Hamburg. Janine Werth hat ihren Laden für nachhaltige Mode durch mehrere Krisen geführt. Nun richtet sie einen dramatischen Appell an ihre Kunden.
„Ihr Lieben, ganz ehrlich, wir liegen momentan auf der Schlachtbank.“ Mit diesem Satz beginnt ein dramatischer Hilferuf, mit dem die Einzelhändlerin Janine Werth sich an ihre Kundinnen gewendet hat. Seit 2018 betreibt sie ihren Laden Werte Freunde in der Hamburger Innenstadt, in dem sie nachhaltige Mode für Frauen und Männer und Naturkosmetik verkauft. Wie sie es geschafft hat, ihren Lebenstraum durch schwierige Zeiten mit Corona-Lockdown, Ukraine-Krieg und Inflation zu steuern, hatte das Abendblatt in einer Serie begleitet.
„Pro Woche fehlen uns aktuell ca. 5000 Euro Umsatz, um unsere Kosten verlässlich decken zu können“, schreibt sie jetzt in einem Post auf Instagram und Facebook über die finanzielle Lage des Geschäfts mit zehn Beschäftigten. Nach ihrer Rechnung braucht sie zehn zahlende Kunden und Kundinnen mehr am Tag oder 17 Euro höhere Ausgaben pro Einkauf. Ihr Aufruf, zu dem sie sich Anfang der Woche spontan entschlossen hat: „Wir fragen euch also: Darf es ein bisschen mehr sein?“
Werte Freunde in Not: Dramatischer Appell an die Kunden
Eigentlich war die Einzelhändlerin im Herbst vergangenen Jahres optimistisch, dass ihr Geschäft in ruhigere Bahnen kommen würde. Ein großer Pop-up-Sale im September stand bevor, danach der traditionell umsatzstarke Geburtstag im Oktober und das Weihnachtsgeschäft. Aber der Umsatz blieb hinter den Erwartungen zurück – und das wurde sofort zum Problem. Sie schloss das Geschäftsjahr 2023 mit Verlust ab.
„Es ist eine Aneinanderreihung von Krisen. Seit der Gründung hatten wir nicht viele Möglichkeiten, Geld zu verdienen oder Rücklagen zu bilden“, sagt die 45-Jährige. Dass Kaufkraft und Frequenz zuletzt gesunken statt gestiegen sind, trifft sie hart. „Wir merken das seit zwei Monaten jeden Tag in der Kasse.“
Miete gestundet, Firmendispo ausgereizt
Wie ernst die Lage ist, zeigt sich auch daran, dass Werth die Miete für das Ladenlokal am Großen Burstah für den Juni stunden lassen muss. Trotzdem ist der Firmen-Dispo ausgereizt. Außerdem belasten die Einzelhändlerin hohe Rückzahlungen, um die Schulden aus der Gründungsphase und der Corona-Zeit zu tilgen. Dazu kommen Überbrückungshilfen in Höhe von 30.000 Euro, deren Rückzahlung noch in der Prüfung sind.
Ist das der Anfang vom Ende von Werte Freunde? „Nein“, sagt die Chefin am Tag nach ihrem öffentlichen Appell energisch. „Wir sind nicht müde genug, um aufzugeben.“ Das Konzept von Werte Freunde, zu dem auch ein sehr gut gebuchtes Kosmetikstudio gehört, habe viele Stammkundinnen und Kunden. „Es kann nicht sein, dass das nicht funktioniert.“
Werte Freunde Hamburg: Große Resonanz auf Hilferuf
Tatsächlich ist die Resonanz auf ihren Aufruf wieder groß. Die ersten Kundinnen waren schon wenige Stunden danach im Laden, viele erklärten sich mit ihren Kommentaren in den sozialen Medien solidarisch. Außerdem hat Werth, die bei finanziellen Themen von ihrem Lebenspartner unterstützt wird, noch einige Ideen, um die aktuelle Krise zu bewältigen.
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Gemeinsam mit der Inhaberin des Restaurants Ændré an der Schlüterstraße hat sie sich eine Veranstaltung unter dem Motto „Feed your skin“ ausgedacht, bei der es bei einem Drei-Gänge-Menü Impulsvorträge zu den Themen Ernährung und Hautgesundheit gibt. Auch Kooperationen mit Herstellern seien denkbar, sagt Janine Werth.
Außerdem laufen Gespräche mit dem Vermieter, einen leer stehenden Laden in der Nachbarschaft für einen Pop-up-Sale zu nutzen. Schon länger sucht die Unternehmerin nach einem passenden Investor. „Das würde uns am meisten helfen.“