Hamburg. Weiterhin Uneinigkeit in Metall- und Elektroindustrie. Warnstreiks im ganzen Norden. Warum es den Flugzeugbauer besonders trifft.

Seit Mitte September verhandeln die Gewerkschaft IG Metall Küste und der Arbeitgeberverband Nordmetall für die rund 130.000 Beschäftigte der Metall- und Elektroindustrie der Region Küste über einen neuen Tarifvertrag. Ohne greifbares Ergebnis. Nach dem Ende der Friedenspflicht lassen die Arbeitnehmervertreter erstmals die Muskeln spielen. Noch vor der dritten Verhandlungsrunde am Dienstag in Kiel hatte die Gewerkschaft für die Nacht zu Warnstreiks aufgerufen. Ab Mitternacht wurde dann in vielen Betrieben die Arbeit niedergelegt. Auch namhafte Hamburger Unternehmen sind betroffen.

Insgesamt waren die Nachtschichten in 17 Betrieben in Hamburg, Nordwestniedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein zum Warnstreik aufgerufen: In der Hansestadt betraf es die Arbeit beim Flugzeughersteller Airbus, beim Gabelstaplerbauer Still, dem Aluminiumwerk Speira und Philips Medical Systems.

IG Metall hat heute Nacht die Arbeit bei Airbus unterbrochen

Zu Warnstreiks noch in der Nacht waren die Beschäftigten auch in folgenden Betrieben aufgerufen: beim Kabel-Werk Waskönig + Walter in Saterland, beim Kranhersteller Manitowoc in Wilhelmshaven, bei den Spezialisten für Windkraftanlagen Siemens Gamesa in Cuxhaven und EEW in Rostock, bei dem Logistiker LTS Nordwest in Nordenham, bei Liebherr und ZF Airbag in Laage, beim Pumpenhersteller Flowserve Sihi in Itzehoe und dem Automobil-Zulieferer GKN Driveline in Kiel, beim Medizintechniker Stryker in Schönkirchen sowie beim Maschinenbauer Krones in Flensburg.

Im Laufe des Tages sollen Arbeitskämpfe in 20 Betrieben in Kiel und Neumünster folgen, unter anderem sind die beiden großen Werften ThyssenKrupp Marine Systems und German Naval Yards beteiligt. Auch in der Wesermarsch sind für den Tag weitere Warnstreiks angekündigt: bei NKT sowie Nordenham Metall und Nordenhamer Zinkhütte (Glencore).

Warnstreiks bei Airbus: „Das heute Nacht war nur der Auftakt“

Besonders hart treffen die Warnstreiks Airbus: Neben dem Werk in Finkenwerder sind auch die Standorte in Varel und Nordenham zum Streik aufgerufen. Laut IG Metall legten rund 230 Beschäftigte in Finkenwerder in der Nacht für eine Stunde ihre Arbeit nieder. Auch die Beschäftigten des Aluminium-Verarbeiters Speira in Finkenwerder haben mit ihrem Warnstreik begonnen. Rund 50 Beschäftigte der Nachtschicht traten um Mitternacht vor das Werkstor. „Das heute Nacht war nur der Auftakt“, sagte Emanuel Glass, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Hamburg.

Die Produktion bei Airbus auf Finkenwerder wurde in der Nacht bestreikt.
Die Produktion bei Airbus auf Finkenwerder wurde in der Nacht bestreikt. © FUNKE Foto Services | Marcelo Hernandez / FUNKE Foto Services

Anstrengend wird der heutige Dienstag für den Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich: Er hatte noch in der Nacht bei Speira in Hamburg vor dem Werkstor zu den Beschäftigten gesprochen. Anschließend ging es schnell nach Kiel, damit er rechtzeitig um 10.30 Uhr im Hotel Atlantic zu den Verhandlungen eintraf. Zuvor hatte er auch noch zu den Teilnehmern zweier Demonstrationszüge durch Kiel gesprochen.

IG Metall: Angebot der Arbeitgeber weit unter Forderung der Gewerkschaft

Tarifverhandlungen bei den Metallern sind häufig von Warnstreiks begleitet, selten sind diese aber so intensiv wie dieses Mal. „Dass 17 Betriebe gleichzeitig in der Nachtschicht ihre Arbeit niederlegen, ist schon etwas Besonderes“, sagte Heiko Messerschmidt, Sprecher der Gewerkschaft. Diese fordert sieben Prozent mehr Geld bei einer Laufzeit von zwölf Monaten und eine Erhöhung der Auszubildendenvergütungen um 170 Euro.

Wie berichtet, haben die Arbeitgeber eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um 1,7 Prozent ab 1. Juli 2025 und weitere 1,9 Prozent ab 1. Juli 2026 bei einer Laufzeit von 27 Monaten geboten. Den Arbeitnehmervertretern ist das zu wenig. „Wir wollen mehr, wir wollen es früher und wir wollen eine kurze Laufzeit – dafür braucht es anscheinend Druck in den Betrieben. Den werden wir jetzt mit Warnstreiks erhöhen, um schnell zu einem guten Ergebnis zu kommen“, sagte Chefverhandler Friedrich. „Die Arbeitgeber haben es versäumt, in der Friedenspflicht ein brauchbares Angebot vorzulegen.“

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Der Hauptgeschäftsführer von Nordmetall, Nico Fickinger kritisiert die Arbeitsniederlegungen. Seiner Meinung nach sei man doch kurz vor dem Durchbruch bei den Verhandlungen: „Wir sind seit der zweiten Verhandlung von Mitte Oktober, in der wir unser 3,6-Prozent-Angebot vorgelegt haben, in intensiven Gesprächen mit der IG Metall Küste. Wir treten beidseitig für einen schnellen Abschluss ein. In dieser Lage mutwillig Warnstreiks vom Zaun zu brechen, wird weder dem Gesprächsverlauf noch der schlechten wirtschaftlichen Lage gerecht, sondern ist schlicht überflüssig und kontraproduktiv.“

Warnstreiks würden zu Produktionsausfällen und zusätzlichen Kosten führen: „Das schadet vielen schwer belasteten Betrieben in dieser Zeit zusätzlich und damit letztlich auch den Beschäftigten. So schwächt die Gewerkschaft den ohnehin angeschlagenen Standort, statt ihn zu stärken.“