeitig gesperrt. werden.
Revolution im Hamburger Hafen: Ferngesteuerte Containerbrücken für die HHLA
Regelmäßig werden im Hafen ältere Anlagen gegen neuere, größere und leistungsfähigere ausgetauscht. Erst vor wenigen Tagen nahm der Containerterminal Burchardkai (CTB) neue Containerbrücken für die Schiffsliegeplätze 1 und 2 in Empfang. Aber die Containerkräne, die nun am CTA angekommen sind, sind nicht nur neu, sondern einmalig.
Denn damit kann Hamburgs Hafen derzeit nicht aufwarten: Erstmals wird das Beladen und Löschen der Schiffe nämlich nicht mehr von Containerbrückenfahrern gesteuert, die in einer Kanzel hoch oben in den Kränen schweben, sondern ferngesteuert, von Mitarbeitern, die kilometerweit entfernt in einem abgedunkelten Raum untergebracht sind. Dazu wird derzeit ein neuer Fernsteuer-Stand in den Büros im CTA-Hauptgebäude installiert.
Das Projekt ist ein weiterer Schritt im Rahmen der Automatisierung des Hamburger Hafens. In Wilhelmshaven sind bei Eurogate seit Sommer zwei dieser „Remote-Brücken im Einsatz. Außerhalb Deutschlands werden die ferngesteuerten Containerbrücken aber in zahlreichen Häfen eingesetzt. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte sich jüngst auf seiner Asienreise den Einsatz ferngesteuerter Containerbrücken in den Häfen von Busan in Südkorea und von Singapur vorführen lassen.
HHLA: Kräne in Altenwerder werden ferngesteuert
Dort sitzen Hafenarbeiter in T-Shirts und Schlappen in einem schmucklosen Büroraum, haben vor sich vier Bildschirme und Joysticks, mit denen sie die riesigen Stahltürme vorne an der Kaikante in Bewegung setzen. Bis zu vier Kräne kann beispielsweise ein Hafenarbeiter in Busan so gleichzeitig überwachen.
Ferngesteuerte Brücken erhöhen die Arbeitseffizienz erheblich. Beispielsweise müssen die Brückenfahrer in Bussen nicht mehr über das ganze Terminal gebracht werden, sondern ihr Arbeitsplatz befindet sich in der Zentrale. Auch der Weg zum Pausenraum dauert nicht mehr eine halbe Stunde. Dieser befindet sich nur einen Raum weiter. Rotterdam verfügt ebenfalls über diese Containerbrücken der Zukunft.
Will der Hamburger Hafen den Anschluss an seine ausländischen Wettbewerber nicht verpassen, muss er diesen Technologiesprung mitmachen.
Joystick und Computertechnik: Kranführer werden überflüssig
Im ersten Schritt werden drei neue Containerbrücken geliefert und im Laufe des Jahres 2025 in Betrieb genommen. In den nächsten Jahren werden dann insgesamt 14 Containerbrücken am CTA vollständig ausgetauscht. Aktuell erfolgt am Terminal die Demontage der ersten drei der bisherigen Brücken, die noch vom chinesischen Konzern ZPMC gebaut und seit 2001 nacheinander installiert wurden. ZPMC war jahrelang der führende Lieferant von Containerbrücken, die in China fertiggestellt und dann aufrecht stehend per Schiff in die Zielhäfen transportiert wurden.
Doch in jüngster Zeit liegt auf den chinesischen Kränen ein Verdacht. Sie sollen mit Komponenten versehen sein, die Spionage ermöglichen. So sollen sie über Sensoren verfügen, die Daten der Container auslesen können. Zuletzt warnten US-Behörden ihre Häfen davor. Bei genaueren Untersuchungen seien an den Kränen Kommunikationsausrüstungen wie Modems zum Senden von Daten gefunden worden.
Hafen Hamburg: Spionagevorwurf gegen China
Die HHLA hat in der Vergangenheit den Spionagevorwurf entkräftet. Sämtliche Steuerungselemente der Brücken würden von europäischen Herstellern kommen, hieß es. Auffällig ist aber, dass die HHLA diesmal auf ZPMC-Brücken verzichtet. In Altenwerder sollen Kräne installiert werden, die Liebherr in Irland bauen lässt. Von den Maßen her sind sie den chinesischen Anlagen ähnlich: 80 Meter hoch, mit einem 70 Meter langen Ausleger.
Eine Unternehmenssprecherin sagte dazu: „Die HHLA arbeitet konzernweit mit verschiedenen Herstellern von Containerbrücken. In diesem Fall hat die HHLA sich erneut für Liebherr entschieden.“ Die Entscheidung für einen Anbieter hänge neben wirtschaftlichen Faktoren auch von der Nachhaltigkeit, Qualität und der eingesetzten Technologie ab. „Die HHLA prüft alle Dienstleister und Lieferanten darüber hinaus umfassend im Rahmen von aufwendigen Ausschreibungsverfahren.“
Containerbrücken bei der HHLA arbeiten ferngesteuert
Bleibt die Frage, wer die neuen Containerbrücken bedienen wird. Die HHLA will dazu die bisherigen Brückenfahrer weiter schulen. „Das Jobprofil des Containerbrückenfahrers wird sich im Laufe des Prozesses verändern. Da weiterhin qualifiziertes Personal benötigt wird, begleitet der CTA das Projekt mit umfassenden Qualifizierungsmaßnahmen für die Containerbrückenfahrer“, teilt das Unternehmen mit. Diese würden an einem Simulator stattfinden.
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Das Schulungszentrum gibt es dafür auch schon. Im Rahmen des Forschungsprojektes PortSkill 4.0 wurde am CTA vor Kurzem zusammen mit dem Bildungsträger für die deutschen Seehäfen, ma-co, ein Trainingszentrum eingerichtet, das gezielt auf die Anforderungen der digitalisierten Hafenarbeit ausgerichtet ist. Es ist mit einem Fernsteuerstand nicht nur für Containerbrücken, sondern auch für Lager- und Bahnkräne ausgestattet.
Der Geschäftsführer des CTA, Patrick Krawutschke, hat sich diese Woche in seinem Kalender rot markiert. „Die HHLA hat in den vergangenen Jahren umfangreich in die Modernisierung ihrer Hamburger Containerterminals investiert. Die Ankunft der neuen teilautomatisierten Containerbrücken am CTA ist ein weiterer bedeutender Meilenstein auf diesem Weg“, sagt er. „Mit dieser modernen Technologie steigern wir nicht nur unsere Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit, sondern gestalten unseren Terminal nachhaltig und zukunftssicher. Der CTA bleibt damit ein Innovationsmotor und Vorbild für die gesamte Hafenwirtschaft.“