Hamburg. Rolf Habben Jansen sendet klare Botschaft an Heimathafen und schaut sich nach neuen Schiffen um. Aktie verliert trotz höherer Prognose.
Vor knapp drei Jahren ist Hapag-Lloyd beim Hamburger Hafenrivalen eingestiegen. Mit 30 Prozent beteiligte sich die Traditionsreederei mit Sitz am Ballindamm am Containerterminal Wilhelmshaven. Unterm Strich sei man mit der Beteiligung zufrieden, auch wenn sich durch die Corona-Pandemie alles etwas langsamer entwickelt habe als erwartet, sagte Vorstandschef Rolf Habben Jansen im Gespräch mit unserer Redaktion.
Schon bald erwartet er aber einen Aufschwung an Deutschlands einzigem Tiefwasserhafen. „Wir werden ab nächstes Jahr – wenn wir in die Zusammenarbeit mit Maersk in der ,Gemini Cooperation‘ umsteigen –, das Ladungsvolumen in Wilhelmshaven deutlich erhöhen“, sagte Habben Jansen.
Hapag-Lloyd-Chef erwartet Aufschwung für Hamburgs Hafenrivalen
Derzeit bediene ein Dienst den Jade-Weser-Port. „Nächstes Jahr werden da mindestens zwei Dienste fest anlaufen“, sagte der Hamburger Reederei-Chef. Zudem solle der Nordseehafen früher in der Rotation auftauchen, sodass er auch mit mehr Feederverbindungen rechnet.
Auf solchen kleineren Containerschiffen sollen die Boxen dann zum Beispiel nach Skandinavien oder in den Ostseeraum weitertransportiert werden. „Das sollte Wilhelmshaven einen Impuls geben“, sagte Habben Jansen. Bisher geschehe dies vor allem über die Westhäfen Rotterdam und Antwerpen, weniger über Hamburg. Beziffern wollte er den geplanten Zuwachs nicht.
Hapag-Lloyd-Chef sendet klare Botschaft an Hamburgs Hafen
Der bessere Tiefgang und das Fehlen der zeitaufwendigen Revierfahrt auf der Elbe seien zwei der Pluspunkte des Jade-Weser-Ports. Aber auch die Häfen in Bremen und Hamburg hätten ihre Stärken. Insofern sendete Habben Jansen auch an die Elbmetropole – trotz des beabsichtigten Einstiegs des Konkurrenten MSC bei der HHLA – eine klare Botschaft: „Unser Heimathafen wird nach wie vor Hamburg bleiben. Da werden wir weitaus das meiste abfertigen.“ Zum Vergleich: In Hamburg wurden 2023 von allen Reedereien 7,7 Millionen Container umgeschlagen, in Wilhelmshaven 531.637 Stück.
Hapag-Lloyd hatte im Januar die Gemini-Kooperation mit dem dänischen Konkurrenten Maersk bekannt gegeben – von dem man übrigens die Anteile in Wilhelmshaven übernommen hatte. Seit 2017 fahren die Hamburger noch in einer Schifffahrtsallianz mit mehreren asiatischen Reedereien.
Hapag-Lloyd startet Anfang 2025 die Kooperation mit Maersk
Zum Anfang des Jahres 2025 soll die Kooperation mit den Dänen starten. An dem Zeitpunkt hält Habben Jansen fest, erwartet, dass die Implementierung wohl rund drei Monate dauern wird und „Schritt für Schritt“ gehen wird. Das große Ziel sei eine Pünktlichkeit von 90 Prozent. Heißt: Die Schiffe sollen in einem Korridor zwischen einem Tag vor und nach der geplanten Ankunft ihren Zielhafen erreichen. Auf bis zu 60 Tagen dauernden Strecken wie von Shanghai nach Hamburg sei das „ziemlich zuverlässig“, so der Reedereichef. Derzeit sind es 55 Prozent – das reicht, um Branchenprimus zu sein.
Seit Jahresanfang brauchen die Schiffe zum Beispiel auf den Asien-Europa-Strecken deutlich länger, weil auf die Durchfahrt durch das Rote Meer wegen möglicher Raketenangriffe der Huthi-Rebellen verzichtet wird. „Die Situation ist leider unverändert und nach wie vor zu gefährlich. Deswegen fahren wir weiterhin um das Kap der Guten Hoffnung“, sagte Habben Jansen.
Hapag-Lloyd spürte im Mai unerwartet starke Nachfrage
Für Hapag-Lloyd hatte dies den angenehmen Nebeneffekt, dass die Frachtraten (Transportpreise pro Container) nach oben gingen und deutlich höher lagen als ursprünglich erwartet. Auch im Mai sei die Nachfrage plötzlich unerwartet gestiegen. Wahrscheinlich, weil immer mehr Unternehmen wegen der Unsicherheit im Roten Meer und laufender Tarifverhandlungen ihre Lager rechtzeitig wieder auffüllen wollten, vermutete Habben Jansen.
Das wirkt sich in der Prognose für das Gesamtjahr aus, die Hapag-Lloyd am 10. Juli nach der Bekanntgabe vorläufiger Gewinnzahlen für das erste Halbjahr deutlich erhöht hatte. Am Mittwoch wurden die (nun testierten) Zahlen mit einem Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) mit 813 Millionen Euro im Kern bestätigt.
Der Umsatz lag bei 8,84 Milliarden Euro und blieb (wie erwartet) hinter dem herausragend guten Vorjahreswert zurück, und zwar um 12 Prozent. Während der Corona-Krise wurden Fabelpreise für die Transportkapazitäten gezahlt, die Reedereien erzielten Rekorderlöse und verdienten Milliarden.
Analysten sind für die Hapag-Lloyd-Aktie skeptisch
Für das Gesamtjahr wird ein EBIT in einer Bandbreite von 1,2 bis 2,2 Milliarden Euro angenommen. Ursprünglich hatte Hapag-Lloyd einen Gewinn zwischen null und einer Milliarde Euro erwartet. Die Aktie verlor dennoch bis Mittwochmittag rund drei Prozent und notierte bei 154,80 Euro.
Die Frachtrate – die mit 1391 US-Dollar gut 20 Prozent unter dem Vorjahreswert lag – sei enttäuschend und das Transportvolumen (plus fünf Prozent) nicht so stark gestiegen wie erwartet, urteilte die Schweizer Großbank UBS und empfiehlt „Verkaufen“ mit Kursziel 106 Euro. Die Deutsche Bank rät „Verkaufen“ und sieht den fairen Wert bei 109 Euro. Nach der Prognoseanhebung hatte Berenberg Mitte Juli bereits „Halten“ empfohlen und das Kursziel auf um einen auf 171 Euro angehoben.
Hapag-Lloyd-Chef stellt Schiffsbestellungen in Aussicht
Um auch zukünftig genügend Kapazitäten anbieten zu können, denkt Hapag-Lloyd über Aufträge für Neubauten nach. „Wir schauen uns – wie andere auch – die Möglichkeiten an, neue Schiffe zu bestellen“, sagte Habben Jansen. Die letzte Order liege schon mehr als drei Jahre zurück. „Wenn man heutzutage Schiffe bestellt, dann werden die wahrscheinlich 2028/29 geliefert.“ Dann habe man viele Schiffe in der Flotte, die deutlich über 20 Jahre alt seien.
„Es wäre nicht unlogisch, innerhalb der nächsten zwölf Monate neue Schiffe zu bestellen“, so der Reedereichef. Es würden wohl aber „deutlich weniger“ als die bis zu 30 Stück sein, über die in der Branche spekuliert wird. Letztlich hänge das von den Kapazitäten der Werften und den aufgerufenen Preisen ab.
Explosion in chinesischem Hafen ohne große Auswirkungen
Starke Auswirkungen der Explosion auf einem Containerschiff der taiwanesischen Partnerreederei Yang Ming in Ningbo am vergangenen Freitag erwartet er nicht. In dem chinesischen Hafen – einem der größten der Welt – war das Terminal dadurch bis zum Montag dicht.
- Hafen Hamburg: Hapag-Lloyd plant bis zu 30 neue Containerschiffe
- Hafen Hamburg: Warum Hapag-Lloyd auf indische Fachkräfte setzt
- Hafen Hamburg: Hapag-Lloyd ist pünktlichste Reederei – und dennoch aus dem Takt
Das Schiff, das in einem der Allianz-Dienste auch für Hapag-Lloyd unterwegs sei, werde zwar wohl wochenlang ausfallen, und es habe übers Wochenende Wartezeiten dort gegeben, so Habben Jansen: „Aber im Laufe der Woche sollte es sich normalisieren.“