Hamburg. Nach Feuer an einem Antrieb: Europäische Flugaufsichtsbehörde ordnet Inspektionen für einen Großteil der Rolls-Royce-Triebwerke an.
Nachdem Airbus vor rund drei Jahren die Produktion des A380 eingestellt hat, ist der A350 in der langen 1000-Version für mehr als 400 Passagiere das neue Flaggschiff des Konzerns. 86 Flieger des Typs sind derzeit in den Flotten weltweit unterwegs. Aber nun gibt es ein Problem mit den Triebwerken des Herstellers Rolls-Royce vom Typ Trent XWB-97.
Die Europäische Flugsicherheitsbehörde EASA hat eine sogenannte Lufttüchtigkeitsanweisung für die Flugzeuge veröffentlicht. Sie müssen – je nach der individuellen Vorgeschichte der Antriebe wie zum Beispiel der Anzahl der geleisteten Flugstunden – in den nächsten drei bis 30 Tagen inspiziert werden. Der Grund: Es besteht Brandgefahr.
Behörde greift ein: Brandgefahr – Airbus-Flaggschiff A350 kämpft mit Motorenproblem
Am 1. September war es auf einem Flug von Cathay Pacific von Hongkong nach Zürich zu so einem Vorfall gekommen. Kurz nach dem Start fing ein XWB-97-Triebwerk im Steigflug Feuer. Der betroffene Motor sei ausgeschaltet, der Brand umgehend entdeckt und gelöscht worden sowie der A350-1000 sicher nach Hongkong zurückgekehrt, so die EASA.
Laut EASA hat es Hitzeschäden an der Außen- und Innenseite der Triebwerksgondel gegeben. Zwar laufe die Suche nach der genauen Ursache weiter. Aber bei Untersuchungen habe man bereits festgestellt, dass ein flexibles Kraftstoffverteilerrohr beschädigt gewesen sei. Dies habe zu dem vorübergehenden Triebwerksbrand geführt.
Großteil der Airbus-Jets vom Typ A350-1000 muss zur Inspektion
Wenn dieser Zustand nicht erkannt und behoben werde, könne es in Verbindung mit weiteren Fehlern zu einem schwereren Triebwerksbrand kommen, sodass Schäden am 74 Meter langen Flugzeug entstünden, hieß es in der Lufttüchtigkeitsanweisung. Daher wurden die Inspektionen vorgeschrieben, die bis auf 34 aufgeführte Seriennummern für alle Motoren des Typs gelten.
„Dieses Handeln ist eine Vorsichtsmaßnahme, die auf den Informationen aus der ersten Untersuchung des jüngsten schweren Vorfalls bei Cathay Pacific und auf den Erkenntnissen der Fluggesellschaft bei ihren eigenen nachfolgenden Inspektionen basiert“, sagte EASA-Exekutivdirektor Florian Guillermet und kündigte an, den Vorgang intensiv weiterzuverfolgen.
A350-Betreiber Cathay tauscht an 15 Fliegern Kerosinleitungen aus
Die Hongkonger Airline hatte zuvor mitgeteilt, dass man an 15 A350-1000 Kerosinleitungen gefunden habe, die ausgetauscht werden mussten. Bis zum 7. September wolle man dies abgeschlossen haben, sodass alle Flieger zurück in den operativen Betrieb einscheren könnten.
„Für Cathay war dies eine bedeutsame Situation, da der Ausfall einer Triebwerkskomponente der erste seiner Art weltweit bei einem A350-Flugzeug war“, sagte der für das Tagesgeschäft zuständige Airline-Manager Alex McGowan. 45 Hin- und Rückflüge seien gestrichen worden. Betroffen seien aber fast ausschließlich regionale Flüge gewesen – also kaum Langstreckenverbindungen, für die der zweistrahlige A350-1000 vor allem ausgelegt ist.
Brandgefahr am A350 – was Airbus zu dem Vorfall sagt
Rolls-Royce kündigte an, ausreichend Ersatzteile zur Verfügung zu stellen, falls diese benötigt würden. Man werde mit den zuständigen Behörden – die Untersuchung wird von der Hongkong Luftunfallbehörde AAIA geführt – sowie der Fluglinie und dem Flugzeughersteller zusammenarbeiten.
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Auch ein Airbus-Sprecher kündigte die Kooperation mit allen Beteiligten an und sagte, man erkenne die von der EASA herausgegebene Notfallwarnung an. Größter Betreiber des A350-1000 ist derzeit Qatar Airways mit 24 Jets, British Airways und Cathay folgen mit je 18. Die Lufthansa betreibt keine Flieger des Typs, hat aber zehn bestellt.
Der kleinere A350-900 muss nicht zu Inspektionen
Der sieben Meter kürzere A350-900, den auch die Lufthansa fliegt, unterliegt nicht dieser Lufttüchtigkeitsanweisung. Sie wird von Rolls-Royce-Motoren des Typs Trent XWB-84 angetrieben. Aufgrund der vorliegenden Informationen sei eine Ausweitung auf diesen Triebwerkstypen derzeit nicht gerechtfertigt, so die EASA.
Allerdings meldete Malaysia Airlines am Freitag (nach der Lufttüchtigkeitsanweisung der EASA), dass bei einem ihrer sechs A350-900 bei einer Inspektion ebenfalls ein Problem bei einem Treibstoffschlauch entdeckt worden sei.
Die Großraumflieger vom Typ A350 werden alle in Toulouse endmontiert. Das Werk in Hamburg steuert aber wichtige Arbeiten zu dem Jet bei. Es erfolgt die System- und Ausrüstungsinstallation, beispielsweise werden in den vorderen und hinteren Rumpfabschnitt Isolationen montiert sowie Kabelbäume, Kraftstoffleitungen, Luft- und Druckluftsysteme sowie hydraulische Leitungen verlegt.
Anfang 2024 gab es den ersten Totalverlust eines A350
Ein knapp 67 Meter langer A350-900 machte allerdings zum Jahresanfang Negativschlagzeilen. Am 2. Januar kam es bei der Landung des Fluges JL-516 von Japan Airlines auf dem Flughafen Tokio-Haneda zu einem Crash mit einer De Havilland DHC8-300. Als Folge trat Kerosin aus, das beide Triebwerke in Brand setzte.
An Bord des kleineren Flugzeugs der japanischen Küstenwache starben fünf von sechs Passagieren. Alle 379 Menschen des Airbus-Jets konnten sich hingegen ohne lebensgefährliche Verletzungen retten. Der Flieger brannte komplett aus, es war der erste Totalverlust in der Geschichte des Ende 2014 erstmals ausgelieferten Fliegers. In der kurzen Variante A350-900 fliegen derzeit 530 Exemplare um den Globus.
Airbus-Crash in Tokio: Gab es Kommunikationsprobleme?
Als Grund für den Crash in Tokio wird von einem Kommunikationsproblem ausgegangen. Der Businessjet soll sich unerlaubterweise auf der Start-und-Lande-Bahn befunden haben. Offenbar war der Kapitän davon ausgegangen, schon eine Erlaubnis zum Abheben zu haben.