Hamburg. Konzern will das Wachstumsprogramm „Ambition 2030“ aus eigener Kraft stemmen. Hamburger Unternehmen soll profitabler werden.

Es ist vier Wochen her, dass der Lufthansa-Vorstandschef die Tochterfirma in den höchsten Tönen lobte. Lufthansa Technik sei eine „tolle Firma“, sagte Carsten Spohr. Der seit Jahresanfang 2020 erwogene Teilverkauf oder Börsengang des Hamburger Unternehmens werde nur erfolgen, „wenn die Firma noch toller wird“.

Der Investor müsse neue strategische Optionen mitbringen, kulturell zu Lufthansa passen und so viel Geld bezahlen, dass es mathematisch aufgehe, so Spohr: „Sonst bleibt sie zu 100 Prozent bei uns.“ Seit Donnerstag herrscht Klarheit, dass dies so ist und man in den Gesprächen mit Investoren keine gemeinsame Basis fand.

Lufthansa Technik: Teilverkauf und Börsengang abgesagt

„Der Vorstand der Lufthansa Group hat heute entschieden, die bisherigen Pläne für den Verkauf eines Minderheitsanteils an der Lufthansa Technik nicht weiterzuverfolgen“, hieß es in einer Ad-hoc-Mitteilung an die Börse. Zuletzt galt vor allem der Finanzinvestor Bain als ernsthafter Kandidat für die Übernahme von rund 20 Prozent an den Hamburgern.

Der Verzicht auf einen Anteilsverkauf ergebe sich aus dem komplett veränderten Marktumfeld. „Angesichts der anhaltenden Herstellerprobleme – insbesondere bei Triebwerken – ist der strategische Wert unserer Lufthansa Technik als integraler Teil der Lufthansa Group in den vergangenen Monaten nochmals deutlich gestiegen“, sagte Detlef Kayser, Aufsichtsratsvorsitzender von Lufthansa Technik. Es gebe teilweise keine Ersatzteile und lange Wartezeiten für Flugzeuge und Triebwerke in den Werkstätten.

Lufthansa Technik profitiert von Triebwerksproblemen bei Pratt & Whitney

Das liegt vor allem an den Problemen beim US-Konzern Pratt & Whitney. Weil jahrelang ein möglicherweise schadhaftes Pulvermetall für die Produktion von Hochdruck-Turbinenscheiben benutzt wurde, müssen in den nächsten Jahren 3000 Triebwerke vorzeitig zu Inspektionen. Betroffen davon ist vor allem die Airbus A320neo-Flotte. An etwa jeder zweiten ausgelieferten Maschine der Familie hängen jeweils zwei Pratt&Whitney-Triebwerke.

Im ersten Halbjahr 2024 dürften bis zu 650 A320neo gleichzeitig gegroundet sein, müssen also am Boden bleiben. Die Reparatur dauert monatelang. Der US-Konzern veranschlagt dafür insgesamt 250 bis 300 Tage.

Lufthansa Technik soll mit dem Programm „Ambition 2030“ wachsen

Für Lufthansa Technik ist das eigentlich gut. Denn die Expertise des Weltmarktführers für die Wartung, Reparatur und Überholung von Flugzeugen ist gefragt. Überproportionaler Wachstumstreiber werde – neben den Flugzeugkomponenten – das Geschäft mit der technischen Betreuung von Triebwerken sein, hieß es. Andererseits sind die Werkstätten ohnehin gut gefüllt. 4500 kommerziell eingesetzte Flieger sind unter Vertrag, also etwa jedes fünfte Verkehrsflugzeug weltweit.

Nun soll das Unternehmen mit dem Programm „Ambition 2030“ aus eigener Kraft wachsen. Es sieht für die kommenden Jahre umfassende Investitionen in den Ausbau des Kerngeschäfts, die Erweiterung von Standorten und der internationalen Präsenz, potenziell auch durch Zukäufe, sowie den Ausbau digitaler Geschäftsmodelle vor.

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Die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr bei der technischen Betreuung und militärischen Ausstattung von Flugzeugen soll vorangetrieben werden. Für die Lufthansa soll die First Class der 19 Boeing-Maschinen vom Typ 747-8 neu entwickelt werden.

„Wir haben sehr ehrgeizige Ziele“, sagte Lufthansa-Technik-Chef Sören Stark.
„Wir haben sehr ehrgeizige Ziele“, sagte Lufthansa-Technik-Chef Sören Stark. © Hamburg | Lufthansa Technik

„Wir haben sehr ehrgeizige Ziele für die kommenden Jahre“, sagte Lufthansa-Technik-Vorstandschef Sören Stark. Die Airlines der Lufthansa Group profitierten weiter von dem direkten Zugang zu Wartungskapazitäten. Von einer „großen Chance, unsere Techniksparte mit einem ambitionierten Wachstumsprogramm strategisch weiterzuentwickeln und ihre Profitabilität weiter zu steigern“, sprach Aufsichtsratschef Kayser.

Lufthansa Technik will in Europa ein weiteres Werk aufbauen

Verschiedene Standorte auf der Welt sollen erweitert werden. Ein weiteres europäisches Werk soll zügig aufgebaut werden, um die erwartet hohen Nachfrage zu erfüllen. „Auch Hamburg wird von diesem Wachstumsprogramm durchaus profitieren“, sagte Lufthansa-Technik-Sprecher Jens Krüger. Auf dem Gelände werde es Neubauten und Modernisierungen geben.

Wie viel Geld investiert wird, ließ er offen. Auch die Mitarbeiterzahl dürfte 2024 weiter steigen. Ende September zählte man in Fuhlsbüttel 9750 Mitarbeiter – 800 mehr als vor einem Jahr.