Hamburg. Flugzeugspartenchef Christian Scherer kündigt baldige Entscheidung an. Wie der Flieger aussehen soll – und was er leisten muss.
Die A320-Familie ist der Verkaufsschlager von Airbus. Gut drei Viertel aller Auslieferungen gehen auf das Konto des für die Kurz- und Mittelstrecke konzipierten Fliegers, der bald dank eines Tanks im Frachtraum als A321XLR auch auf der Langstrecke eingesetzt werden soll. Allerdings ist das A320-Programm schon 40 Jahre alt. Die Nachfolge muss geplant werden.
„Die Entscheidung wird in den nächsten zwei, drei Jahren fallen“, sagte Airbus-Flugzeugspartenchef Christian Scherer in Teil zwei des Exklusivinterviews mit unserer Redaktion. Die A320-Familie ist Marktführer im Bereich der Schmalrumpfflugzeuge und hat mit den spritsparenden neo-Triebwerken die 737Max-Konkurrenz von Boeing abgehängt. „Für uns ist die Herausforderung, eine Nachfolgerin zu entwickeln, die diese Position nicht nur hält, sondern auch weiter ausbaut“, sagte Scherer.
Airbus plant A320-Nachfolger – wird er in Hamburg gebaut?
Der Flieger werde wohl eher konventionell als revolutionär aussehen. Aber es gebe große Ambitionen, Spritverbrauch und Wartungsbedarf weiter zu senken. Fortschritte bei Automatisierung und Fertigungstechnologien sollten es in der Produktion ermöglichen, die Kosten zu drosseln und sehr schnell hohe Stückzahlen zu bauen. „Im industriellen System wird es sehr viele Innovationen geben“, sagte Scherer.
Offen ist noch, ob der Rumpf wie bisher bei der A320-Familie aus Aluminium oder aus Kohlefaserverbundwerkstoff (CFK) besteht, wie er beim Großraumjet A350 eingesetzt wird. Die Triebwerke sollen weiterhin mit Kerosin oder mit 100 Prozent nachhaltig erzeugtem Flugbenzin (Sustainable Aviation Fuel, SAF) angetrieben werden. Heute ist eine Beimischung von bis zu 50 Prozent SAF möglich.
Airbus: A320-Nachfolger und Wasserstoffflieger kommen Mitte der 30er-Jahre
„Ab Mitte der 30er-Jahre könnte der A320-Nachfolger dann seinen Linien-Dienst aufnehmen“, so der 62-Jährige. Zu demselben Zeitpunkt will Airbus auch ein wasserstoffangetriebenes Flugzeug auf den Markt bringen. An dem Zeitplan halte man fest, so der Flugzeugspartenchef.
„Das Schwierigste ist nicht die Technologie selbst, sondern das gesamte Ökosystem, inklusive des Herstellens des grünen Wasserstoffs in großen Mengen und dann der Transport zu kleineren Flughäfen, von denen die ersten, im Regionalverkehr eingesetzten Wasserstoff-Flieger abheben werden“, sagte Scherer. Jeder müsse mitmachen.
Lässt Airbus die beiden Zukunftsflieger in Hamburg bauen?
Grundsätzlich glaube man bei Airbus sehr stark an Wasserstoff. Er sei als Energiequelle auf der Erde genügend vorhanden, sagte der Manager und erhofft sich durch so angetriebene Flieger eine Imageverbesserung für die wegen des Klimawandels stark in der Kritik stehende Branche: „Sobald in Betrieb, wird dann auch das Argument verfallen, dass die Luftfahrt der Welt schadet.“
Aber werden die beiden Zukunftsflieger auch in Hamburg gebaut? „Hamburg hat eine tragende Rolle im A320-Programm. Es ist das Brot-und-Butter-Programm von Airbus. Da sollte man davon ausgehen, dass Finkenwerder auch weiterhin ein bedeutender Standort für den A320-Nachfolger bleibt“, sagte Scherer.
Airbus-Flugzeugchef Scherer setzt auf das Know-how der Hamburger Mitarbeiter
Die Entscheidung darüber erwarte er noch vor Ende dieses Jahrzehnts. Aber auf das auf Finkenwerder aufgebaute Know-whow der Beschäftigten in der Endmontagelinie wolle man nicht verzichten.
Auf dem Weg zum „ambitionierten Ziel“, bis 2050 einen klimaneutralen Luftverkehr zu erreichen, seien neue Technologien wie Wasserstoff übrigens nur einer von vier Bausteinen. Der vermehrte Einsatz von SAF nehme ebenso eine wichtige Rolle ein wie die Digitalisierung des „total ineffizienten“ Flugnavigationssystems.
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Der letzte, wichtige Punkt sei der Austausch älterer gegen moderne Flugzeuge. „Nur 30 Prozent der heutigen Weltflotte entspricht der neuesten Generation von Flugzeugen. Darin steckt schon je nach Modell noch einmal zwischen 20 und 30 Prozent CO₂-Ersparnis drin“, sagte Scherer – und dürfte sich über dann wohl folgende neue Aufträge freuen …