Hamburg. Immer häufiger schweben Drohnen über private Grundstücke. Doch es gibt Regeln für die Piloten. Wenn sie dagegen verstoßen, drohen Strafen.
Zunächst ist nur ein ungewohntes Geräusch zu hören. Ein Surren dringt plötzlich in die Ohren. Der Blick löst sich vom Monitor auf dem Schreibtisch, geht durchs Fenster nach draußen – und erfasst den ungebetenen Gast. Big Brother is watching you. Eine kleine Drohne steht mit rund zwei Metern Distanz in der Luft und „schaut“ einem im Arbeitszimmer gefühlt direkt in die Augen.
Wenige Sekunden später dreht sie ab und fliegt über dem eigenen Grundstück und denen der Nachbarn ihre Runden. Mehrere Minuten lang. Ob sie dabei eine Kamera an Bord hat und Aufnahmen macht, ist nicht zu erkennen. Dann sirrt sie in größerer Höhe davon und entschwindet aus den Augen.
Drohnen über Hamburger Privatgrundstücken – was Hausbewohner tun können
Aber darf die Drohne überhaupt ungefragt fremde Grundstücke überfliegen? Welche Gesetze müssen die Piloten beachten? Und was droht ihnen bei Verstößen? Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.
Darf eine Drohne ohne Erlaubnis über einem Privatgrundstück fliegen?
Ohne Weiteres sei dies nicht möglich, teilte die für Luftfahrt zuständige Hamburger Wirtschaftsbehörde mit: „Eine Drohne darf nur in großer Höhe über ein Privatgrundstück fliegen – und nur dann, wenn es außerhalb der Kontrollzone des Flughafens liegt. Weite Teile Hamburgs sind allerdings davon erfasst.“
Wenn das Drohnengerät weniger als 250 Gramm wiegt und keine Kamera an Bord trägt, sei der Flug über Wohngrundstücke zwar erlaubt, aber nur in einer Flughöhe von mindestens 100 Metern. Alternativ müsse die Erlaubnis der zuständigen Behörde für den Überflug eingeholt werden.
Drohnen müssen zu Krankenhäusern, Gleisen und Bundesstraßen Abstand wahren
Laut Luftverkehrsordnung gibt es seitliche Abstandsregelungen zu einer Vielzahl von Einrichtungen. Beispielsweise müssen zu Krankenhäusern, Bahngleisen, Bundesfern- und Bundeswasserstraßen, Industrieanlagen, Justizvollzugsanstalten und Energieverteilstellen mindestens 100 Meter seitliche Distanz gewahrt werden.
In Hamburg gibt es wegen des internationalen Verkehrsflughafens in Fuhlsbüttel noch eine Sonderregelung. Bei Flügen in mehr als 50 Meter Höhe in der Kontrollzone des Flughafens sei eine Freigabe dafür von der Deutschen Flugsicherung erforderlich, so die Wirtschaftsbehörde. Liegt diese nicht vor, sei ein Überflug des Wohngrundstücks ohne die Zustimmung des Grundstückseigentümers oder ohne die Erlaubnis der Landesluftfahrtbehörde nicht möglich.
Welche Gesetze müssen Drohnenpiloten beachten?
Zunächst verweist die Behörde auf Paragraf 201a des Strafgesetzbuches. Dabei geht es um die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen.
Wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, kann demnach mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden.
Drohnenpiloten können aber auch wegen Ordnungswidrigkeiten belangt werden, zum Beispiel wenn sie ohne Erlaubnis einen Luftraum nutzen, eine Sicherheitsmindesthöhe unterschreiten, eine notwendige Flugfreigabe nicht einholen oder unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol stehen. Verstöße gegen die Regeln zum Betrieb von Drohnen könnten mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro geahndet werden, so die Wirtschaftsbehörde.
Muss jeder Drohnenpilot einen Führerschein für die Fluggeräte haben?
Im Grundsatz ja, so die Wirtschaftsbehörde. Für den Betrieb aller Drohnen sei ein Kenntnisnachweis („Drohnen-Führerschein“) erforderlich. Dabei werde dem Drohnenpiloten insbesondere vermittelt, unter welchen rechtlichen Bedingungen er fliegen darf.
Es gibt aber Ausnahmen – wie zum Beispiel für die kleinen Drohnen mit einer Abflugmasse von weniger als 250 Gramm. Für diese wie auch für Spielzeugdrohnen sei ein Kenntnisnachweis nicht verpflichtend. Aber dennoch werde er vom Luftfahrt-Bundesamt empfohlen, auf dessen Internetseiten verschiedene Schulungsvideos und -inhalte abrufbar sind.
Muss jede Drohne eine Kennung haben?
Auch diese Frage bejaht die Wirtschaftsbehörde unter zwei Bedingungen: Erstens, wenn die Drohne eine Abflugmasse von 250 Gramm oder mehr hat. Und zweitens, wenn die Drohne eine Kamera trägt – auch wenn sie weniger als 250 Gramm wiegt. Dann muss sich der Betreiber eines Unbemannten Luftfahrtsystems (Unmanned Aircraft Systems, UAS) beim Luftfahrt-Bundesamt registrieren.
Die Gebühr dafür liegt für natürliche Personen bei 20 Euro, für juristische Personen wie Unternehmen oder Vereine bei 50 Euro. Die Nummer der Betreiberregistrierung ist auf der Drohne sichtbar anzubringen.
Kann man erkennen, ob eine Drohne eine Kamera an Bord hat?
Für die Grundstücksbesitzer dürfte dies die entscheidende Frage sein. Denn wenn die Nachbarskinder nur mit ihrem Spielzeug Spaß haben möchten und dabei mal die Grenze überfliegen, dürften wohl die wenigsten etwas dagegen haben. Wenn hingegen Fotos oder Videos von Haus und Hof, Hund und Mensch gemacht werden, könnte der Spaß für viele schnell aufhören – und das ist das Problem an der heutigen, fortgeschrittenen und filigranen Kameratechnik.
Ob eine Kamera an Bord sei, könne man nicht erkennen, so die Wirtschaftsbehörde. Die im Handel erhältlichen Drohnen könnten nur wenige Zentimeter groß sein oder einige Meter. Je größer sie seien, desto eher lasse sich erkennen, ob zum Beispiel eine Kamera mitgeführt werde. Denn gerade für hochauflösende Bilder sei oft eine größere und damit leichter erkennbare Kameratechnik erforderlich.
Dennoch sei nicht immer klar zu erkennen, ob eine Aufzeichnung der Bilder erfolge oder ob die Bilder nur als Video-Stream zum Steuerer übertragen werden, der diese dann für die Flugsteuerung nutzt.
Gibt es für größere Drohnen andere Regelungen?
Ja, so die Wirtschaftsbehörde. Die Regelungen für den Drohnenbetrieb seien risikobasiert aufgebaut. Je größer das mögliche Risiko beim Betrieb von Drohnen ist, desto höher seien die Auflagen. Der Betrieb kleinerer und leichterer Drohnen ohne anzunehmende Gefahr für Unbeteiligte ist genehmigungsfrei in der sogenannten „Offenen Kategorie“ der Durchführungsverordnung möglich – diese umfasst sieben Klassen von C0 bis C6.
Für diese Klassen gebe es unterschiedliche Herstellungsvorschriften, Anforderungen an die Fernpiloten und unterschiedliche Mindestabstände zu Unbeteiligten. Schwerere Drohnen oder geringerer Abstand zu unbeteiligten Personen erfordert mehr Sicherheitsmaßnahmen und eine Betriebsgenehmigung der zuständigen Luftfahrtbehörde in der „Speziellen Kategorie“ der Verordnung.
Was kann ein Bewohner tun, wenn eine Drohne über sein Grundstück fliegt?
Zunächst sollte er sich auf die Spur machen, um den Steuerer der Drohne zu finden, rät die Wirtschaftsbehörde. Ist dieser ausfindig gemacht, sollte man mit ihm reden, ob sich der Pilot des Fluggeräts an den gültigen Rechtsrahmen hält. „Wenn Drohnenüberflüge das Recht am eigenen Bild oder die Privatsphäre verletzen, sind sie nicht statthaft“, heißt es.
Solche Verstöße könnten bei den Strafverfolgungsbehörden, wie andere Verstöße auch, zur Anzeige gebracht und gegebenenfalls verfolgt werden. Hilfreich ist es dabei, Beweise zu sammeln, in Form von Videos oder zumindest Fotos des Drohnenflugs. Denn bis die alarmierte Polizei anrückt, kann der Drohnen-Operator längst über alle Berge sein.
Mann schießt Drohne mit Luftgewehr ab – so urteilt das Gericht
Schlagzeilen machte ein Urteil aus dem Jahr 2019. Ein Mann hatte eine über seinem Grundstück schwebende Drohne mit einem Luftgewehr abgeschossen. Das Amtsgericht Riesa sprach ihn vom Vorwurf der Sachbeschädigung frei. Der Mann hatte argumentiert, dass die Drohne seine beiden kleinen Töchter verängstigt und seine Frau verfolgt habe.
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Das Gericht hielt den Abschuss daher für gerechtfertigt. Der Grund: Er habe davon ausgehen können, dass die Drohne Aufnahmen von seiner Familie machte und damit Paragraf 201a des Strafgesetzbuches verletzt wird.
Drohnen über Privatgrundstücken: reden hilft!
Der Drohnenbesitzer – wie sich herausstellte, war es der Nachbar, der wegen hoher Hecken allerdings nicht gesehen werden konnte – blieb auf dem Schaden von 1500 Euro sitzen. Ob der Luftgewehrschütze seinen Nachbarn wegen der Verletzung der Privatsphäre angezeigt hatte, ist nicht überliefert.
Aber gerade unter Nachbarn sollte wohl ein anderes Mittel erste Wahl sein, wenn man den Piloten der Drohnen gefunden hat: miteinander reden!