Hamburg. Reisen werden abgekürzt oder umgeleitet. Passagiere hängen zum Teil seit Tagen an Bord fest. Welche Gefahren der Elbschifffahrt drohen.
Das gewaltige Hochwasser in Osteuropa bringt nicht nur Brücken und Dämme zu Fall, sondern wirbelt auch die Fahrpläne vieler Flusskreuzfahrten durcheinander. Zahlreiche Flussabschnitte auf Moldau, Donau und Elbe sind streckenweise gesperrt. Schiffe werden in sichere Häfen geleitet, in denen sie um einen Liegeplatz kämpfen müssen. Besonders schlimm ist die Situation in Wien und Budapest.
Das trifft beispielsweise die „Lady Cristina“ des Hamburger Anbieters Plantours. Das 110 Meter lange Schiff bietet Rundreisen von Passau zum Donaudelta an und ist mit seiner Kapazität von 144 Passagieren auf dem Rückweg in Budapest gestrandet. Eigentlich werde die „Lady Cristina“ am kommenden Donnerstag in Passau erwartet. „Das wird sie nicht schaffen. Plantours wird die Passagiere mit Bussen nach Passau zurückbringen, mit zusätzlichem Programm und einer Übernachtung in Linz“, sagte ein Sprecher.
Hochwasser: Zahlreiche Kreuzfahrtschiffe liegen fest
Gleiches gelte für die neuen Gäste. „Diese werden von Passau mit einer Zwischenübernachtung in Linz nach Budapest gebracht und dort an Bord gehen.“
Nicht in Budapest, aber in Wien liegen die Schiffe der Rostocker Reederei A-Rosa fest. Der Gästewechsel auf der Donau habe in der vergangenen Woche noch planmäßig durchgeführt werden können, sagte ein Reedereisprecher. Aufgrund der starken Regenfälle seien dann die Pegelstände der Donau angestiegen, was zu einer Sperrung der österreichischen Streckenabschnitte bis zur slowakischen Grenze für die Schifffahrt durch die örtlichen Behörden führte.
„Da die Sicherheit und das Wohlergehen aller Gäste und Crew-Mitglieder jederzeit oberste Priorität haben, hat A-Rosa vorausschauend reagiert und alle fünf Donau-Schiffe mit ihren Gästen nach Wien verlegt. Hier ist für die Gäste der Landgang jederzeit möglich. In Wien warten die Schiffe derzeit ab und werden voraussichtlich Mitte der Woche die Reiseroute fortsetzen können“, heißt es.
A-Rosa hofft auf Rückkehr zum Fahrplan kommende Woche
Und weiter: „Derzeitige Wettermodelle prognostizieren ein Abschwächen der Regenfälle sowie keine weiteren Niederschläge in den kommenden zwei Wochen, sodass das Wasser der Donau zeitnah abfließen kann und sich die Pegelstände kurzfristig normalisieren werden. Somit ist davon auszugehen, dass die kommenden Reisen wie geplant durchgeführt werden können.“
Allen Gästen, deren Reise wegen der aktuellen Situation nur eingeschränkt stattfinden kann, werde an Bord ein „attraktives Kompensationsangebot“ unterbreitet, teilte die Reederei mit, ohne zu erklären, wie die Kompensation genau aussieht.
Nicko Cruises bietet vorzeitige Heimreise an
Eine vorzeitige Heimreise hat die Stuttgarter Reederei Nicko Cruises den Gästen ihres Flusskreuzfahrtschiffes „nickoVISION“ angeboten. Das Kreuzfahrtschiff wurde am Montag in Passau erwartet, liegt aber seit Sonnabend in Komárom in Ungarn an der Grenze zur Slowakei. Weil das Hochwasser die Weiterfahrt nicht zuließ, entschied sich Nicko Cruises bereits am Sonntag für die Ausschiffung der Gäste. Sie wurden per Bus nach Passau gefahren und konnten sich dort am Sonntag entweder für die Heimreise oder für eine Hotelübernachtung auf Kosten von Nicko Cruises bis zum ursprünglich geplanten Reiseende am gestrigen Montag entscheiden.
Solange die Passagiere das Schiff noch verlassen können, ist die Lage weniger dramatisch. Die Gäste des Schiffes „Thurgau Prestige“ haben dieses Glück allerdings nicht. Deren Schiff liegt an einem Anleger in Wien, der nun seinerseits vom Hochwasser überspült ist, sodass niemand von Bord gehen kann. In Pöchlarn (Oberösterreich) hatten sie am Freitag das Schiff bestiegen. „Nach Rücksprache und positiver Lagebeurteilung durch Experten“ sei das Schiff dann losgefahren. Aber schon am Tag darauf war Schluss: Die österreichischen Behörden wiesen dem Schiff durch den Hafenmeister eine sichere Anlegestelle in Wien zu, um den Scheitelpunkt des Hochwassers abzuwarten.
102 Passagiere kommen seit Tagen nicht von Bord ihres Schiffes
Nur leider wurde die Anlegestelle aufgrund des Pegelstands vollständig überspült. Die 102 Gäste inklusive Reisebegleitung sowie die 40 Mitglieder der Crew sitzen seitdem fest. Es gehe ihnen gut, teilte Thurgau Travel mit. „Die Verpflegung aller an Bord ist vollumfänglich sichergestellt. Thurgau Travel bemüht sich, die Situation für die Passagiere so angenehm wie möglich zu gestalten“, erklärte Geschäftsführer Daniel Pauli-Kaufmann. Für die Gäste sei ein alternatives Tagesprogramm gestaltet: Eine Tombola und ein Vortrag stünden auf dem Programm.
Thurgau Travel sei es wichtig, den Passagieren Komfort und ein schönes Reiseerlebnis zu bieten, so der Geschäftsführer der Reederei. Oberste Priorität habe aber in jeder Situation die Sicherheit. Thurgau Travel sei laufend mit den Behörden in Kontakt. Ein Mitglied der Geschäftsleitung befinde sich zudem seit Sonntag in Wien, um die Kommunikation zu koordinieren. „Wann das Schiff weiterfahren kann oder wann eine Ausschiffung der Passagiere möglich ist, entscheiden die österreichischen Behörden.“ Die Kapitäne und die nautische Crew stünden bereit, jederzeit auf die Vorgaben zu reagieren, sei es die Freigabe zur Weiterfahrt oder auch die Aufforderung, die Gäste auszuschiffen..
Die Schifffahrt in Dresden ist gesperrt
Trotz nachlassender Regenfälle gab es auch am Dienstag in den Hochwasser-Gebieten in Mittel- und Osteuropa weiter keine Entwarnung. Die Scheitelwelle der Donau erreichte zunächst Bratislava. In Wien wird frühestens am Dienstag mit einer Entspannung der Lage gerechnet.
Unterdessen bereiten sich viele Gemeinden an Elbe und Oder auf das Hochwasser vor, das dort zum Wochenende hin erwartet wird. Außer in Dresden, wo die Elbe bereits wegen der eingestürzten Carolabrücke gesperrt ist, ist die Schifffahrt dort noch freigegeben. In Lauenburg wird mit dem Hochwasser erst am Anfang der kommenden Woche gerechnet.
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Dennoch machen sich Schifffahrtsbetriebe derzeit schon Gedanken. „Die Situation für die Schifffahrt ist ohnehin schon erschwert“, sagt Heiko Buhr, Geschäftsführer der Bergedorfer Schifffahrtslinie, der Ausflugsfahrten – auch Flussreisen – anbietet. So ist vom 26. September an eine siebentägige Reise nach Berlin vorgesehen. Seit dem Hochwasser im Frühjahr kämpfe die Branche bereits mit geringen Tiefgängen, weil Elbsedimente aus den Buhnen ins Fahrwasser gespült worden seien.
„Wenn jetzt ein neues Hochwasser kommt, kann sich die Situation verschärfen“, so Buhr. Er fürchtet zudem, dass es über das Hochwasser hinaus zu Sperrungen kommen könne. „Das hat sich 2002 gezeigt. Damals war auch noch nach der großen Welle sehr viel Treibgut im Wasser.“
Keine leichten Zeiten für die Flusskreuzfahrtbranche.