Hamburg. Dänische Stadt Aarhus verhandelt mit Schweizer Reederei über neues Umschlagterminal. Warum Konkurrent Maersk sogar schon klagt.

Zehn Jahre lang beherrschten sie gemeinsam die Weltmeere: Als die Reedereien MSC und Maersk 2015 beschlossen, ihre Schifffahrtslinien in einer gemeinsamen Allianz zu bedienen, war jedem Wettbewerber klar, dass er an diesen beiden Giganten nicht mehr vorbeikommt. Denn die Schweizer Reederei MSC und die dänische Maersk sind die Nummer eins und zwei der weltweiten Containerreedereien und haben gemeinsam einen Marktanteil von 35 Prozent.

Doch die Reederei-Ehe war keine glückliche – und so beschlossen MSC und Maersk ihre „2M“ genannte Schifffahrtsallianz nicht fortzusetzen. Ab 2025 will Maersk nun mit der Hamburger Reederei Hapag-Lloyd eine Kooperation eingehen. Die Reederei MSC, hinter der der italienische Eigentümer und Gründer Gianluigi Aponte steht, will vorerst alleine weitermachen – wenn auch in Form kleinerer Partnerschaften mit anderen Reedereien für einzelne Dienste.

Jetzt steigt MSC auch im Hamburger Nachbarhafen ein

Doch noch bevor die zwei Schwergewichte des Schifffahrtsgeschäfts ihre Kooperation offiziell beendet haben, gibt es eine handfeste Auseinandersetzung zwischen den beiden, die mittelbar den Hamburger Hafen betrifft. Denn kaum hat die Hamburgische Bürgerschaft für MSC den Weg frei gemacht, beim Hamburger Hafenkonzern HHLA einzusteigen, greifen die Schweizer nach dem nächsten Hafen – keine 300 Kilometer von Hamburg entfernt.

MSC will ein Umschlagterminal im dänischen Aarhus errichten. Dabei handelt es sich nach allgemeinem Verständnis um keinen großen Hafen. Für den dänischen Seehandel ist er aber der größte und so gilt diesem Hafen ein besonderes Augenmerk. Auch aus Hamburger Sicht. Denn dem Vernehmen nach soll MSC der Stadt Aarhus das gleiche Versprechen gemacht haben wie Hamburg, nämlich eine Million Standardcontainer an zusätzlicher Ladung zu bringen.

MSC kommt Maersk offensichtlich in die Quere

Mit dieser Idee kommt MSC aber Maersk in die Quere. Denn der Hafen von Aarhus ist fest in der Hand der dänischen Reederei mit Hauptsitz an den Esplanaden in Kopenhagen – unweit der berühmten „Kleinen Meerjungfrau“. Bei Maersk fragt man sich, woher MSC die versprochene Ladung nehmen will, wenn das Gerücht denn wirklich stimmt. Denn das Maersk-Terminal in Aarhus, das Maersk über seine Terminaltochter APM betreibt, hat selbst nur eine Kapazität von jährlich einer Million TEU, und das Unternehmen schöpft diese nicht mal aus. Stattdessen kämpft Maersk sogar mit sinkenden Mengen.

Bei Maersk im Hafen von Aarhus wird ein Schiff abgefertigt.
Bei Maersk im Hafen von Aarhus wird ein Schiff abgefertigt. © imago/Ritzau Scanpix | imago stock

Nicht zuletzt aus diesem Grund waren die Terminal-Öffnungszeiten zuletzt eingeschränkt. Das gefällt der Stadt Aarhus nicht, die selbstverständlich ein Interesse daran hat, ihren Hafen zu beleben. Da käme ihr ein zweiter Terminalbetreiber mit MSC also gerade recht. Der neue Umschlagplatz soll auf einer bisher ungenutzten Fläche entstehen. Eigentlich genau gegenüber des Maersk-Terrminals.

Maersk klagt gegen Stadt Aarhus wegen MSC

Wie weit die Verhandlungen zwischen der Stadt Aarhus und MSC gediehen sind, dazu gibt es keine Informationen. Weder die Stadt noch MSC wollten auf Anfrage des Abendblatts darauf eine Antwort geben. „Wir möchten uns nicht zu den geschäftlichen Gesprächen mit unseren derzeitigen und potenziellen Kunden äußern“, sagte ein Sprecher des Hafens. Ganz anders verhält es sich bei Maersk. Das Unternehmen klagt sogar gegen Aarhus, wie eine Sprecherin dem Abendblatt bestätigte.

„Wir bestätigen, dass Maersk rechtliche Schritte eingeleitet hat, um das Verfahren bezüglich des künftigen Betreiberstatus des Hafens von Aarhus zu klären“, heißt es aus dem Hause A.P. Møller-Maersk. Hintergrund ist eine nicht rechtsverbindliche Vereinbarung aus dem Jahr 2020, wonach Maersk im Falle eines Ausbaus des Hafenterminals ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden müsste.

Maersk nennt das Vorgehen unanständig

Dass Aarhus jetzt möglicherweise hinter dem Rücken von Maersk mit MSC verhandelt, stößt der Reederei aus Kopenhagen übel auf. „Das Verfahren scheint im Widerspruch zu den wichtigsten Grundsätzen der guten Regierungsführung zu stehen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass in der öffentlichen Verwaltung Transparenz und Anstand herrschen. Maersk hat immer wieder versucht, mit dem Hafen von Aarhus einen Dialog darüber zu führen, aber leider ist dies trotz wiederholter Versuche nicht gelungen, und deshalb haben wir uns nun entschlossen, vor Gericht zu gehen, um eine Klärung des Verfahrens zu erreichen“, sagt Caroline Pontoppidan, geschäftsführende Vizepräsidentin von A.P. Møller-Maersk.

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Maersk erwägt sogar, eine bereits zugesagte Investition über umgerechnet 270 Millionen Euro zurückzuziehen, sollte ein zweites Terminal genehmigt werden.

In Hamburger Schifffahrtskreisen beobachtet man den Streit mit Argusaugen. Nicht zuletzt, weil er quasi im Vorgarten des Hamburger Hafens stattfindet. „Es besteht für mich auch Unsicherheit darüber, ob MSC seine zugesagte Mengensteigerung auf eine Million TEU in Hamburg leisten kann, wenn die Reederei auch noch in Aarhus einsteigt“, sagt ein Branchenkenner dem Abendblatt.