Hamburg. Hamburger sind verlässlicher als Schiffe ihrer Konkurrenten. Die Fahrpläne halten sie vielfach nicht ein – vor allem aus einem Grund.

Pünktlichkeit ist in der Handelsschifffahrt wichtig, aber ein eher seltenes Gut. Eine neue Untersuchung listet die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd als die pünktlichste in der Linienschifffahrt aus. Einerseits. Andererseits zeigt die Studie zugleich, dass die gesamte Branche bei der Termintreue ein gewaltiges Defizit aufweist. Das gilt auch für die Schifffahrtsspezialisten mit Sitz an Hamburger Ballindamm. Hapag-Lloyd ist bei der Pünktlichkeit seiner Schiffe nur Erster unter Gleichen.

Regelmäßig untersucht das maritime Analysezentrum Sea Intelligence die Fahrplantreue der größten Linienreedereien. Im jüngsten Ranking steht Hapag-Lloyd auf Platz 1, gefolgt von den Konkurrenten CMA CGM und Maersk. Das klingt gut. Weniger gut ist, dass nur etwas mehr als die Hälfte der Hapag-Lloyd-Schiffe just in time waren. Mit einer Pünktlichkeit von 55 Prozent liegt Hapag-Lloyd knapp über dem Mittelwert von 54 Prozent und hebt sich damit kaum von der Masse der Mitbewerber auf den Meeren ab.

Hafen Hamburg: Hapag-Lloyd ist pünktlichste Reederei, aber dennoch unpünktlich

Die Schiffe von neun der 13 großen Schifffahrtsgesellschaft sind laut der Studie zu 50 Prozent pünktlich. Schlusslicht ist demnach die israelische Reederei Zim, deren Schiffe nur zu 44,4 Prozent getreu dem Fahrplan unterwegs sind. Insgesamt war die Pünktlichkeit der Branche im Juni damit 9,8 Prozent schlechter als vor einem Jahr, so Sea Intelligence.

Interessant: Auch vor einem Jahr lag die Pünktlichkeitsquote von Hapag-Lloyd bei 55 Prozent. Damit lag die Reederei mit diesem Wert aber noch im unteren Drittel der untersuchten Reedereien.

Der wichtigste Grund für die wachsende Unzuverlässigkeit auf den Weltmeeren ist schnell gefunden. Nach dem Chaos infolge des weltweiten Corona-Lockdowns, als sogar weniger als ein Drittel aller Schiffe pünktlich war, hatten sich die Fahrpläne der Reedereien zunächst weitgehend normalisiert. Doch nun sind sie wieder außer Takt. Grund ist die Krise im Roten Meer.

Krise im Roten Meer wirft Schiffsfahrpläne über den Haufen

Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und des israelischen Angriffs im Gazastreifen kommt es aus Solidarität mit der palästinensischen Terrororganisation immer wieder zu Überfällen von jemenitischen Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer. Ein Großteil der Reedereien meidet nun auf dem Weg zwischen Asien, Arabien und Europa das Rote Meer und den Suezkanal.

Die Umfahrung Afrikas hat ihren Preis. Die Schiffe müssen etwa 6000 Kilometer weiter fahren und sind zwischen Asien und Europa zehn bis 14 Tage länger unterwegs als ursprünglich vorgesehen. Vor einigen asiatischen Häfen kommt es schon wieder zu Staus, wie zuletzt während der Corona-Pandemie.

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„Es freut uns natürlich, dass wir das neue Pünktlichkeitsranking anführen. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir mit nur 55 Prozent noch weit von unserem Ziel entfernt sind“, sagt ein Hapag-Lloyd-Sprecher. Und er nennt eine Zielzahl, die den eigenen Ansprüchen genügen würde: „Zusammen mit unserem künftigen Partner Maersk wollen wir eine Pünktlichkeit von 90 Prozent erreichen.“