Hamburg. Mit einer weiteren Finanzierungsrunde des Start-ups Tomorrow gibt es ein neues Kontomodell. Erstmals beteiligt sich Hamburg an der Firma.

Eine Hamburger Bank geht neue Wege bei den Kontogebühren. Der auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Finanzdienstleister Tomorrow hat ein neues Kontomodell eingerichtet, bei dem Kunden bestimmen können, wie viel Geld sie monatlich zahlen wollen. Das Girokonto kann auch als kostenloses Konto genutzt werden, denn die Kunden können sich auch für null Euro im Monat entscheiden.

Insgesamt bietet die Bank drei Kontomodelle an, zwei davon mit mehr Komfort sind kostenpflichtig. Bei dem Modell „Now“ kann der Kunde aber entscheiden, ob und welchen Betrag er im Monat entrichtet. „Es sind Beträge zwischen einem und vier Euro im Monat möglich“, sagt eine Sprecherin der Bank. Die einmal getroffene Entscheidung könne auch wieder verändert werden.

Bei Hamburger Bank entscheiden Kunden über die Kontogebühren

Die Bank will damit vor allem jungen Kunden entgegenkommen, die noch kein regelmäßiges Einkommen haben. „Der Wunsch nach einem solchen Kontomodell ist aus unserer Community gekommen“, so die Sprecherin. Bisher dürfte dieses Kontomodell einmalig in Deutschland sein.

Allerdings so ganz uneigennützig ist der jüngste Strategiewechsel bei den Kontomodellen nicht. Denn der Finanzdienstleister hat in diesem Bereich schon viel experimentiert. Am Anfang des Geschäftsbetriebs 2019 stand bereits ein kostenloses Konto, das im Jahr 2022 zunächst für Neukunden und dann auch für Bestandskunden wieder abgeschafft wurde. Seit Oktober 2021 gibt es drei Kontomodelle mit unterschiedlichen Leistungen. Zwei davon sind jetzt noch kostenpflichtig.

Kunden können entscheiden, wie viel Geld sie im Monat bezahlen

Das jetzt kostenlose Konto mit der Funktion „Pay What You Want“ (Bezahle, was du kannst) kostete vorher vier Euro im Monat. Allerdings: Ganz kostenlos ist es nicht, zumindest wenn man auch Geld abheben will. Denn dies kostet in Deutschland drei Euro pro Vorgang.

Das teuerste Konto „Zero“ kostet 187 Euro im Jahr oder bei monatlicher Zahlung 17 Euro, bietet unbegrenzte Bargeldabhebungen, liefert die Visa-Debitkarte in einer Holzvariante statt Plastik und fördert nachhaltige Technologien. Allerdings kassierte Tomorrow im Zusammenhang mit dieser Ausrichtung auch schon einmal eine Abmahnung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Das damalige Versprechen, mit dem Kontomodell „Zero“ den CO₂-Fußabdruck des Kunden zu kompensieren, haben die Hamburger daraufhin inzwischen fallen lassen.

Tomorrow hat 100 Mitarbeiter und 117.000 Kunden

Tomorrow hat schon schwierige Zeiten erlebt. Ende 2022 musste das Start-up Stellen abbauen, um 25 Prozent der Personalkosten zu senken. „Nur wenn unsere eigene wirtschaftliche Nachhaltigkeit sichergestellt ist, können wir unsere Mission, nachhaltige Finanzen in die Mitte der Gesellschaft zu bringen, weiterverfolgen“, sagte Co-Gründer Jacob Berndt damals. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Start-up 120 Beschäftigte. Knapp ein Viertel der Belegschaft musste anschließend gehen.

Inzwischen hat sich die Situation bei Tomorrow mit 100 Mitarbeitern und 117.000 Kunden wieder stabilisiert. Tomorrow kombiniert eigenen Angaben zufolge als erster europäischer Akteur Nachhaltigkeit mit mobilem Banking. Kunden benötigen eine App. Sämtliche Kundeneinlagen fließen ausschließlich in ethisch vertretbare und ökologisch nachhaltige Projekte. Tomorrow hat selbst keine Banklizenz, obwohl es Zahlungsverkehr und Geldanlagen anbietet. Die Transaktionen werden über die Solaris Bank abgewickelt, die Einlagensicherung beträgt 100.000 Euro pro Kunde.

An Tomorrow beteiligt sich erstmals auch die Stadt Hamburg

Das Hamburger Fintech konnte vor wenigen Tagen eine neue Finanzierungsrunde erfolgreich abschließen und sammelte fünf Millionen Euro von bestehenden Investoren wie Abacon Capital, ETF Partners und kopa ventures ein. Auch die Stadt Hamburg beteiligte sich erstmals über die IFB Innovationsstarter GmbH an dem Unternehmen.

Mit dem neuen Kapital soll das Wachstum an Kunden unterstützt werden. Die Produktpalette soll mit einem Zinsprodukt erweitert werden. Seit Juni arbeitet Tomorrow profitabel. „Mit Tomorrow passieren wir gerade einen wichtigen Meilenstein“, sagt Michael Schweikart, Co-Gründer von Tomorrow. „In einem herausfordernden Marktumfeld, das nicht zuletzt viele Start-ups hart getroffen hat, sind wir erstmals auf Monatsbasis profitabel und konnten eine substanzielle Finanzierungsrunde realisieren.“

Markt für kostenlose Girokonten ist hart umkämpft

Das neue Kontomodell kann dabei für mehr Aufmerksamkeit sorgen. Denn der Markt ist umkämpft. In ihrem jüngsten Test im September ermittelte die Stiftung Warentest zehn kostenlose Girokonten ohne Bedingungen wie einen bestimmten Geldeingang. Einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr gibt es nicht. Dazu zählen die Santander Bank mit sieben Filialen in Hamburg, C24 und die Direktbank der Sparkassen, 1822direkt. Allerdings muss häufig für eine EC-Karte extra bezahlt werden. Bei der Santander Bank sind das zwölf Euro im Jahr.

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In Hamburg gibt es auch bei der Sparda Bank Hamburg ein kostenloses Girokonto bei einem regelmäßigen Geldeingang von Gehalt oder Rente. Eine bestimmte Höhe ist nicht vorgegeben. Die EC-Karte kostet 15 Euro im Jahr.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Girokonten ohne Monatsgebühr, die aber einen bestimmten Geldeingang voraussetzen. Die Breite der geforderten Geldeingänge reicht von 3000 Euro monatlich bei der Postbank bis zu 500 Euro bei der Norisbank. Bei der ING liegt der geforderte Geldeingang bei 700 Euro, steigt aber zum 1. Dezember auf 1000 Euro. Nach Einschätzung der Stiftung Warentest sollte ein Girokonto nicht mehr als 60 Euro im Jahr kosten.