Hamburg. Peter Tschentscher ist mit einer Delegation nun in Singapur. Hafenchef Meier: HPA-Mitarbeiter wehren Dutzende Hackerangriffe pro Tag ab.

Delegationsreisen sind anstrengend. Das weiß auch Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), der sich derzeit mit einer großen Gruppe von Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft auf Asienreise befindet. Nach mehreren Stationen in Südkorea ist sie in Singapur eingetroffen. Weil der Flieger nach Singapur Verspätung hatte, kam die Reisegruppe erst mitten in der Nacht im Hotel an.

Während ein Teil der Delegation sich am Morgen im Hotel etwas Zeit lassen konnte, musste Tschentscher gleich wieder loshetzen. Sein Erscheinen war bei der Unterzeichnung zweier Vereinbarungen erforderlich. Es ist nicht so, dass der Bürgermeister selbst zum Füllfederhalter greifen musste, er musste nur anwesend sein.

Peter Tschentscher will Automatisierung im Hamburger Hafen vorantreiben

Solche Unterzeichnungszeremonien laufen in Asien nämlich nach dem gleichen Prinzip ab: Man nehme ein großes Hotel, miete den hässlichsten Saal, richte ein paar Wimpel und Flaggen her und stelle den Bürgermeister sowie eine ebenso gewichtige politische Größe des Vereinbarungspartners daneben.

Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher in Singapur
Handschlag von Bürgermeister Peter Tschentscher mit Singapurs Staatsministerin Amy Khor. © Freie und Hansestadt Hamburg | Freie und Hansestadt Hamburg

So geschehen am Donnerstagmorgen im MOT Conference. Der Bürgermeister traf auf die Staatsministerin im Ministerium für Transport, Nachhaltigkeit und Umwelt Singapurs (MOT), Amy Khor. Sie begrüßten sich und schauten dann stumm zu, als der Geschäftsführer der Hamburg Port Authority, Jens Meier, und sein Pendant, Teo Eng Dih, von der Maritime Port Authority Singapur eine Absichtserklärung unterzeichneten.

Tschentscher muss zuschauen, wenn andere Unterschriften leisten

Dann mussten sie stehen bleiben, weil eine weitere Übereinkunft zwischen der Hamburger Gesellschaft zur Förderung von Start-ups der Logistikszene und einer vergleichbaren Initiative der Universität Singapur namens Pier 71 unterzeichnet wurde. Das Protokoll vermerkte anschließend, die Vereinbarungen seien im Beisein des Bürgermeisters unterschrieben worden.

„Das verleiht den Übereinkommen in den Augen Singapurs eine höhere Wertigkeit“, erklärte die Leiterin des Staatsamtes in der Hamburger Senatskanzlei anschließend. Und der Bürgermeister nahm es trotz des frühen Aufstehens gelassen: „Wir bezeugen damit unsere Unterstützung der Vereinbarungen. Es ist ja nicht nur wichtig, dass wir Experten haben, die Partnerschaften schließen, sondern die Politik die Vorhaben unterstützt. Es ist oft so, dass in Asien gefragt wird, ob denn auch der Staat zu den Projekten steht. Das tun wir mit unserem Beisein.“

Hamburg und Singapur wollen bei maritimen Start-ups kooperieren

Dabei sind die beiden Vereinbarungen durchaus bemerkenswert. So wird Hamburg in den kommenden zwei Jahren, jeweils für drei bis sechs Monate, zwei Start-up-Unternehmen der maritimen Szene aus Singapur aufnehmen und sie mit etablierten Konzernen der Branche zusammenbringen. Gleiches gilt umgekehrt. „Singapur hätte das gerne auch für einen längeren Zeitraum unterzeichnet. Aber wir müssen das ja auch finanzieren“, sagte der Geschäftsführer des Digital Hubs Logistics, Erik Petruschke.

Auch der Letter of Intent zwischen der HPA und der MPA Singapur hat konkrete Inhalte: Neben der Digitalisierung und der Dekarbonisierung wollen die beiden Hafenverwaltungen beim Schutz vor Cyberkriminalität enger zusammenarbeiten. „Das lief auch bisher schon sehr gut“, sagte Hafenchef Jens Meier. „Die MPA warnt uns, wenn sie Einbruchversuche in die Netze bemerken.“

50- bis 60-mal pro Tag müssen HPA-Mitarbeiter Hackerangriffe abwehren

Tausendfach komme das am Tag vor. In den meisten Fällen bemerke man das gar nicht, weil die Sicherheitssysteme der IT von selbst die Lücken schlössen. Aber 50 bis 60 Angriffe am Tag auf das Netz des Hamburger Hafens müssten durch Mitarbeiter abgewehrt werden.

Das betreffe nicht nur die HPA, sondern auch Kunden, sagte Meier. Die HPA hat bekanntlich bei der estnischen Werft Baltic Workboats zwei neue Polizeiboote in Auftrag gegeben. „Prompt bekamen wir von der Werft merkwürdige Rechnungen ausgestellt. Bis sich herausstellte, dass Trittbrettfahrer Millionenbeträge abzuzweigen versuchten“, so Meier.

Der Hafen von Singapur ist der zweitgrößte der Welt

Unterdessen rauschte Bürgermeister Tschentscher zu zwei Hafenbesuchen, dem Pasir Panjang und dem Tuas Mega Port. Beide werden von der Port of Singapur Authority betrieben. Der Hafen von Singapur ist der zweitgrößte der Welt. Er schlägt im Jahr etwa 39 Millionen Standardcontainer (TEU) um und will die Kapazitäten auf 60 Millionen TEU ausbauen.

Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher in Singapur
Zu Besuch im Hafen von Singapur: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (Mitte) in Begleitung unter anderem von Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (links). © Freie und Hansestadt Hamburg | Freie und Hansestadt Hamburg

Das verschlingt Milliardensummen, die der Staat bereithält. In Hamburg ist die Lage schwieriger, so Tschentscher: „Wir haben ein vergleichbares Bruttoinlandsprodukt wie Singapur. Nur muss Hamburg 80 Prozent seines Steueraufkommens an den Bund überweisen. Könnten wir die behalten, hätte Hamburg genauso viel Geld wie Singapur.“

Tschentscher will Automatisierung im Hamburger Hafen vorantreiben

Abstriche bei der Modernisierung des Hamburger Hafens will er aber nicht machen. Im Gegenteil hätten ihn die vielen Hafenbesuche auf seiner Asienreise darin bestärkt, die Digitalisierung und Automatisierung im Hamburger Hafen voranzutreiben.

„Ich bin davon überzeugt, dass es richtig ist, mit den geplanten Investitionen in die Automatisierung beispielsweise am Burchardkai weiterzumachen. Das erhöht die Performance und senkt die Kosten für die Reedereien. Das wiederum hilft unserer Wettbewerbsfähigkeit.“ Automatisierung finde überall auf der Welt statt. „Wer diesen Zug der Zeit verpasst, wird verlieren.“

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Wichtig sei für ihn aber die Erkenntnis, dass man genau überlegen müsse, wie man die Arbeit organisiert, betonte Tschentscher. „Wenn junge Leute aus der Gamesbranche jetzt plötzlich mit Joysticks Containerterminals steuern sollen, muss ein Bewusstsein dafür da sein, dass es nicht um ein Spiel geht, sondern echte physikalische Kräfte wirken.“ Auch über die Frage, wie man geeignetes Personal findet, habe er mit den Hafenexperten sprechen können.