Hamburg. Die Bürgerschaft hat dem Teilverkauf des Hafenkonzerns zugestimmt. Ein guter Deal? Erinnerungen an die Elbvertiefung werden wach.

Manche politischen Entscheidungen lassen Regierungsvertreter mit einem flauen Gefühl im Magen zurück. Die Elbvertiefung war so ein Beispiel. Die Diskussion über Für und Wider hatte Jahre gedauert, und als es schließlich in die parlamentarische Abstimmung ging, blieben Befürworter und Gegner nicht ohne Zweifel zurück

Das liegt daran, dass viel auf dem Spiel stand. Wer der Elbvertiefung seine Zustimmung verweigerte, musste befürchten, den Abstieg des Hamburger Hafens zu beschleunigen und Arbeitsplätze zu gefährden. Wer für das umfangreiche Baggerprojekt stimmte, riskierte Schäden am Lebensraum Elbe, von denen keiner genau wusste, wie weitreichend diese sein werden.

MSC Einstieg bei der HHLA: Ein Deal, der Gefahren in sich trägt

Die Entscheidung, ob man der weltgrößten Reederei MSC bis zu 49,9 Prozent des Hafenkonzerns HHLA überlässt, ist mit ähnlichen Risiken behaftet. Denn eines ist nach monatelanger Debatte klar: Letzte Zweifel an dem Deal sind mitnichten ausgeräumt worden. Selbst wenn die Fraktionschefs von SPD und Grünen anderes behaupten mögen.

Natürlich knüpfen sich viele Hoffnungen an das, was Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard und Finanzsenator Andreas Dressel im Auftrag von Bürgermeister Peter Tschentscher (alle SPD) mit der Schweizer Reederei ausgehandelt haben. Der HHLA ist es trotz eines kräftigen Ausbaus der Hinterlandverbindungen und eines wenn auch vorsichtigen Expansionskurses über die Jahre nicht gelungen, den Ladungsverlust im Hamburger Hafen zu stoppen.

Viele Hoffnungen knüpfen sich an den Deal

Nachdem der durchaus mit Wohlwollen begleitete Versuch, die Containergeschäfte von HHLA und Konkurrent Eurogate zusammenzulegen, gescheitert war, sah es zunächst so aus, als wäre die weitere Erosion nicht aufzuhalten. Auch der Einstieg der Rederei Hapag-Lloyd scheiterte, weil man sich nicht über die Höhe der Beteiligung einigen konnte.

Insofern verbinden sich mit dem Deal viele Hoffnungen, dass der Knoten im Hafen endlich platzt, MSC für größere Ladungsmengen sorgt und der in seiner Bedeutung stagnierende Hamburger Hafen zu neuen Höhenflügen ansetzen kann. Denn darüber sind sich alle einig, denen der Hafen am Herzen liegt: So, wie es zuletzt lief, hätte es nicht weitergehen können.

Stadt und MSC haben unterschiedliche Ziele

Auf der anderen Seite ist der MSC-Deal schon in seiner Grundlage anfällig und mit großen Unsicherheiten behaftet. Die Ziele, die die Reederei und der Hamburger Senat mit dem Geschäft verfolgen, sind nicht deckungsgleich. MSC liegt die eigene Geschäftsentwicklung näher als das Wohl des Hamburger Hafens. Was passiert, wenn die Partner Geld nachschießen müssen? Knifflig wird es immer dann, wenn Stadt und Reederei in Punkten, die die HHLA betreffen, unterschiedlicher Meinung sind. Denn die Vereinbarung der beiden Partner sieht vor, dass wichtige Entscheidungen bezüglich des Hafenkonzerns einvernehmlich zu treffen sind.

Unglücklich ist auch, dass man über den neuen Partner so wenig weiß. Das Unternehmen besitzt nicht die Transparenz eines Börsenkonzerns. Zahlen gibt MSC nur sporadisch heraus, und zur strategischen Ausrichtung der Reederei ist auch nur eines gesichert: Sie will weltweit auf den Weltmeeren die Nummer eins sein, was ihr im Containergeschäft bereits gelungen ist.

Risiken für Tschentscher, Leonhard und Dressel

So wird erst die Zeit erweisen, ob der Zusammenschluss ein Segen für den Hamburger Hafen wird. Doch nicht nur für den Hafen, auch für die politischen Hauptakteure ist der Deal mit Risiken verbunden. Tschentscher, Leonhard und Dressel haben so viel politisches Gewicht in die Waagschale geworfen, dass ein Schiffbruch in diesem Punkt nicht ohne Auswirkungen auf ihre Karrieren bleiben dürfte.

Insbesondere Leonhard, der Ambitionen nachgesagt werden, Tschentscher eines Tages als Bürgermeisterin zu beerben, könnte ein Scheitern des Deals zum Verhängnis werden. Dafür würden die vielen Kritiker, die das Geschäft mit der Reederei weiterhin hat, sicherlich sorgen.

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Die Frage, ob die Elbvertiefung ein Erfolg war, ist übrigens noch immer nicht entschieden. Obgleich die größeren Tiefgänge für Schiffe nach Abschluss der Baggerarbeiten Anfang 2022 freigegeben worden waren, ruderten die Behörden nur wenige Wochen später wieder zurück. Erst war Sediment in die Fahrrinne nachgerutscht, dann fand man Granaten aus dem Zweiten Weltkrieg. Und die Auswirkungen für Tier- und Pflanzenwelt zeigen sich erst nach und nach.

Im Sinne des Hafens bleibt zu wünschen, dass dem MSC-Deal mehr Fortune beschieden ist.