Hamburg. Mitarbeiter der Hamburger Firma fahren im August mit dem Rennrad eine Tour der Technik. Wie es dazu kommt, welcher Promi dabei ist.
Flugzeuge und Triebwerke sind das Metier der Beschäftigten von Lufthansa Technik. Doch in wenigen Tagen werden 23 von ihnen sich vorübergehend nicht der Luftfahrt widmen, sondern irdisch unterwegs sein. Mit dem Rennrad machen sie erstmals eine Tour de Technik quer durch Deutschland.
Die Initiative dafür ergriff Dirk Julius. Der Ingenieur nahm seit 1999 bereits 18-mal an den Cyclassics teil. 2023 wurde das Team des Weltmarktführers für die Wartung, Reparatur und Überholung von Flugzeugen Dritter bei dem Hamburger Radrennen in der Firmenwertung über die 100-Kilometer-Distanz. Anschließend feierte man zusammen auf dem Rathausmarkt. „Da ist die Idee entstanden, warum fahren wir nicht mal von Hamburg nach München und verbinden die Standorte“, sagt der 50-Jährige.
Lufthansa Hamburg: Warum ein Team von Lufthansa Technik durch Deutschland radelt
Über seine interne Chatgruppe klopfte er das Interesse seiner Kolleginnen und Kollegen ab. Schließlich signalisierten mehr als 30 Beschäftigte, an so einem Trip teilnehmen zu wollen. Die Mannschaft schmolz allerdings etwas, weil die Ferienzeit bei einigen schon fest verplant war. Denn die Tour de Technik ist keine Arbeitszeit, die Beschäftigten nehmen sich dafür Urlaub.
Los geht es am 18. August. „Wir fahren von Hamburg über Rinteln nach Extertal. Das sind Orte, die ich auch nur von der Karte her kenne“, sagt Julius. 222 Kilometer misst die erste Etappe. Der Vorteil: Sie ist überwiegend flach.
Lufthansa-Technik-Tour: Die zweite Etappe ist die härteste
Das ändert sich am nächsten Tag. Dann geht es richtig hinein ins Weserbergland und bis nach Marburg. „Die zweite Etappe ist die härteste, weil wir da am meisten Höhenmeter haben werden“, sagt Julius. „Wir haben Steigungen im Schnitt zwischen sieben und acht Prozent.“
An Tag drei folgt der erste Besuch bei Kollegen an einem anderen Firmenstandort. Ein Zwischenstopp bei Lufthansa Technik am Frankfurter Flughafen steht auf dem Programm. Die dortige Basis zeichnet sich durch ihre große Motorenabteilung aus. Das Unternehmen will den Aufenthalt für Filmaufnahmen nutzen. Auch ein Promi wird dabei sein. Der langjährige Radprofi Rick Zabel will sich die Werkstatt anschauen.
Auf der vierten Etappe wird ein Ex-Radprofi mitfahren
„Wir dürfen mit einer Sondergenehmigung dicht um die Halle herum in Schrittgeschwindigkeit auf dem Vorfeld fahren“, sagt Teamkapitän Julius. Lufthansa Technik sieht die 23 Sportler als rollende Botschafter der Firma und sponserte neue dunkelblaue Trikots, Westen, Jacken und Hosen. Die dritte Etappe endet aber nicht in Frankfurt. Es geht noch weiter bis zum Hotel Lufthansa Seeheim südlich von Darmstadt.
Rick Zabel wird die vierte Etappe bis Öhringen mitfahren. „Da haben wir dann extra mal ein paar Berge eingebaut. Wenn wir mit Rick fahren, wollen wir auch ein bisschen Spaß haben“, sagt Julius und lacht. Einen Tag später geht es nach Neuburg an der Donau.
Die Tour de Technik ist 932 Kilometer lang und hat 7500 Höhenmeter
Am letzten Tag, dem 23. August, stehen nur noch rund 70 Kilometer an. „Das ist die Tour-de-France-Champagner-Runde“, sagt Julius in Anspielung auf das legendäre Radrennen, bei dem nach etwa drei Wochen Rundfahrt durch Frankreich traditionell mit einem Gläschen hoch im Sattel angestoßen wird.
Nach 932 Kilometern und 7500 Höhenmetern ist die Unternehmens-Basis am Flughafen München das finale Ziel – ein freudiger Empfang dürfte in der Flugzeugwartung garantiert sein. Denn schon jetzt werde viel in der Firma über die Tour de Technik gesprochen, so der Teamkapitän: „Was die Fußball-EM für Deutschland ist, ist die Tour de Technik für Lufthansa.“
Für die Radgruppe gelten besondere Regeln im Straßenverkehr
Damit alles gut klappt, trainierten die Sportler bereits mehrfach am Wochenende und in ihrer Freizeit am Nachmittag zusammen. „Weil wir genug Leute sind, sind wir als Verbund unterwegs, fahren in Zweierreihe“, sagt Julius. Man werde im Straßenverkehr quasi wie ein Lastwagen behandelt. Heißt: Rollt der erste bei Grün über die Ampel und springt diese dann auf Gelb um, muss der Rest folgen – selbst wenn die Ampel mittlerweile Rot zeigt.
„Jeder muss sich bewusst sein, dass wir eine große Gruppe sind“, sagt Sarah Nebelung. Die Wirtschafts-Ingenieurin ist eine von drei Frauen im Team. „Wenn es orange wird, brauche ich nicht mehr rüberzubrettern“, sagt die 35-Jährige, die als Hobby Triathlon in der Regionalliga betreibt.
Die Spitze des Feldes hat besondere Verantwortung
Für sie gibt es daher einen deutlichen Unterschied zu ihrem sonstigen Fahrverhalten. Denn den Windschatten nutzen ist beim Triathlon nicht erlaubt, man muss Abstand halten. Entsprechend musste sie die unterschiedlichen Fahrstile der Mitfahrenden erst kennenlernen und sich an das Fahren im Team mit den Führungswechseln an der Spitze gewöhnen.
Besonders wichtige Arbeit kommt auf die Anführer des Felds zu. Sie sind die Einzigen, die richtig sehen können, müssen Hindernisse oder Schlaglöcher schnell wahrnehmen, laut rufen, den Pulk informieren. Zudem müssen sie das richtige Tempo anschlagen. „Wie viel darf ich vorn beschleunigen, damit ich hinten das Feld nicht verliere“, sagt Sören Gellers, der ein Engineering-Team leitet.
Um die Berge hochzukommen, gibt es Spezialeinheiten vor dem Fernseher
In den gemeinsamen Trainingseinheiten habe das aber schon ganz gut funktioniert. Der 30-Jährige macht sogar ein Spezialtraining für die Tour de Technik: „Ich habe zu Hause eine Rolle, um ein bisschen die Berge zu trainieren. Das ist in Hamburg sonst nicht so einfach möglich“, sagt Gellers. In das Trainingsgerät kann man das Rad einspannen und auf der Stelle strampeln.
Die Gefahr eines Plattens liegt dabei naturgemäß nahe null, aber auch auf der Straße schätzt der Teamkapitän die Wahrscheinlichkeit sehr gering ein. Und wenn der Fall doch eintritt, sei man als Lufthansa Techniker natürlich in der Lage, im Team den Reifen zu reparieren. „Das Blöde sind die schmutzigen Hände danach. Aber dafür gibt es die Tücher aus der Businessclass“, sagt Julius und lacht.
Bei einem Platten gibt es eine spezielle Strategie
Der Großteil des Feldes stoppt übrigens nicht. „Wenn wir einen Platten haben, lassen wir die vier bis fünf stärksten Leute bei der Panne zurück. Dadurch ist das Feld geschwächt, kann aber weiterfahren“, sagt Julius. Nach der Reparatur fährt die kleine Truppe wieder los und holt den Rückstand auf. Spätestens bis zu den Pausen, die auf den Etappen geplant sind.
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Dann kommen die beiden Helfer ins Spiel, die die Busse fahren. Sie transportieren das Gepäck, Werkzeuge und Ersatzteile und bauen an den Zwischenstopps in einem Pavillon das Catering auf, tischen etwa Bananen, Orangen und Wasser auf.
Zwei Kollegen von Lufthansa Technik nehmen sich Urlaub, um die Busse zu fahren
Einer von ihnen ist Marius Plate, 50 Jahre alt und im Berufsalltag zuständig für die Lufttüchtigkeit von Kundenflugzeugen. Er nimmt sich eine Woche Urlaub, um die radelnden Kollegen zu unterstützen. „Wenn die Kollegen schon so etwas Tolles machen, dann helfe ich gern“, sagt Plate. „Ein großes Ziel kann man nur im Team erreichen – daher unterstütze ich das.“