Hamburg. 180 Mitarbeiter in Groß Borstel betroffen. Hersteller digitaler Kabinenlösungen wird komplett aufgelöst. Gibt es alternative Jobs?
- Lufthansa Technik: 180 Jobs bei Tochter fallen weg
- AERQ verschwindet – was können Beschäftigte jetzt machen?
- Gewerkschaft Ver.di übt Kritik an der geplanten Auflösung
Rund 180 Beschäftigte in Hamburg müssen sich einen neuen Arbeitgeber suchen. Das Start-up AERQ mit Sitz an der Hindenburgstraße in Groß Borstel werde seinen Geschäftsbetrieb einstellen, wie das Unternehmen mitteilte.
Das 2019 von Lufthansa Technik und LG Electronics gegründete Unternehmen ist im Bereich der Bordunterhaltungssysteme für Flugzeuge tätig. AERQ habe unter dem Namen AERENA eine digitale Kabinenlösung für Fluggesellschaften entwickelt. Sie stelle eines der fortschrittlichsten Produkte ihrer Art auf dem Markt dar, hieß es.
Lufthansa Technik: Tochter verschwindet – alle Jobs fallen weg
Kürzlich wurde das System zur Betriebsdemonstration in einem Airbus A320 von Discover Airlines installiert. Zwar habe das Produkt bisher alle Erwartungen in Bezug auf Funktionen, Qualität und Kundenzufriedenheit im laufenden Flugbetrieb erfüllt. Aber man habe vor erheblichen Hindernissen gestanden, um in den „sehr sensiblen Markt“ für Bordunterhaltungssysteme einzusteigen.
„Aus diesem Grund haben sich die Gesellschafter einvernehmlich darauf verständigt, die Reise von AERQ jetzt zu beenden und getrennte Wege zu gehen. Der Geschäftsbetrieb von AERQ wird daher mit sofortiger Wirkung eingestellt“, teilte das Unternehmen mit. Das trifft auch für die Entwicklung des plattformbasierten Inflight-Entertainment-Systems AERENA zu.
In Hamburg sind rund 180 Beschäftigte von dem Firmen-Aus betroffen
Die rund 180 Beschäftigten am Hamburger Hauptsitz seien bereits informiert worden. Die geordnete Schließung werde im Rahmen eines Abwicklungsverfahrens abgeschlossen, das derzeit in der Vorbereitung sei. Auf die Fragen, wie lange die Mitarbeiter noch bei AERQ beschäftigt sein und ihr Geld erhalten werden, ging das Unternehmen auf Nachfrage nicht direkt ein. „Die Liquidation wird derzeit vorbereitet. Über den Ablauf und die Dauer dieses Prozesses können wir derzeit nichts sagen“, hieß es.
Die AERQ-Gruppe besteht den Angaben nach aus drei Gesellschaften, an denen Lufthansa Technik jeweils 50 oder 51 Prozent hält. Die restlichen Anteile sind jeweils in der Hand des südkoreanischen Elektronikkonzerns LG.
Geplante Auflösung von AERQ stößt bei Ver.di auf scharfe Kritik
Bei Arbeitnehmervertretern stieß die geplante Auflösung des Unternehmens auf scharfe Kritik. „Wir halten das für eine grobe Fehlentscheidung des Lufthansa-Vorstandes“, sagte unserer Redaktion Frank Hartstein. Er ist bei der Gewerkschaft Ver.di in der Bundesfachgruppe Luftverkehr und Maritime Wirtschaft sowie stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats von Lufthansa Technik und sieht die Verantwortung für die Entscheidung in der Frankfurter Konzernzentrale.
AERQ habe sich im Vergleich mit der Konkurrenz einen Entwicklungsvorsprung erarbeitet, hieß es in einem Ver.di-Rundschreiben an die Beschäftigten. Das neue System sei in Teilen der A330-Flotte der Lufthansa-Gruppe als Erstkunde vorgesehen gewesen. Stattdessen wolle die Kranich-Linie nun ein Konkurrenzprodukt kaufen.
Aus für AERQ – Gibt es eine Jobchance bei Lufthansa Technik?
Der Entwicklungsvorsprung sei dahin, geleistete Investitionen gingen ebenso verloren wie die 180 Arbeitsplätze. „Damit stärkt Lufthansa die Wettbewerber der Lufthansa Technik und beschädigt den Ruf der Marke Lufthansa als Arbeitgeber“, hieß es in dem Papier. Die Gewerkschaft fordert unter anderem ein Übernahmeangebot an alle betroffenen Kolleginnen und Kollegen.
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Lufthansa-Technik-Sprecher Jens Krüger sagte auf Anfrage daraufhin: „Wir bleiben mit Lufthansa Technik auf Wachstumskurs und suchen weiter Kolleginnen und Kollegen, die uns dabei unterstützen können. Natürlich sind auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von AERQ willkommen, wenn Qualifikationen, Interessen und Anforderungen zusammenpassen. Lufthansa Technik wird über eine Jobbörse über die verschiedenen Bereiche, Anforderungen und Vakanzen informieren.“