Hamburg. Langjähriger Chef der Norddeutschen Affinerie fürchtet um Unabhängigkeit des Hamburger Konzerns. Wie die Wirtschaftsbehörde reagiert.
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Zumindest etwas Gutes hatte das mögliche Übernahmeangebot für die Salzgitter schon für die Aurubis AG: Am Dienstag kletterte der Kurs des Kupferproduzenten um satte neun Prozent auf 81,70 Euro und damit auf den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr, am Mittwoch bröckelte er nur wenig. Der Hintergrund: Fast 30 Prozent der Aurubis-Anteile liegen bei der Salzgitter AG. Und genau die könnten der Kern des angekündigten Angebots durch die GP Günter Papenburg AG und der TSR Recycling GmbH & Co. KG sein.
So zumindest deuten es Marktexperten. Der Analyst Dirk Schlamp von der DZ Bank betonte in einer ersten Einschätzung, genau diese fast 30-prozentige Salzgitter-Beteiligung am Kupferproduzenten Aurubis könnte ein Grund für das mögliche Angebot sein. Die Frage ist nur, was in Zukunft – sollte die Übernahme kommen – mit diesem Paket passiert.
Salzgitter-Übernahme: Wirtschaftsbehörde sieht durchaus Chancen für den Standort
In der Wirtschaftsbehörde gibt man sich demonstrativ gelassen. „Zu Marktspekulationen äußern wir uns prinzipiell nicht“, sagte Sprecher Martin Helfrich. Er fügte allerdings hinzu, eine solche Transaktion könne durchaus gut für den Standort Deutschland sein.
Tatsächlich sehen Marktbeobachter durchaus Chancen in dem Deal für Aurubis. Seit Langem gab es immer wieder Spekulationen angesichts des niedrigen Aktienkurses, der nicht den wahren Wert der Kupferhütte spiegele, dass die Salzgitter, ein ausländischer Konzern oder gar ein Hedgefonds die Aurubis erwerben und zerschlagen könnten.
Hinzu kamen Meldungen, die aufhorchen ließen: Bis Mitte Oktober hat die Rossmann Beteiligungs-GmbH ihren Stimmanteil auf 15,23 Prozent aufgestockt. Goldman Sachs hat sich über Finanzgeschäfte einen Stimmrechtsanteil von 10,11 Prozent gesichert, diesen zuletzt allerdings offenbar etwas reduziert.
Langjähriger Aurubis-Chef Marnette sieht Entwicklung mit Sorge
Deshalb mag der langjährige Chef der Norddeutschen Affinerie, wie Aurubis bis 2008 hieß, nicht in den Chor der Optimisten einstimmen. Werner Marnette, von 1994 bis 2007 Chef auf der Veddel, macht sich Sorgen: „Der Erfolg der Aurubis beruht nachweislich auf deren Eigenständigkeit. Und diese ist jetzt erneut in Gefahr.“
Erfolgreich sei das Unternehmen aufgrund des gesunden Geschäftsmodells sowie seiner Ertrags- und Finanzstärke. Er betont: „Seit 2011 kontrolliert die Salzgitter AG die Aurubis und hat mehrfach versucht, die Aurubis zu übernehmen. Dies ist gescheitert, auch wegen des öffentlichen Widerstands.“
Wer Salzgitter übernimmt, bekommt Aurubis gratis hinzu
Nun sei die Situation ungleich problematischer, weil die Salzgitter AG wirtschaftlich und strategisch um ihr Überleben kämpft. „Mir sind die Rolle und die Absichten von Papenburg ein Rätsel“, sagt Marnette. Der zweite Partner, die Recyclingfirma TSR (Remondis), verfolge strategische Ziele an Aurubis. „TSR hätte sich auch gut direkt an Aurubis beteiligen können. Da die Beteiligung an der Aurubis praktisch den Wert der Salzgitter ausmacht, ist dies für TSR der vermeintlich kostengünstigere Einstieg.“
Das Land Niedersachsen, mit 26,5 Prozent der größte Salzgitter-Einzelaktionär, verfolgt nach Marnette nur ein Ziel: sie Verantwortung für die Fehler bei Salzgitter und damit für den drohenden Verlust von Tausenden Arbeitsplätzen loszuwerden.
Werner Marnette befürchtet eine Hannoveraner Lösung zum Schaden von Hamburg
Marnette befürchtet eine Hannoveraner Lösung: „Rein zufällig“ sei nun Dirk Rossmann Großaktionär der Aurubis geworden. Der Unternehmer hatte erklärt, ihm gehe es bei seinem Aurubis-Engagement „zurzeit ausschließlich um eine Finanzinvestition“. Dem Abendblatt sagte Rossmann: „Eine Aktie, die ich für 66 Euro kaufe, verkaufe ich gern für 100 Euro“ – die Hälfte hätte er fast. Später betonte er, vielleicht auch eine Übernahme zu unterstützen: „Wir schließen nichts aus.“
Mehrere Managementwechsel und ein Millionendiebstahl hatten Aurubis geschwächt und den Kurs verfallen lassen. Marnette sieht auch hier Salzgitter in der Verantwortung: „Der Aufsichtsrat der Aurubis wurde seit 2018 geschickt mit Salzgitter-nahen Personen besetzt; sie haben das Unternehmen geschwächt.“ Seine Hoffnungen ruhen nun auf der Politik, die sich des Themas annehmen müsse.
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Und er hofft auf die Börse: „Die beste Abwehr einer feindlichen Übernahme ist ein hoher Aktienkurs.“