Hamburg. Lage im Hafen spitzt sich weiter zu. Hamburger Traditionsunternehmen reagiert nun als erste Reederei – und verlagert einen Liniendienst.
Die Abfertigungsverzögerungen im Hamburger Hafen verschlimmern sich. Nachdem die Spediteure über lange Staus bei der An- und Ablieferung per Lkw und Bahn berichtet haben, schlägt das Problem jetzt auch auf die Schifffahrt durch. Als erste Reederei hat Hamburgs Traditionsunternehmen Hapag-Lloyd angekündigt, einen Liniendienst vom Containerterminal Altenwerder abzuziehen.
Hapag-Lloyd verlegt Dienst von Hamburg nach Wilhelmshaven
Der sogenannte Indian Ocean Service (IOS), der den Hamburger Hafen bisher mit Häfen wie Karachi und Mundra im Indischen Ozean verbindet, soll vorübergehend stattdessen den HHLA-Konkurrenten Wilhelmshaven anlaufen. Das teilte Hapag-Lloyd seinen Kunden mit.
Demnach tritt die Verlagerung Mitte November in Kraft. So war die in diesem Dienst fahrende „Frankfurt Express“ für den 13. November in Hamburg vorgesehen – fährt nun aber zum JadeWeserPort. Alle Container, die für diesen Dienst im Hamburger Hafen eintreffen, werden zurückgewiesen, teilte Hapag-Lloyd mit. Zugleich äußerte die Reederei die Hoffnung, dass der Hamburger Hafen die Situation schnell in den Griff bekomme. Ab Mitte Januar sollen die Schiffe nämlich wieder am Containerterminal Altenwerder abgefertigt werden.
Reedereien: Situation im Hamburger Hafen ist „sehr angespannt“
Der Vorgang ist aus mehreren Gründen bemerkenswert und zeigt, wie bedrückend die Lage am HHLA-Terminal tatsächlich sein muss. Hapag-Lloyd ist nämlich am CTA mit 25 Prozent beteiligt. Die Reederei ist also nicht nur Kunde, sondern auch Dienstleister am Terminal. Wenn sie jetzt Ladung abzieht, verdient sie dort weniger Geld. Zugleich ist die Reederei auch Betreiberin des Terminals im Tiefwasserhafen Wilhelmshaven und darum bemüht, dort die Auslastung zu erhöhen.
Nicht nur Hapag-Lloyd, auch andere Reedereikunden des Hamburger Hafens sprechen inzwischen von einer „sehr angespannten“ Situation. „Nach meiner Kenntnis gibt es derzeit in Altenwerder einen Annahmestopp für Exportcontainer“, sagte ein Schifffahrtsmanager.
Hamburger Hafen: Containerlager haben kaum noch Platz
Für Hamburg ist das eine Hiobsbotschaft – und nicht die erste: In einer konzertierten Aktion haben Hamburger und Bremer Spediteure vor drei Wochen im Gespräch mit dem Abendblatt wegen der Situation im Hamburger Hafen Alarm geschlagen. Ihr Vorwurf: extreme Verzögerungen im Hamburger Hafen. Die Wartezeiten für die Anlieferung oder Abholung eines Containers an den Hafenterminals seien viel zu lang und würden zwei bis vier Stunden betragen. Bei Zügen seien es bis zu acht Stunden.
Früher habe ein Lkw je nach Stausituation zwischen vier und sieben Umfuhren am Tag geschafft. Jetzt sei das vorbei, weil die Fahrzeuge die meiste Zeit kein Geld verdienen, sondern warten würden. Die Situation sei inzwischen so angespannt, dass immer mehr Speditionen auf Konkurrenzhäfen ausweichen würden. Vor allem Terminalumfuhren per Lkw seien in Hamburg nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben. Als Beleg listete der Verband Hamburger Spediteure eine ganze Reihe von Unternehmen auf, die ihre Lkw aus der Hansestadt abziehen würden.
Die HHLA wies die Vorwürfe zurück und sprach von Einzelproblemen. Auch in diesem Fall verweist sie auf eine temporäre Störung am CTA: Der Container Terminal Altenwerder verzeichne aktuell durch Schiffsverspätungen sowie die verfrühte Anlieferung von Exportcontainern eine besonders hohe Auslastung der Lagerkapazitäten, sagte eine HHLA-Sprecherin. „Grund für die Verzögerungen und Schiffsverspätungen ist eine Aufsummierung verschiedener Faktoren in den letzten Wochen.“
Containerterminal Altenwerder aktuell nur zu 80 Prozent nutzbar
Da am CTA hauptsächlich exportstarke Amerika-Dienste abgefertigt würden, wirkten sich hier nun auch die Nachläufer der Streiks in den US-Häfen aus. Hinzu kämen vorbereitende Arbeiten für den Aufbau neuer Containerbrücken sowie schwierige Witterungsverhältnisse.
Nach Informationen des Abendblatts sind am Terminal zudem zwei Kräne abgebaut worden, die durch neue ersetzt werden sollen. Deshalb liegen die Kapazitäten derzeit bei nur 80 Prozent. Dadurch ist die Situation am Terminal inzwischen so angespannt, dass Lkw und Züge Fristen bekommen, innerhalb derer sie frühestens ihre Ladung anliefern dürfen.
Kundenversprechen: Der Indien-Dienst muss nach Hamburg zurück
Das bestätigt die HHLA: „Trotz umfangreicher Maßnahmen wie der Verlegung von Schiffen und der Nutzung externer Lagerkapazitäten übersteigt das angelieferte Exportvolumen derzeit die verfügbare Lagerkapazität am CTA. Ab kommender Woche wird daher nun die Anlieferung von Exportcontainern am CTA temporär beschränkt. Durch diese Maßnahme wird die Lagerauslastung deutlich reduziert, sodass der Betrieb verlässlich weiterlaufen kann“, so die Unternehmenssprecherin.
Weiter hieß es: „Wir stehen im engen Austausch mit unseren Kunden und rechnen mit einer Entlastung des Terminals in den kommenden Wochen. Generell informieren wir unsere Kunden und Partner laufend über die Abfertigungssituation und unsere Maßnahmen.“ Die Abfertigung an den anderen HHLA-Terminals in Hamburg laufe derzeit wie gewohnt.
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Auch Hapag-Lloyd setzt auf eine zügige Bereinigung der Situation in Altenwerder: Durch die vorübergehende Verlagerung des einen Dienstes hoffe man, dass die Abfertigung der anderen Schiffe entlastet werde, sagte ein Sprecher des Schifffahrtkonzerns. Zudem wolle man den IOS so schnell wie möglich wieder nach Hamburg zurückbringen.
Hapag-Lloyd verlegt Containerdienst nach Wilhelmshaven
„Das ist ein ganz wichtiger Service in Hamburg, und so haben wir ihn auch in unserer Gemini-Kooperation vorgesehen.“ Bei der Gemini-Kooperation haben sich Hapag-Lloyd und die dänische Reederei Maersk darauf verständigt, zahlreiche Liniendienste künftig gemeinsam zu betreiben. Die Allianz der beiden Unternehmen startet im Februar. Spätestens dann muss sich die Lage am Containerterminal Altenwerder wieder entspannt haben. Ansonsten gibt es ein größeres Problem.