Hamburg. Allein 100 Inder arbeiten für den Konzern in Hamburg. Doch es gibt auch Schwierigkeiten. Warum nun Minister Heil in Hamburg war.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ist derzeit auf Sommertour. Dabei hat es ihm eine Bevölkerungsgruppe besonders angetan: Fachkräfte aus Indien. Völlig klar, dass sein Hamburg-Besuch am Montag aus diesem Grund auch einen Abstecher zu Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd beinhalten musste.
Denn rund 100 Inderinnen und Inder beschäftigt der Schifffahrtskonzern in seiner Zentrale am Ballindamm. Mehr als 3000 sind es weltweit. „Inder stellen den größten Bevölkerungsanteil in unserem Unternehmen“, sagte die Personalvorständin und Arbeitsdirektorin des Unternehmens, Donya-Florence Amer.
„Indische Fachkräfte bringen in der Regel extrem hohe Qualifikationen mit“, sagte Amer. „Sie sind in ihrer Arbeit extrem fokussiert und fleißig.“ Hapag-Lloyd beschäftigt sie unter anderem in der IT, im Vertrieb und in der Buchhaltung.
Was der Bundesarbeitsminister von Hapag-Lloyd lernen will
Zusammen mit ihrem Vorstandskollegen Maximilian Rothkopf begrüßte die Arbeitsdirektorin am Mittag den Bundesminister, der sich tatsächlich eine gute Dreiviertelstunde Zeit nahm, um mit einigen indischen Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen. Mit dabei der Chef der regionalen Arbeitsagentur, Sönke Fock, sowie Arbeitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD).
Worum es Hubertus Heil geht, wurde dabei schnell klar: Im Herbst sind deutsch-indische Regierungskonsultationen geplant, bei denen die Bundesregierung eine Indien-Fachkräfte-Strategie vorstellen will. Heil sieht in Indien ein großes Potenzial, um den deutschen Fachkräftemangel zu bekämpfen.
Immerhin ist Indien die bevölkerungsreichste Nation der Welt, mit 1,4 Milliarden Einwohnerinnen und Einwohnern – und Indien ist ein klassisches Auswanderungsland mit Hunderttausenden Studierenden und Fachkräften, die jedes Jahr ihr Glück im Ausland suchen.
Bundesregierung will mehr indische Fachkräfte holen
So ging es auch den Inderinnen und Indern bei Hapag-Lloyd. Die meisten, die an dem Gespräch teilnahmen, haben die Karrierechancen nach Hamburg geführt. Sie waren im Unternehmen bereits an anderen Standorten beschäftigt, bevor sie an die Elbe kamen. Sie loben Deutschland als einen guten Ort zum Leben und Arbeiten. Denn die Arbeitsbedingungen sind hierzulande besser als in Indien, die Fachkräfte sind unter anderem kranken- und sozialversichert. Der Lebensstandard ist zudem höher.
Ein paar kritische Dinge konnte Heil aber dann doch mitnehmen, die in seiner Fachkräftestrategie Berücksichtigung finden sollten: Das eine ist das Sprachproblem – nicht im Unternehmen. „Welcome to the Hapag-Lloyd Experience“ steht in großen Lettern an der Wand eines Ausstellungsraums. Und damit ist klar: Bei Hapag-Lloyd wird Englisch gesprochen. „In Hamburg und Berlin habe ich damit auch keine Probleme“, sagte Mitarbeiterin Geetaben Lalwani, die dem Minister auf Englisch von sich erzählte. „Aber ich muss auch nach Dortmund und in andere Städte. Da wird es schwieriger.“
Sprachbarriere wird für Inder zum Hindernis
Nicht so sehr die Mitarbeiter selbst leiden unter der Sprachbarriere. Es sind vielfach die Familien und Partner, die mit ihnen nach Deutschland kommen. Auch sie bekommen bei Hapag-Lloyd zwar Hilfestellung: Das Unternehmen beschäftigt zwei Agenturen, die den ausländischen Mitarbeitern die Integration erleichtern sollen, etwa bei der Wohnungssuche oder beim Kita-Platz. Jobs kann das Unternehmen aber nicht beschaffen. Und Sprachkurse für die ganze Familie sind ebenfalls nicht vorgesehen.
Wobei Hapag-Lloyd für seine Beschäftigten die Weiterbildung als wichtig erachtet. Das Unternehmen hat eine eigene Akademie eingerichtet, die natürlich von einer Inderin geleitet wird. Davon ist auch der Arbeitsminister angetan. „Hapag-Lloyd ist schon gut“, sagt er am Ende des Treffens anerkennend im Gespräch mit Journalisten. Auch wenn er das Unternehmen als viertgrößte Reederei der Welt bezeichnet, was dieses gerne wäre, aber nicht ist. Hapag-Lloyd ist auf Rang fünf.
Bundesarbeitsminister holt sich Rat bei Hapag-Lloyd
Ein zweites Problem, das Heil aus dem Treffen mit der Reederei mitnimmt, sind die hohen bürokratischen Hemmnisse, die sich vor einwanderungswilligen Fachkräften auftürmen, etwa bei der Anerkennung von Abschlüssen oder der Erteilung von Visa. „Da müssen wir schneller werden“, bekennt der Minister freimütig. Zu viele Behörden seien an den Prozessen beteiligt.
Dann findet der Minister noch Zeit, mit jungen Beschäftigten zu sprechen, die ihre Ausbildung bei Hapag-Lloyd frisch begonnen haben, sowohl an Land als auch auf See. Heil ist schließlich nicht nur für ausländische, sondern auch für deutsche Fachkräfte zuständig. Dann verabschiedet er sich, denn der nächste Besuchstermin wartet schon. Es ist das Hamburg Welcome Center, jene zentrale Anlaufstelle für ausländische Fachkräfte, die in Hamburg ankommen.
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Als Abschiedsgeschenk erhält Heil von Amer zwei Bücher, eines über die Geschichte der Reederei und eines über ihre Kapitäne. Und Betriebsvorstand Rothkopf möchte dem Bundesminister noch eine Bitte mit auf den Weg geben: Das Bundeskabinett möge sich in naher Zukunft doch einmal mit dem Problem der Huthi-Rebellen aus dem Jemen befassen, die seit Monaten die Handelsschifffahrt im Roten Meer angreifen. „Das Problem bekommt man nur politisch in den Griff“, sagt er. Heil will sehen, was er tun kann. Dann steigt er in seinen Wagen und braust davon.
Hapag-Lloyd verfügt über mehr als 16.000 Mitarbeiter, und betreibt 400 Büros in knapp 140 Ländern. Die Flotte umfasst rund 280 Schiffe. Zusätzlich ist das Unternehmen an 20 Hafenterminals in elf Ländern beteiligt, vornehmlich in Europa, Südamerika und in Indien. Ohne ausländische Fachkräfte geht es schon lange nicht mehr.