Hamburg. Beim Martinsgans-Essen beleuchtet der Arbeitgeberverband am Donnerstag die Lage der Branche im Norden. Sie ist besorgniserregend.

Brust oder Keule? Diese Frage werden die gut 400 Gäste beim traditionellen Martinsgans-Essen des Arbeitgeberverbands Nordmetall am Donnerstagabend so gegen 20 Uhr zu beantworten haben. Man darf davon ausgehen, dass das Geflügel gut gegart ist. Zuvor wird Nordmetall-Präsident Folkmar Ukena dem ausgesuchten Kreis von Teilnehmern aus Wirtschaft, Politik, Justiz, Gewerkschaft und Gesellschaft allerdings harte Daten und Fakten präsentieren, die für die meisten Anwesenden im Saal des Hotels Atlantic schwerer verdaulich sein dürften.

Denn die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Norddeutschland schätzen ihre aktuelle wirtschaftliche Lage und ihre Aussichten derzeit so pessimistisch ein wie selten zuvor. Das geht aus der jüngsten Konjunkturumfrage des Branchenverbands hervor. Unserer Redaktion liegen die Ergebnisse exklusiv vor.

Wirtschaft in Hamburg: Jede fünfte Firma will Produktion ins Ausland verlegen

„Noch nie waren so viele Arbeitgeber der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie so unzufrieden mit der Politik, der Höhe der Arbeitskosten und dem Ausmaß des Fachkräftemangels“, fasst der für Hamburg zuständige Verbandsvizepräsident Thomas Piehler die Umfrage zusammen. Besorgniserregend ist, welche konkreten Konsequenzen die Unternehmen aus dieser regelmäßig vorgetragenen allgemeinen Unzufriedenheit ziehen wollen: „Noch nie haben so viele Unternehmen Produktionsverlagerungen ins Ausland geplant.“

Jeder fünfte Metall- und Elektroarbeitgeber (21 Prozent) denkt laut der Umfrage über einen solchen Schritt sehr konkret nach – fünfmal mehr als vor zehn Jahren. Piehler: „Wir müssen leider konstatieren, dass die Deindustrialisierung in vollem Gange ist und nur gestoppt werden kann, wenn die Politik endlich massive Anstrengungen unternimmt, um die sehr schlechten Rahmenbedingungen umgehend zu verbessern.“

Wirtschaft in Hamburg: Metallindustrie-Firmen in der Krise

Weitere Ergebnisse der Umfrage bei den Firmen aus Hamburg unter den insgesamt 170 teilnehmenden Unternehmen lauten:

  • 16 Prozent der Arbeitgeber erwarten eine Verbesserung der Geschäftslage, ebenfalls 16 Prozent eine Verschlechterung.
  • Knapp ein Drittel der Firmen will die Zahl der Beschäftigten in naher Zukunft erhöhen, mehr als jedes zehnte Unternehmen die Belegschaft aber verkleinern.
  • 70 Prozent beklagen einen Mangel an qualifizierten Auszubildenden, 36 Prozent nehmen bei Neueinstellungen inzwischen gezielt auch Fachkräfte im Alter 50plus in den Blick.

Befragt wurden die Unternehmen noch vor dem richtungsweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Finanzierung des nächsten Haushaltsplans der Bundesregierung. Bevor die Gänse auf den Tisch kommen, werden die möglichen Folgen des Urteils das beherrschende und kontrovers diskutierte Thema des Abends sein: Auf dem Podium im Atlantic sitzt eine Runde von Expertinnen und Experten, die aktuell jede TV-Polittalkshow schmücken würde.

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Michael Hüther, der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (DIW), die „taz“-Wirtschaftskorrespondentin und Buchautorin Ulrike Herrmann („Das Ende des Kapitalismus“) und der FDP-Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, debattieren die Frage: „Grünes Wirtschaftswunder oder Deindustrialisierung – wohin steuert Deutschland?“ Den 400 Gästen stellt sich ganz zum Schluss dann noch eine sicher einfacher zu beantwortende Frage am Dessertbüfett: Schokoladencreme mit Mango und Passionsfrucht oder Panna Cotta mit Ahorn-Tapioka?