Hamburg. Hinter den Kulissen des Airbus-Werks: Mit moderner Technik lassen sich Flugzeugkabinen detailliert vorplanen. Passagiere spüren das später beim Flug.
- Airbus setzt bei Innenausstattung auf die Hilfe modernster Technik
- Mit VR lassen sich die Kabinen in den Fliegern bis ins Detail vorplanen
- Was für das Passagierempfinden wichtig ist und wie Licht dabei eine große Rolle spielen kann
Der Blick durch diese Brillen zeigt dem Betrachter sein Flugzeug der Zukunft. Man fühlt sich versetzt in die Kabine des neuen Jets, geht durch den Gang nach hinten, sieht links und rechts die Sitzreihen und darüber die Handgepäckfächer. Auch die Perspektive ist wählbar: Wie sieht es ein Kind aus seiner Sicht? Und wie ein Zwei-Meter-Riese? Schließlich gelangt man zu den Waschräumen – dabei hat man selbst seine Position gar nicht verändert und steht nach wie vor in einem normalen Konferenzraum.
Um die Kunden bei der Auswahl ihrer neuen Inneneinrichtung bestmöglich zu beraten, setzt Airbus im Hamburger Kabinendefinitionszentrum (CDC) auf Virtual Reality (virtuelle Realität) und den Mitarbeitern der Fluglinien oder Flugzeugfinanzierer Virtual-Reality-Brillen auf.
Airbus mit VR-Brillen: Wie Airlines Sitze, Küchen und WCs aussuchen
„Der Kunde kann sich in seine zukünftige Kabine besser hineinversetzen, sie wird dadurch deutlich erlebbarer“, sagt Alexander Jürs, der als Manager Customer Service und Communication im CDC arbeitet. „Die Kunden können bei uns alles ansehen und testen, was die Kabine ausmacht: Sitze, Küchen, Toiletten, Seitenverkleidungen, Decken, Fußböden, Vorhänge, Handgepäckfächer, Licht und noch vieles mehr.“
Die ausgewählten Objekte werden ins System eingespeist und anschließend virtuell dargestellt. So erhält der Kunde auf seinem virtuellen Weg durch den Flieger einen ersten Eindruck, wie sein A321 künftig aussehen wird.
Auch für den A380 kann die Kabine mit VR-Brillen ausgesucht werden
Die Anwendung ist auf alle Flugzeugprogramme anwendbar – ob wie im Beispiel auf die A320-Familie, auf die in Nordamerika gebaute A220-Reihe oder auf die Großraumflugzeuge A330, A350 und sogar A380. Zwar wurde das größte Passagierflugzeug der Welt Ende 2021 letztmals ausgeliefert und die Produktion eingestellt. Fliegen soll der A380 aber noch viele Jahre, da könnte so manche Airline die Kabine noch mal erneuern wollen.
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Die Airline-Vertreter halten sich über einen längeren Zeitraum auf Finkenwerder auf. „Im CDC wird die Kabinendefinition von Großraumjets über mehrere Monate begleitet, bei den Single-Aisle-Fliegern kann man da von Wochen sprechen“, sagt Jürs. Single-Aisle-Maschinen sind Flugzeuge, die einen Mittelgang haben und nicht wie die Großraumjets zwei Gänge. Dazu zählen die A320- und A220-Familie.
Airbus – das Hamburger Kabinendefinitionszentrum ist im Konzern einzigartig
Am 7. April 2014 eröffnete das CDC auf Finkenwerder, das konzernweit einzigartig ist. Bereits zwei Jahre später wurde es erweitert. Mittlerweile erstreckt es sich über 10.000 Quadratmeter in Halle 3, einem der ältesten Gebäude auf dem Betriebsgelände.
Die Kunden können sich dort aus der virtuellen Umgebung auch in die Realität begeben. Es gibt Kabinennachbauten der einzelnen Flugzeugtypen, die mit den vorab ausgewählten Produkten bestückt werden können. Seitenverkleidungen, Decken, Handgepäckfächer und Sitze können dort installiert werden.
Kommt man gut um die Ecke? Einige Airlines bringen eigene Trolleys mit
Auch Türzonen werden nachgestellt. Manche Airline bringt ihren eigenen Trolley für Speisen und Getränke mit und prüft, ob sie bei bestimmten Konfigurationen gut aus der Küche und durch die Gänge kommt.
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Die Zahl der Sitze, die die Fluggesellschaften zur Auswahl haben, sei nicht zu beziffern, sagt Jürs. Häufig gibt es vom Hersteller ein Basismodell, das individuell ausgestaltet werden kann: mit oder ohne runterklappbarem Tisch, mit oder ohne Haken für die Jacke, mit oder ohne Bordunterhaltungssystem. Denn bei manchen Fluglinien sollen die Passagiere ihr eigenes Mobilgerät nutzen und können während des Flugs über eine Wifi-Verbindung Inhalte der Airline verfolgen.
Für bequemes Sitzen der Passagiere sind Abstand, Sitzbreite und Konstruktion wichtig
Entscheidend für das Wohlgefühl sei übrigens nicht nur der Abstand zwischen den Sitzen. Auch die Sitzbreite trägt dazu viel bei, weil der Fluggast auf einem breiteren Sitz sich quer setzen kann und dadurch mehr Freiheit gewinnt. Zudem gilt die Konstruktion der Sitze als wichtig.
Letztlich trägt auch die Beleuchtung viel zum Passagierempfinden an Bord bei. Insbesondere bei Langstreckenflügen kann ein angepasstes Lichtszenario helfen, den Jetlag um drei bis vier Stunden zu reduzieren. Generell wirkt blaues Licht aktivierend, die Passagiere werden wach und setzen weniger Schlafhormon Melatonin frei. Rotes Licht wirkt hingegen deaktivierend. 16,7 Millionen Farben stehen bei Airbus zur Auswahl. Die sollte man sich aber unbedingt in der Realität und nicht nur in der Virtualität ansehen.