Hamburg. Panamakanal, Amazonas und der Sankt-Lorenz-Strom führen nach Dürren kaum noch Wasser. Das hat auch Auswirkungen auf Hamburg.

Manaus in Brasilien: Vor noch nicht allzu langer Zeit lagen hier große Schiffe im Hafen. Nun fahren Autos auf dem Grund des Rio Negro, eines Nebenflusses des Amazonas. Seit Mitte des vergangenen Jahres wird die Amazonas-Region von einer besonders starken Dürre heimgesucht. Schon im Oktober war der Pegel des Rio Negro auf einen historischen Tiefstand gesunken – in der Folge fielen Wasserkraftwerke in verschiedenen südamerikanischen Ländern aus, und an vielen Stellen wurde die Schifffahrt stark eingeschränkt.

Wegen extremer Trockenheit hat der Fluss den niedrigsten Wasserstand seit mehr als 120 Jahren erreicht. Die Schiffe kommen nicht mehr in die Häfen hinein. Wirtschaftlich droht ein großer Schaden für die Region, aus der die EU große Mengen Sojaprodukte bezieht. Das bleibt in einer globalisierten Welt nicht ohne Folgen.

Hamburger Hafen: Schifffahrt in Gefahr –Flüsse trocknen immer mehr aus

Was am Amazonas in Brasilien seinen Anfang nimmt, setzt sich weiter fort. „Es sind derzeit ohnehin nicht übergroße Mengen an Soja im Markt“, sagt Jes-Christian Hansen, Geschäftsführer des Futtermittel- und Getreidehändlers Habema im Hamburger Hafen. „Es wird sogar überlegt, den Zertifikatehandel aus den CO₂-Emissionen, die beim Sojaanbau entstehen, einzuschränken.“ Wenn auch noch das Amazonas-Gebiet ausfalle, könnte das den Druck erhöhen.

Der Amazonas ist kein Einzelfall. Weltweit gehen die Süßwasserreserven zurück. Im fünften Jahr in Folge lag der Wasserstand von Seen, Flüssen und Wasserspeichern rund um den Globus teilweise deutlich unter dem Normalniveau, wie aus einem vor Kurzem in Genf veröffentlichten Bericht zu den Weltwasserressourcen der Weltorganisation für Meteorologie hervorgeht. In großen und wichtigen Flussgebieten wie dem nordamerikanischen Mississippi und dem südamerikanischen Amazonasbecken hätten die Wasserstände sogar rekordverdächtig niedrig gelegen.

Umfahrung gefährdeter Gebiete erhöht Kosten und Verspätungen

Das gefährdet Häfen und Schifffahrt. Auch Hamburger Reedereien sind betroffen. Im vergangenen Winter musste der Verkehr durch den Panamakanal drastisch reduziert werden, nachdem Regenfälle über Monate ausgeblieben waren. Die Behörden in Panama sahen sich gezwungen, die Durchfahrten der Schleusen zu beschränken. Statt bis zu 38 Schiffe pro Tag, durften zeitweise nur 18 den Kanal befahren. So kam es zu riesigen Staus vor der Einfahrt in die wichtige Verbindung zwischen Pazifik und Atlantik.

Für die Reedereien wie Hapag-Lloyd entstanden hohe Kosten. Denn anstatt 12 bis 18 Tage vor dem Kanal zu warten, wurden die Schiffe von der Reederei umgeleitet: Die Schiffe drehten westwärts durch den Indischen Ozean, um schließlich über den Atlantik Richtung USA zu fahren. Das waren Tausende Kilometer mehr. Die Folgen: mehr Sprit und längere Fahrzeiten. Wichtige Waren kamen im Hamburger Hafen somit verspätet an.

Ladung muss stehen gelassen werden

Die Lage am Panamakanal hat sich kaum entspannt, da tritt das Problem bereits an anderer Stelle auf. In der vergangenen Woche vermeldete Hapag-Lloyd, dass der drittgrößte Fluss in Nordamerika, der Sankt-Lorenz-Strom, Niedrigwasser führt. Das erschwert unter anderem die Anfahrt zum kanadischen Hafen von Montreal. Denn die kanadische Küstenwache beschränkte den Verkehr. Für jeden Standardcontainer, der dennoch nach Montreal gebracht werden muss, nimmt Hapag-Lloyd nun einen Zuschlag von 150 US-Dollar (umgerechnet knapp 138 Euro).

Frachtschiffe vor dem Panamakanal
Noch im Juni mussten viele Frachtschiffe auf die Durchfahrt durch den Panamakanal warten. © DPA Images | Matias Delacroix

„Bei Niedrigwasser bleiben der Schifffahrt kaum Möglichkeiten“, sagt Kapitän Wolfram Guntermann. Als Direktor „Regulatory Affairs“ kümmert er sich bei Hapag-Lloyd um die politische Arbeit in Umweltangelegenheiten. „Man muss dann auf einen Teil der Ladung verzichten, damit die Schiffe weniger Tiefgang haben.“ Und manchmal seien Flüsse gar nicht zu befahren. „Das sehen wir in regelmäßigen Abständen am Rhein.“ Für Guntermann handelt es sich um ein zyklisches Phänomen, das regelmäßig auftritt.

„Niedrigwasser im Sankt-Lorenz-Strom haben wir schon vor einer Dekade erlebt. Bisher haben sich die Wasserstände aber immer wieder erholt. Im Rhein haben wir neben dem Niedrigwasser regelmäßig auch Hochwasserstände, was auch schlecht für die Schifffahrt ist“, so Guntermann.

Hamburger Hafen: 2023 das trockenste Jahr seit 33 Jahren

Unklar ist, welche Ursachen die geballte Häufung an Niedrigwasserständen derzeit hat. Die Dürre im Panamakanal wurde auf das Wetterphänomen El Niño zurückgeführt, das in unregelmäßigen Abständen etwa alle vier Jahre auftritt. El Niño ist dafür verantwortlich, dass es in Panama deutlich weniger regnet als gewöhnlich und die Regensaison, die eigentlich von Mai bis Dezember dauert, später begonnen hat.

Malte Siegert
Malte Siegert ist Schifffahrtsexperte und Vorsitzender des Nabu Hamburg. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Während Kapitän Guntermann auf die regelmäßig wiederkehrenden Phänomene hinweist, geben Wissenschaftler aber auch dem Klimawandel eine Mitschuld. Mit 1,45 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau war 2023 nicht nur das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, sondern auch das trockenste der vergangenen 33 Jahre gewesen, sagt dazu der Geograf Robert Reinecke von der Uni Mainz.

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Dabei tritt diese Trockenheit nicht überall gleich auf. „Während wir auf dem amerikanischen Kontinent Dürreperioden erleben, hat es in Afrika, beispielsweise in Nigeria, extreme Regenfälle gegeben“, sagt Malte Siegert, Vorsitzender des Naturschutzbunds in Hamburg. „Das lässt sich nicht prognostizieren. Klar ist aber, dass die Extremsituationen zunehmen werden. Der Klimawandel befördert die Unberechenbarkeit der Entwicklung.“

Seiner Einschätzung zufolge würden die Folgen der Trockenheit auch in Hamburg immer spürbarer. „Wir haben in Nordeuropa eigentlich seit 2015 eine trockene Phase, die dazu führt, dass sogar die Elbe immer weniger Wasser mit sich führt.“ Das zeige sich auch am Tidenhub, der um etwa elf Zentimeter gewachsen sei. „Weniger Wasser bedeutet aber auch weniger Strömung, die Sedimente aus Hamburg herausspülen könnte.“ Deshalb werde die Schlickbaggerei noch zunehmen. „Dabei vergessen die Leute meist, dass mehr Baggerei nicht zu mehr Wasser führt, die Rinne wird nur tiefer.“