Hamburg. Naturkatastrophen treffen immer häufiger beliebte Urlaubsregionen. Der Krisenwarndienst A3M hat die Lage weltweit und 24/7 im Blick.
- Extremwetter: Waldbrände und Sturzfluten häufen sich.
- Urlaubsregionen in Europa leiden unter Folgen des Klimawandels.
- Ein Warndienst aus Hamburg weiß, wo die Gefahr am größten ist.
Im Sommer 2023 spürten plötzlich Tausende Touristen die Folgen des Klimawandels hautnah. Auf Rhodos breiteten sich Waldbrände aus. Einige Gebiete wurden evakuiert. Am Flughafen der griechischen Insel strandeten viele Menschen, teilweise für mehr als 48 Stunden. In der Provinz Valencia fiel Ende Oktober 2024 hingegen so viel Regen innerhalb eines Tages wie sonst in einem Jahr. Straßen wurden zu reißenden Flüssen, die Sturzfluten rissen Autos mit. Mehr als 200 Menschen starben.
Es sind zwei Wetterextreme, die lange die Schlagzeilen beherrschten – und deren Auftreten in der Vergangenheit zugenommen haben. „Vor zehn Jahren waren solche Naturkatastrophen viel seltener als heute“, sagt der Hamburger Reiseexperte Tom Dillon im Gespräch mit unserer Redaktion. Aber was bedeutet das für Urlauber? Was sollten sie vor dem Buchen der nächsten Reise wissen?
Extremwetter – das Risiko für Urlauber steigt
Im Jahr 2014 habe man wenige Dutzend dieser systemrelevanten Ereignisse notiert, sagt Dillon: „2024 waren es mehr als 100.“ Der 66 Jahre alte Ire und Wahlhamburger ist Inhaber und Geschäftsführer des Krisenwarndienstes A3M Global Monitoring, der Reiseveranstalter und Unternehmen bezüglich der Sicherheits- und Gefahrenlage in den Ländern der Welt informiert und berät.
Dem Waldbrand von Rhodos gingen sehr hohe Temperaturen über einen langen Zeitraum voraus. Dann fachten starke Winde die Feuer weiter an und trieben sie über die Insel. „Das sind bekannte Muster. Waldbrände hängen unmittelbar mit Hitzewellen zusammen“, sagt Dillon.
Urlaub in Griechenland und Türkei: Gefahr von Naturkatastrophen wächst
„Voraussagen kann man diese Ereignisse natürlich nicht. Aber man kann historische Daten nutzen, um bestimmte Muster zu erkennen“, sagt der Krisenspezialist: „Beispielsweise ist die Gefahr für Naturkatastrophen in Griechenland und der Türkei deutlich gestiegen. Man kann davon ausgehen, dass ähnliche Szenarien auch in den kommenden Jahren stattfinden werden.“
Die Gegenden, die betroffen sind, wiederholten sich. Die wichtigsten Parameter in diesem Zusammenhang seien geografische Verhältnisse, die Waldbestände, die vorherrschenden Windrichtungen und natürlich die aktuellen Wetterverhältnisse. Vor zehn Jahren wäre die Hitzewelle auf Rhodos, die die Böden und Pflanzen austrocknete und die Waldbrände unterstützte, mit Temperaturen um die 40 Grad Celsius noch eine Ausnahme gewesen, heutzutage nicht mehr.
Waldbrand – in diesen Urlaubsländern ist die Gefahr am größten
Spanien habe gerade den heißesten Sommer seit den Aufzeichnungen erlebt, sagt Dillon und sieht das höchste Risiko für ein Ausbrechen der Feuer in Südeuropa im Hochsommer: „Ende Juni bis Mitte August ist der Zeitraum, in dem die Waldbrandgefahr im Mittelmeerraum am höchsten ist. Die Gefahr dafür reicht aber bis Mitte Oktober.“ Am meisten betroffen seien die Türkei, Griechenland, Italien, Kroatien und Spanien.
Den Urlaub im Süden hätten in diesem Jahr aber auch viel Regen und Hochwasser gestört. Gewitter und Starkregen sorgten auf Mallorca im August für umgestürzte Bäume, vollgelaufene Keller und Dutzende Flugausfälle. Noch viel schlimmer traf es die Menschen in der Region Valencia im Oktober.
Was Extremregen und Sturzfluten so tückisch macht
„Was in Valencia stattgefunden hat, war ein Schock. Das hat man in diesem Ausmaß nicht erwartet“, sagt Dillon. Wie stark die Hochwasser sich auswirkten, hänge mit den Vorbereitungen der Städte auf ein plötzliches Starkregenereignis zusammen. Und Valencia sei darauf wohl nicht vorbereitet gewesen. Dillon sagt aber auch: „Muster für Starkregenereignisse sind schwer zu erkennen.“
Bei Hurrikans sehe das anders aus. In Florida könne man meist gut erkennen, wo genau und wann der Hurrikan an Land treffe. Drei bis vier Tage Vorlaufzeit gebe es meistens. Vor allem im Oktober und im November sei die klassische Saison für die Wirbelstürme vor der US-Küste. Wer nach Asien reise, sollte berücksichtigen, dass von Juli bis Anfang September insbesondere in Vietnam, aber auch Thailand, Monsunzeit ist.
Künstliche Intelligenz hilft dem Hamburger Krisenwarndienst
Das Eintreten solcher Ereignisse punktgenau vorhersagen könne man natürlich nicht. Schließlich fehle die dafür sprichwörtlich notwendige Kristallkugel. Aber: „Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz können wir mittlerweile viel mehr Daten miteinander verbinden. Dadurch steigt die Qualität unserer Auswertungen“, sagt Dillon.
Grundsätzlich gelte dies zwar auch für Erdbeben und Vulkanausbrüche. Aber: „Katastrophen sind nicht planbar. Das ist eine Eventualität. Man muss in solchen Fällen einen Plan haben, den man beim Eintreten aus der Schublade holt.“
Hamburger Warndienst wurde nach verheerendem Tsunami gegründet
A3M Global Monitoring – das vor 20 Jahren als Folge des Tsunamis im Indischen Ozean mit mehr als 230.000 Toten von zwei Tübinger Professoren gegründet wurde, um ein Frühwarnsystem aufzubauen – habe Hunderte Kunden. Darunter seien sowohl Reiseveranstalter als auch Unternehmen, die ihre Mitarbeiter auf Dienstreisen ins Ausland schicken. Deren Beschäftigte können im Gefahrenfall direkt per SMS kontaktiert werden. Nennen dürfe man aber nur die Reiseagentur ATPI Hamburg Lufthansa City Center und die Schiffsmanagementfirma Columbia Cruise Services.
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Die knapp 40 Mitarbeiter aus Deutschland – die überwiegend im Homeoffice tätig sind – sowie rund 20 Personen in Indien versorgen sie 24/7 an 365 Tagen im Jahr mit den aktuellen Informationen. Zurückgegriffen wird dabei auf zahlreiche Informationsquellen wie Nachrichtenagenturen, Medienberichten, Social-Media-Posts sowie Einschätzungen des Auswärtigen Amtes. Es geht dabei auch um die politische Situation in den Ländern, Streiks, Epidemien sowie bestimmte Verhaltensweisen.
Gefahr im Urlaub: Mehr Extremwetter, aber weniger Terroranschläge
Wer über einen Zugang auf die Weltkarte von A3M schaut, sieht eine Reihe von dunkelrot eingefärbten Ländern wie Ukraine, Libyen, Syrien und Mali. Dort werden die Risiken für die Sicherheit als sehr hoch eingeschätzt. „Weder die Reisenden noch die Reiseveranstalter müssen sich an unsere Einschätzungen halten – es sind nur Empfehlungen“, sagt Dillon.
Im Vergleich zu früheren Zeiten gebe es heute übrigens mehr geopolitische Krisen beziehungsweise Kriege. Früher seien hingegen sogenannte „man-made-Ereignisse“ stärker aufgetreten. Darunter fallen zum Beispiel Terroranschläge.