Hamburg. WIFI über den Wolken wird immer beliebter – was Lufthansa, Eurowings und Co. für Internet verlangen und wie es funktioniert.
Über den Wolken muss die Freiheit keineswegs grenzenlos sein – zumindest wenn man mit dem Smartphone an Bord von Flugzeugen im Internet surfen will. Bei einigen Airlines ist dies gar nicht möglich, bei anderen ist es kostenpflichtig.
Vor dem Start in die Sommerferien dürften sich aber immer mehr Reisende für entsprechende Angebote interessieren. Schließlich ist das Smartphone auf der Erde kaum noch aus dem Alltag wegzudenken. Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen.
WLAN im Flugzeug: Wie funktioniert Internet über den Wolken?
Im Prinzip ähnlich wie WLAN zu Hause. „Die Flugzeuge müssen mit einer Antenne, einem Modem, einem Computer als Server und meist mehreren Accesspoints ausgestattet sein, die als Zugang für Handys und Laptops dienen“, sagt im Gespräch mit unserer Redaktion Lukas Bucher, der bei Lufthansa Technik Experte für den Bereich Internet an Bord ist. In kleinen Flugzeugen seien zwischen einem und drei Accesspoints eingebaut, in Großraumfliegern zwischen sechs und zehn.
Die Signale vom Handy, Laptop oder Tablet werden dann vom WLAN – einem drahtlosen, lokalen Netzwerk – empfangen. „Der technisch höchst anspruchsvollste Teil ist die Leistungsfähigkeit der Antenne“, sagt Bucher. Sie müsse im Luftfahrtumfeld funktionieren, wenn es rüttelt und schüttelt, bei Temperaturen von minus 40 Grad Celsius, darf keine gefährlichen Materialien enthalten und nicht durch Strahlung flugsicherheitsrelevante Systeme stören.
An Bord im Flieger: Was passiert im Flugmodus?
Für viele Passagiere ist der Griff zum Flugmodus-Schalter schon ein Automatismus. Früher habe man in Flugzeugen alles ausschalten müssen, weil eine Vielzahl solcher Funksignale bei älteren Flugzeugen die Technik im Flieger habe stören können, sagt Bucher. Sicherheitsrelevant wären diese zwar nicht, aber sie hätten zu Mehrarbeit für die Piloten führen können.
Buchers Kollege Markus Staar – Leiter des Bereichs Internet-Konnektivität – gibt ein Beispiel: Früher habe man beim Radiohören im Auto manchmal ein Schnarren gehört – kurz darauf kam eine SMS. „Ähnliche Effekte gab es bei Pilotenkopfhörern, die durch Funksignale gestört wurden“, sagt Staar. Statt des Sprechfunks hörten die Piloten ein Rauschen. „Deshalb gibt es neue Kopfhörer und andere neue Geräte, die sich nicht mehr von Handystrahlung stören lassen“, so Staar.
„Flugmodus heißt vereinfacht: Man schaltet die Verbindung zum Handymasten am Boden aus“, sagt Bucher. WLAN spiele sich auf einer anderen Frequenz ab. Allerdings gebe es Unterschiede. Wenn man sein Apple-Gerät in den Flugmodus versetzt, bleibe das WLAN an. Bei Android-Geräten müsse das nicht so sein.
„WLAN kann ein modernes Flugzeug nicht mehr gefährden. Deswegen kann es heute bei vielen Airlines angelassen werden“, sagt Bucher. Das hänge aber auch von dem Land ab, in dem das Flugzeug registriert sei und die Airline operiert, sowie dessen Rechtslage. „Grundsätzlich gilt aber: Wenn eine Airline möchte, dass der Flugmodus einzuschalten ist, dann haben sich Passagiere daran zu halten.“
Wie werden die Daten zwischen Himmel und Erde ausgetauscht?
„Der technische Teil in der Kabine vom Handy bis zur Antenne ist genauso wie zu Hause – unspektakulär. Außerhalb des Flugzeuges ist es spektakulär“, sagt Bucher. Man bewege sich in Frequenzen zwischen zehn und 30 Gigahertz, und die zu überbrückenden Entfernungen seien viel größer.
Statt Hunderten Kilometern seien es meist ziemlich genau 40.000 Kilometer – bis zum Satelliten. Aus dem Orbit geht es dieselbe Distanz zur Bodenstation, von dort zum Internetserviceprovider, der die Einleitung ins Internet macht.
Zu erkennen sind Flieger, die eine Breitbandverbindung ins Internet aufbauen können, an einem etwa 35 bis 40 Zentimeter hohen und zwei Meter langen Buckel oben auf dem Rumpf – darunter versteckt sich die Technik. Geschickt werden die Daten mit Lichtgeschwindigkeit.
Trotz der gewaltigen Entfernungen geschieht dies blitzschnell. Die Latenz (Reaktionszeit) liege bei knapp unter einer Sekunde, sagt Bucher: „Das ist beim Aufrufen einer Internetseite kaum störend – aber bei Onlinespielen kann es zu entscheidenden Verzögerungen kommen.“
Welche Internet-an-Bord-Angebote macht Lufthansa?
Lufthansa habe „am 15. Januar 2003 den weltweit ersten Langstrecken-Linienflug mit Internetzugang“ angeboten, sagt eine Lufthansa-Sprecherin. 2006 endete der Service, weil der Satelliten-Betreiber das Projekt beendete. Seit Ende 2010 bietet Lufthansa erneut auf den Interkontinentalflügen Internetzugang an. Seit Juni 2015 ist das Angebot FlyNet in allen rund 100 Langstreckenflugzeugen verfügbar.
Auf den Europa-Routen startete es im Mai 2017. Etwa 70 Prozent der rund 200 Flugzeuge der dort eingesetzten A320-Familie verfügen über WLAN an Bord. Ob es auf den von Hamburg aus bedienten Lufthansa-Strecken nach München und Frankfurt verfügbar ist, lässt sich nicht pauschal sagen und hängt vom eingesetzten Fluggerät ab.
Wer WLAN an Bord nutzen will, um E-Mails zu checken und im Internet zu surfen, zahlt auf Kontinentalflügen bei einer gedrosselten Geschwindigkeit des Zugangs auf 600 Kilobit pro Sekunde je nach Fluglänge 5 Euro (bis 90 Minuten) oder 7 Euro. Wer Filme streamen möchte, kann mit bis zu 15 Megabit im Netz unterwegs sein – für 10 oder 12 Euro. Bezahlt wird mit Kreditkarte oder Prämienmeilen. Bei anderen Airlines ist dies auch über Paypal oder die Handyrechnung möglich.
Was bietet Eurowings an?
Eurowings unterhält in Fuhlsbüttel das größte Streckennetz mit mehr als 50 Zielen. 58 der eingesetzten 115 Flugzeuge sind mit Internet an Bord ausgerüstet, die erste Maschine erhielt es 2017. Von den in Hamburg stationierten 16 Flugzeugen sind es neun. Auf welchen Strecken sie eingesetzt werden, wird flexibel gehandhabt. Eine WLAN-Garantie an Bord gibt es also nicht.
In den vergangenen Jahren habe man sowohl bei Geschäfts- als auch bei Privatreisenden ein wachsendes Interesse an dem Internetangebot festgestellt, sagt eine Eurowings-Sprecherin: „Insbesondere auf längeren Flügen steigt die Nachfrage, aber auch auf Kurzstrecken wird die Verfügbarkeit immer relevanter.“
Die Preise beginnen ab 2,90 Euro, wenn man nur Messenger Apps wie WhatsApp benutzen möchte. Wer den gesamten Flug mit bis zu 1,5 Megabit surfen und streamen will, zahlt im teuersten Tarif zwischen 7,90 Euro (bis zu zwei Stunden Flugzeit) und 9,90 Euro.
Wie sieht es bei Emirates aus?
Besonders auf Langstrecken muss man viel Zeit „rumbringen“. Von Hamburg aus ist die Emirates-Strecke nach Dubai die längste Route mit gut sechs Stunden Flugzeit. Ende Mai teilte die arabische Fluglinie mit, dass künftig die Passagiere in jeder Buchungsklasse die Konnektivität an Bord nutzen können. Voraussetzung: Sie müssen sich für das Treueprogramm Emirates Skywards anmelden – und damit persönliche Daten preisgeben. Gratis ist dann mindestens der Zugang zu WhatsApp, Threema und Co.
450.000 WLAN-Nutzer meldet Emirates heute pro Monat – 30 Prozent mehr als vor einem Jahr. Im Schnitt nutzt knapp jeder zehnte Passagier das kostenlose Wi-Fi an Bord, das es in allen Emirates-Maschinen gibt. Auf Routen über Nord- und Südamerika seien es fast 20 Prozent, „auf Europa- und Afrika-Routen sind es mehr als elf Prozent aller Gäste“, sagt eine Sprecherin. Eine Auswertung für die Strecke Dubai–Hamburg sei nicht möglich. Wer sich nicht im Treueprogramm anmeldet, muss je nach Fluglänge zwischen 9,99 und 19,99 US-Dollar (9,08 oder 18,18 Euro) zahlen.
Wie groß sind die Preisunterschiede?
Laut einer Analyse der Sprachlernplattform Preply werden die höchsten absoluten Preise bei Delta Air Lines aufgerufen – allerdings für ein Abomodell. Umgerechnet 63,67 Euro müssten Passagiere für internationale Flüge zahlen, 45,47 Euro für Inlandsflüge. Für Vielflieger kann das trotzdem interessant sein. Bei Swiss liege der teuerste Tarif bei 59,86 Euro.
Komplett kostenfrei surfen demnach Fluggäste bei Air China, JetBlue und NokAir. Eine für Mitglieder kostenfreie Nutzung des Internets an Bord bieten neben Emirates auch Etihad Airways, Iberia, Singapore Airlines, Icelandair, Scandinavian Airlines an – und auch Delta Air Lines. Bei Norwegian Air sind 15 Minuten kostenlos, danach werden 8 Euro fällig.
Bieten alle Fluglinien Internet über den Wolken an?
Nein. „Derzeit bieten wir auf unseren Flügen kein WLAN an“, heißt es auf der Ryanair-Webseite. Laut der Preply-Analyse gibt es auch bei den am Helmut-Schmidt-Flughafen aktiven Fluglinien SunExpress, Brussels Airlines und Wizz Air kein WLAN an Bord.
Easyjet verweist darauf, dass sich Passagiere mit ihrem Handy oder Laptop mit dem interaktiven Borddienst verbinden können, um zum Beispiel aktuelle Reiseinformationen zu erhalten. Auf das Internet kann aber nicht zugegriffen werden.
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Auch bei der häufig vom Heimatflughafen Hannover operierenden Fluglinie Tuifly gibt es keine entsprechenden Internet-an-Bord-Angebote. „Das wird sich wahrscheinlich bald ändern“, sagt Tuifly-Sprecher Aage Dünhaupt. Zwar würden das richtige WLAN die Urlaubsgäste bei einem Ferienflieger eher weniger nutzen. Aber die SMS oder Messengerfunktion seien etwas anderes.
Wie viele Flugzeuge sind WLAN-fähig?
„Es gibt mehr als 20.000 Passagierflugzeuge auf der Welt. Rund ein Drittel ist internetfähig“, sagt Lufthansa-Technik-Experte Bucher. In Europa dürfte der Anteil aber geringer sein. Denn Vorreiter für die Entwicklung sind US-Airlines. Dort dürfte der Anteil internetfähiger Flugzeuge deutlich höher liegen.
„Selbst heutzutage hat weit weniger als die Hälfte der neuen Flugzeuge Internet eingebaut“, so Bucher. Das liegt zum einen daran, dass von der Bestellung bis zur Auslieferung häufig fünf, sechs, sieben Jahre vergehen. Zum anderen werden viele Maschinen von Leasinggesellschaften bestellt – ohne Internet.
Denn das zusätzliche Equipment an Bord kostet natürlich extra. „Internet im Flugzeug ist eine Option, die die Airline bei der Bestellung des Flugzeuges wählen kann – oder dies eben nicht tut“, sagt Bucher. Lufthansa Technik verdient mit der Umrüstung Geld – mitunter auch von nagelneuen, frisch ausgelieferten Maschinen.