Hamburg. Was der Steuerzahlerbund am Neubau kritisiert, welche Hamburg-Fälle im „Schwarzbuch“ stehen und wo Millionen „im Klo versenkt“ wurden.
Die Köhlbrandbrücke kann sich wahrlich nicht über mangelnde Aufmerksamkeit in der Literatur beschweren. Kein Hamburg-Bildband kommt ohne großformatige Fotos des 1974 eröffneten Bauwerks aus, das im Jahr darauf als „schönste Brücke des Kontinents” ausgezeichnet worden war. Doch diese Erwähnung ist keine Ehre für das einstige Vorzeigeprojekt: Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat den geplanten Neubau der Brücke als Beispiel für die Verschwendung von Steuergeld in sein aktuelles „Schwarzbuch“ aufgenommen.
Hamburg ist unter den mehr als 150 dort aufgeführten Fällen aus ganz Deutschland siebenmal vertreten. Die Beispiele reichen von lokalen Skurrilitäten wie einer aus Sicht des Steuerzahlerbunds unnützen, 1,5 Meter hohen Aussichtsplattform am Naturschutzgebiet Stapelfelder Moor für 27.000 Euro bis zum bundesweit beachteten Milliardenprojekt Köhlbrandquerung.
Neue Köhlbrandbrücke erinnert an den Bau der Elbphilharmonie
Wie berichtet, ist die Brücke marode und soll bis spätestens 2042 durch eine neuere, mit gut 73 Metern Durchfahrtshöhe rund 20 Meter höhere Brücke im gleichen Stil ersetzt werden. Dass die Kosten für den Neubau und anschließenden Abriss der denkmalgeschützen alten Brücke mittlerweile auf bis zu 5,3 Milliarden Euro geschätzt werden, erinnert den Steuerzahlerbund an den Bau der Elbphilharmonie, die die Stadt statt der ursprünglich angegebenen 77 Millionen am Ende das Zehnfache gekostet hatte.
Der BdSt verweist inhaltlich auf den früheren Hafen-Präsidenten und Ex-Wirtschaftsstaatsrat, Gunther Bonz, der den Bedarf für so eine hohe Brücke anzweifle: „Er ist davon überzeugt, dass eine mehr als 70 Meter hohe Brücke nur wenige Schiffe benötigen und favorisiert daher eine deutlich niedrigere und damit auch günstigere Brücke.“
Von Beust, Scholz, Tschentscher: Planung änderte sich mehrfach
Dass die Kosten so hoch sind, führt der Steuerzahlerbund vor allem darauf zurück, dass sich die verschiedenen Senate so viel Zeit mit einer Entscheidung gelassen hätten: Schon seit 2008 – damals regierte noch Schwarz-Grün unter Ole von Beust (CDU) – sei bekannt, dass die Brücke der zunehmenden Belastung nur noch bis 2030 gewachsen sei.
2012 habe dann der damalige Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) einen Neubau angekündigt, der aber später zugunsten eines Tunnels wieder verworfen worden sei, bevor der aktuelle rot-grüne Senat unter Peter Tschentscher (SPD) 2023 dann eine „Rolle rückwärts“ hingelegt und doch wieder eine Brücke favorisiert habe. Fazit des Steuerzahlerbundes: „Es ist zu befürchten, dass das planlose Handeln des Senats die Steuerzahler möglicherweise Milliarden Euro kosten wird.“
Innenstadt-Koordinatorin zahlt 7000 Euro Miete – im Monat
Weitere Fälle aus dem Schwarzbuch: Dass der Senat eine „Innenstadt-Koordinatorin“ berufen hat und ihr ein Büro stelle, sei zwar legitim. Dass dieses sich aber über 180 Quadratmeter in bester Citylage erstrecke, zunächst für 350.000 Euro umgebaut wurde, rund 7000 Euro Miete pro Monat koste und trotzdem nur vier Stunden am Tag geöffnet habe, sei nicht akzeptabel. Die Koordinatorin solle Hamburgs Innenstadt vor Leerstand bewahren, so der Steuerzahlerbund: „Nun hat sie quasi selbst eine riesige Fläche gerettet – nämlich mit ihrem eigenen Büro und ganz viel Steuergeld.“
Dass der defizitäre Hamburger Verkehrsverbund (HVV) zur Fußball-EM für 90.000 Euro die Hymne „Ode an Hamburg” schreiben und aufführen ließ, stößt dem Steuerzahlerbund ebenfalls übel auf: Dies sei „ein unnötiger PR-Flop“ gewesen.
Mehr als zwei Millionen Euro für eine Toilette, die kaputt ist
Angeprangert wird im Schwarzbuch einmal mehr die unterirdische öffentliche Toilettenanlage an der Mönckebergstraße, die mehr als zwei Millionen Euro gekostet habe, wegen eines Wasserschadens aber schon wieder geschlossen sei: „Wieder einmal scheiterte die Stadt Hamburg an einem Bauvorhaben“, so der Steuerzahlerbund. „2,08 Millionen Euro wurden sprichwörtlich bereits im Klo versenkt.“
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Konsequenzen fordert der Verband beim Dauer-Ärgernis Umzug der Staatsanwaltschaft. Diese hätte mit ihren rund 600 Beschäftigten bereits 2022 in neue Räume an der Ludwig-Erhard-Straße ziehen sollen. Doch dieser Umzug ist bis heute nicht abgeschlossen, während schon rund zehn Millionen Euro an Miete bezahlt wurden. „Die völlig ungenügende Planung der Justizbehörde darf nicht folgenlos bleiben“, so der Steuerzahlerbund. Nötig seien „eine umfassende Untersuchung und konsequente Maßnahmen gegen Fehlverhalten“.
Steuerzahlerbund prangert „Verschwendungssucht des Senats“ an
Hamburg stehe zwar finanziell gut da, räumt der Verband ein. Das rechtfertige aber nicht „die Verschwendungssucht des Hamburger Senats“, für die die ausgewählten Fälle beispielhaft stehen. „Wir fragen uns einmal mehr, ob die Verantwortlichen ihre Entscheidungen ähnlich getroffen hätten, wenn es dabei um ihr eigenes Geld gegangen wäre“, so der Hamburger BdSt-Landesvorsitzende Sascha Mummenhoff. „Wer dem Staat Steuern schuldig bleibt, wird hart bestraft. Wer das Geld verschwendet, muss jedoch viel zu oft keine Konsequenzen tragen.“