Hamburg. Hamburgerinnen entwickeln besondere Unterwäsche für Frauen und übernehmen anderes Start-up – obwohl Judith Williams sie sprachlos machte.

Von der Idee im Krankenhaus über den Auftritt in der Investorenshow „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) bis zur erfolgreichen Marke: Das Hamburger Unternehmen Kaiserschlüpfer steht für spezielle Unterwäsche für Frauen, die einen Kaiserschnitt hinter sich haben, oder die mit Schmerzen und Beschwerden während der Periode oder bei Endometriose zu kämpfen haben.

Damit beschäftigen sich Julia Steinbach und Daniela Westberg-Heuer seit mittlerweile neun Jahren. 2018 stellten sie Kaiserschlüpfer bei einem Auftritt in der TV-Show vor. Seitdem hat sich viel getan. Die Gründerinnen erweitern das Sortiment stetig – und kooperieren seit Kurzem mit einer bekannten Naturkosmetikmarke.

„Höhle der Löwen“: Idee zu Kaiserschlüpfer ist aus der eigenen Not heraus entstanden

Im Juni 2015, als das zweite Kind von Julia Steinbach per Kaiserschnitt auf die Welt kam, sei auch die Idee zu Kaiserschlüpfer „im Krankenhaus geboren“ worden. Der Plan zu einer besonderen Unterhose mit einer Vorrichtung für Wärme- und Kühlpad und einem höheren Bund sei aus der Not heraus entstanden. Es müsse irgendetwas geben, dass die OP-Naht entlastet und schützt, fand die damals 39-Jährige. Der in Kliniken gebräuchliche Netz-Slip mit Binde könne es doch nicht sein. Das fand ihre Hebamme Daniela Westberg-Heuer auch. Zusammen wollten sie es besser machen.

Zwei Jahre tüftelten die Hamburgerinnen an Prototypen – Steinbach während der Elternzeit, Westberg-Heuer neben ihrem Job als Hebamme. Dann war das Produkt marktreif. Ein spezieller Schlüpfer, in den sich ein Kühl- oder ein Wärmepad einlegen lässt. Auch, wenn es letztlich etwas teurer ist: Produziert werden die Spezial-Unterhosen bis heute in Italien, die Pads fertigt ein deutsches Unternehmen.

Im April 2017 ging der Onlineshop von Kaiserschlüpfer an den Start. Zwei Jahre später gab Westberg-Heuer den Hebammen-Beruf vorübergehend auf. Mittlerweile ist die dreifache Mutter wieder freiberuflich als Hebamme tätig. Steinbach entschied damals und nach der Elternzeit, nicht zu ihrem Arbeitgeber zurückzukehren. Vorher war sie elf Jahre in der Marketingabteilung des Abendblatts tätig. Seit 2022 betreiben die Gründerinnen einen Laden in Groß Flottbek.

„Höhle der Löwen“: Kein Deal, trotzdem ein Gewinn

Nach dem Auftritt in der „Höhle der Löwen“ fuhren sie ohne Deal zurück nach Hamburg. Ein Detail hat sich besonders tief in die Erinnerung eingebrannt, es war eine völlig unerwartete Bemerkung von Jurorin Judith Williams, die sinngemäß sagte: „Wenn ich das anziehe, dann fasst mein Mann mich nicht mehr an.“ Die Gründerinnen waren erst mal sprachlos. „Mit so etwas hatten wir nicht gerechnet“, erinnern sich Steinbach und Westberg-Heuer. Sie hatten auf die Beauty-Expertin als Investorin gesetzt.

Die Kaiserschlüpfer-Gründerinnen haben sich gründlich auf „Die Höhle der Löwen“ vorbereitet. Mit der Aussage von Investorin Judith Williams haben sie dennoch nicht gerechnet.
Die Kaiserschlüpfer-Gründerinnen haben sich gründlich auf „Die Höhle der Löwen“ vorbereitet. Mit der Aussage von Investorin Judith Williams haben sie dennoch nicht gerechnet. © MG RTL D / Bernd-Michael Maurer | RTL

Die Äußerung von Williams wurde danach in den sozialen Medien ausgiebig diskutiert, die Gründerinnen bekamen viel Lob für ihr Produkt von Hebammen, Feministinnen und Co.: „Für uns war die PR mega“, sagt Westberg-Heuer. Ralf Dümmel, sagen die Gründerinnen, war ebenfalls durchaus interessiert, doch letztlich seien es ihm dann zu viele Produkte gewesen. So gab es bei Teilnahme bereits den Hipster in drei Farben, den Rücken- und Bauchschmeichler, den Kaiserschlüpfer und das Höschen „warme Tage“.

Hamburger Unternehmen: Hebammen empfehlen Kaiserschlüpfer

Auch ohne Deal hat es sich für die Jung-Unternehmerinnen gelohnt, in der Show gewesen zu sein. Content-Creatorinnen unterstützten Kaiserschlüpfer. „Wir sind auch groß geworden durch Influencerinnen wie Karo Kauer und Carmusha“, sagt Steinbach. „Danach hatten wir das Glück, dass viele Hebammen das Produkt ausprobiert und es den von ihnen betreuten Frauen empfohlen haben“, so die zweifache Mutter.

Unterwäsche, Leggins, Bustiers: Kaiserschlüpfer bietet heute 13 Grundprodukte in unterschiedlichen Farben und Größen an. Mit der Übernahme des Freiburger Start-ups Our Mini Love wächst das Sortiment mit T-Shirts und Papeterie auf mehr als 30 Produkte. Vor vier Jahren gab es 10.000 verkaufte Artikel, bis heute sind es 380.000. Der Kaiserschlüpfer und Bauchschmeichler seien die Bestseller. Die Artikel sind im Onlineshop, im Handel wie bei Baby Walz und im eigenen Laden erhältlich. 70 bis 80 Prozent des Umsatzes läuft über den Onlineshop. Weitere Produkte sind in Planung, sagen die Gründerinnen. Details möchten sie nicht nennen. Kaiserschlüpfer hat inzwischen Nachahmer.

Die Kühl- und Wärmepads gibt es sowohl für die Slips von Kaiserschlüpfer als auch für die Bustiers. Diese können rund 2000-mal benutzt werden.
Die Kühl- und Wärmepads gibt es sowohl für die Slips von Kaiserschlüpfer als auch für die Bustiers. Diese können rund 2000-mal benutzt werden. © FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Daraus ergebe sich auch der Preis: So kostet beispielsweise der Kaiserschlüpfer 42,90 Euro. Die Produktion sei sehr aufwendig, das Produkt werde im Rundstrickverfahren hergestellt. Heißt: „Es werden keine einzelnen Stücke zusammengenäht, wie es sonst oft bei Slips der Fall ist. Es gibt keine Nähte, was sehr angenehm ist“, sagt Steinbach.

„Höhle der Löwen“: Hamburger Teilnehmer unterstützen sich gegenseitig

Ihre Produkte bieten die Hamburgerinnen auch in Sets und Boxen an. Im Still-Set taucht das Hamburger Unternehmen Womatics auf, das bei DHDL teilgenommen hat. „Das ist eine Art Ehrenkodex, wir helfen uns alle gegenseitig, wollen anderen Starthilfe geben“, sagt Westberg-Heuer. Damals haben die Gründerinnen selbst Unterstützung von Luicella‘s Eiscreme erhalten, ebenfalls Teilnehmer bei der TV-Show. Seit Kurzem gibt es einen neuen Partner für die Kaiserschlüpfer-Boxen: den Naturkosmetik-Hersteller Weleda. Bald ist Schwangerschaftsöl in jeder Box zu finden.

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Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 16 Mitarbeiter. „Wir stellen hauptsächlich Mütter ein, die so arbeiten können, wie sie wollen“, sagt Steinbach. 2020 habe Kaiserschlüpfer einen Umsatz von etwa einer Million Euro erzielt. Allerdings haben steigende Kosten nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine die Firma belastet. Die gute Nachricht: „Wir sind deutlich über Vorjahr: Die Umsätze steigen wieder.“ Und: Kaiserschlüpfer schreibe schwarze Zahlen.