Hamburg. Fahrt von Containerfrachter zwischen Asien und Hamburg eine Million Dollar teurer. Kosten steigen. Was das für Supermarktkunden bedeutet.

Der globalisierte Warenhandel auf See ist nicht nur klimaschädlich, die Luftverschmutzung kostet die Verursacher neuerdings auch Geld. Seit einem halben Jahr unterliegt auch die internationale Schifffahrt dem europäischen Emissionshandelssystem. Reedereien müssen nicht nur Geld für den Treibstoffverbrauch bezahlen, sondern auch für den Ausstoß des klimaschädlichen Gases Kohlendioxid (CO2), die ihre Schiffe in den Himmel pusten.

Noch sind die Kosten eher gering. Denn vorerst muss nicht für das gesamte CO2 und nicht für alle ausgestoßenen Schadstoffe bezahlt werden. Zudem gibt es aktuell sehr viele günstige Verschmutzungszertifikate zu kaufen, mit denen die Reeder die Emissionen ihrer Schiffe abgelten können. Doch das wird sich ändern. Denn die Richtlinien werden strenger, und die Anzahl frei handelbarer Verschmutzungsrechte geht zurück. Am Ende werden das auch die Kunden in Supermärkten und alle anderen Verbraucher zu spüren bekommen.

Schifffahrt Hamburg: Schiffsabgase kosten jetzt Geld. Was auf die Verbraucher zukommt

„Eigentlich ist das System ganz einfach: Allen Reedern weltweit wird von der EU der Ausstoß von CO2 in Rechnung gestellt“, sagt Rasmus Stute, Deutschland-Manager des Schiffsklassifizierers DNV Maritime. „Damit soll der Druck auf die Unternehmen wachsen, Energie und Emissionen zu sparen.“

Containerschiff im Hamburger Hafen DEU, Deutschland, Hamburg: Ein Containerschiff verlässt den Hamburger Hafen. Hamburg
Die Abgaswolke eines Containerschiffs im Hamburger Hafen. © IMAGO/Nikito | IMAGO

Seit Anfang 2024 ist die Seeschifffahrt ins europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) eingebunden – etwa zwölf Jahre nach der Luftfahrt. Dabei fallen alle Fahrten zwischen den EU-Häfen zu 100 Prozent unter das EU-ETS. Reisen zwischen den EU-Häfen und Drittländern werden zunächst zu 50 Prozent einbezogen.

EU legt Obergrenze für Treibhausgasemissionen fest

Dazu legt die Europäische Union eine jährliche Obergrenze an Treibhausgasemissionen fest und gibt eine entsprechende Menge an Zertifikaten, also Verschmutzungsrechten, heraus. Verursacher von Emissionen müssen diese Zertifikate in Höhe ihrer Verschmutzungsmenge erwerben.

Außerdem können Zertifikate auf dem Sekundärmarkt gehandelt werden. Wenn eine Reederei ihre Emissionen reduziert, kann sie die nicht genutzten Zertifikate an andere Luftverschmutzer verkaufen. Wer hingegen mehr Emissionen verursacht, kann Zertifikate zukaufen. Der Preis für eine Tonne Kohlendioxid ergibt sich aus dem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage auf dem Zertifikatemarkt. Derzeit schwankt der Preis pro Tonne CO zwischen 80 und 100 Euro.

Eine Million Dollar Zusatzkosten pro Fahrt

Das klingt nach wenig, ist angesichts des hohen Treibstoffverbrauchs in der Schifffahrt aber ein bedeutender Kostenposten. Die Deutsche Seeschifffahrt, das Organ des Verbands Deutscher Reeder (VDR), rechnete kürzlich vor: Wird eine Tonne eines herkömmlichen Schiffstreibstoffs verbrannt, entsteht etwa die dreifache Menge an CO. Veranschlagt man einen CO-Preis von 90 Dollar pro Tonne, werden für ein großes Containerschiff mit einer Reisezeit von 45 Tagen zwischen Asien und Europa, davon zehn Tage innerhalb der EU, Zusatzkosten in Höhe von rund einer Million Dollar fällig.

Das sei nichts, was die Reedereien schockiere, sagt DNV-Experte Stute. „Bei durchschnittlich 12.000 Containern pro Schiff und derzeitigen Frachtraten bis zu 2000 Euro pro Container, erhöht der Emissionshandel die Transportpreise nur um fünf Prozent.“ Und da die Preise an die Endkunden weitergegeben werden, dürfte beispielsweise ein Paar Turnschuhe aus Asien hierzulande nur um etwa 20 Cent teurer werden.

Preise für Reedereien steigen stufenweise

Stute sagt, dass allgemeine Störungen der Lieferketten wie Corona oder die Rebellenangriffe im Roten Meer momentan deutlich größere Auswirkungen auf die Frachtraten hätten als der Emissionshandel. Doch die Reedereien wissen, dass mehr auf sie zukommt, die Einführung der CO-Bepreisung erfolgt stufenweise. Für 2024 müssen die Unternehmen nur 40 Prozent ihrer Emissionen mit Zertifikaten abdecken. Im kommenden Jahr sind es 70 Prozent, und ab 2026 werden 100 Prozent fällig. Ab dann fallen auch Abgaben für andere kritische Treibhausgase wie Methan und Lachgase an.

Umweltbundesamt überwacht Einhaltung der Emissionen

Zudem geht es der EU letztlich darum, den CO-Ausstoß zu senken. Sie wird also mittelfristig die Zahl der Zertifikate, die sie ausgibt, weiter reduzieren. „Das wird natürlich zu einer Verteuerung der Zertifikate führen“, so Stute. Tatsächlich haben sich die Preise seit 2020, als die Tonne CO noch etwa 20 Euro kostete, bereits annähernd vervierfacht, wie aus Berechnungen des Umweltbundesamtes (UBA) hervorgeht.

Für die Verbraucher steigen die Preise

Steigende Emissionshandelspreise erwartet auch die Reederei Hapag-Lloyd, die bereits im vergangenen Jahr ein Handelskonto bei der Deutschen Emissionshandelsstelle des UBA eingerichtet hat. „Unsere EU-ETS-Gebühren werden vierteljährlich aktualisiert. Die Abgaben werden stufenweise erhöht“, sagte ein Sprecher.  

Der Vorstandschef des DNV, Remi Eriksen, vor dem Hamburger Sitz neben einer ehemaligen Boje. Der Schiffsklassifizierer berät viele Reedereien beim Emissionshandel.
Der Vorstandschef des DNV, Remi Eriksen, vor dem Hamburger Sitz neben einer ehemaligen Boje. Der Schiffsklassifizierer berät viele Reedereien beim Emissionshandel. © HA / Klaus Bodig | Klaus Bodig

Der Marktpreis für Zertifikate in der Kundenformel des Unternehmens basiere auf einem Dreimonatsdurchschnittspreis. „Um die Kostendeckung zu gewährleisten, versuchen wir, die Zertifikate so einzukaufen, dass wir den durchschnittlichen Marktpreis abbilden. Dazu kaufen wir kontinuierlich Zertifikate ein, um unsere Position zu decken und den Bedarf an Zertifikaten im Jahresverlauf sicherzustellen“, heißt es von Hapag-Lloyd. 

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Und weiter: „Das Emissionshandelssystem (ETS) wird bei der künftigen Preisgestaltung eine wichtige Rolle spielen. Ähnlich wie bei den Bunkerkosten ist das ETS ein wesentlicher Kostenfaktor, den wir berücksichtigen müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese Kosten werden in unsere Preiskalkulation einfließen.“

Was das heißt, ist klar: Es sei davon auszugehen, dass die Transportkosten steigen werden. „Insgesamt ist die Energiewende mit erheblichen zusätzlichen Kosten verbunden, und unsere Kunden sind sich dessen weitgehend bewusst. Höhere Transportkosten führen zu höheren Gesamtkosten entlang der gesamten Lieferkette“, so Hapag-Lloyd. Am Ende der Lieferkette muss der Kunde im Supermarkt für Waren, die per Schiff nach Deutschland gekommen sind, tiefer ins Portemonnaie greifen.