Hamburg. Pauli & Co. verkauft innovative Federwiegen, aber es fehlt an Geld für die Weiterentwicklung des jungen Unternehmens. Die Hintergründe.

Längst nicht jeder Hamburger wird wissen, was eine Federwiege ist –, und man darf davon ausgehen, dass es vor fünf Jahren noch viel weniger waren. Doch haben sich die wippend aufgehängten Baby-Hängematten inzwischen zu so etwas wie einem Trendprodukt entwickelt. Auch ein Hamburger Start-up bietet sie an. Und Robert Habeck spielt in der Geschichte auch eine Rolle.

Start-up Hamburg: Babys fühlen sich in der Federwiege geborgen

Nico Dannenbring und Martin Hauser, die beiden Gründer von Pauli & Co, waren jahrelang Kollegen bei Lufthansa Technik, sie teilen aber auch eine Erfahrung aus ihrer jeweiligen Familie: Säuglinge mit Einschlafproblemen. „Zeitweise haben meine Frau und ich nur noch zwei bis drei Stunden geschlafen, weil wir mit dem Baby auf dem Arm nachts kilometerweit in der Wohnung unterwegs waren“, sagt Dannenbring, Vater von Zwillingen. Der Kauf einer Federwiege brachte Besserung: „Säuglinge fühlen sich in dem Stoffbeutel geborgen, und die Auf- und Ab-Bewegung erinnert sie an den Mutterleib.“

Im Hinblick auf die Technik und die Qualität war Dannenbring allerdings nicht ganz zufrieden. „Das könnte man besser machen“, dachte er – und beschloss zusammen mit Hauser, das auch zu tun: „Wir hatten ohnehin Lust darauf, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Schließlich haben wir uns lange mit Innovationsprojekten im Luftfahrtsektor beschäftigt. Außerdem stand für uns fest, dass es ein Produkt sein muss, das den Menschen hilft – und eine Federwiege kann quasi ein Lebensretter sein.“

Warum Robert Habeck ein Hamburger Start-up anrief

Gleich zu Anfang wurde beschlossen: Im Unterschied zu Wettbewerbern wird Pauli & Co (eines der Kinder von Dannenbring heißt Pauline) auf ökologisch zertifizierte Materialien und auf möglichst lokale Fertigung setzen. „Wir haben in Corona-Zeiten begonnen“, erklärt Hauser. „Schon daher war es gut, kurze Wege zu den Lieferanten zu haben.“

Tatsächlich kommen sowohl die Textilelemente wie die Holzkomponenten – auf Kunststoff verzichtet man weitestgehend – von Betrieben aus Hamburg und Umgebung, die Montage erfolgt in Wandsbek. Mit 95.000 Euro von der Förderbank KfW konnten Entwicklung und Produktion starten, außerdem bemühten sich Dannenbring und Hauser auf der Basis ihres Business-Plans um Bankenfinanzierungen.

Doch den beiden Gründern war eine Fehleinschätzung unterlaufen, die sich als folgenschwer erweisen sollte. „Wir dachten, die meisten Eltern möchten ihr Baby von Hand wippen“, sagt Hauser. Aber schnell habe sich herausgestellt, dass acht von zehn Interessenten einen Motor wollen.

Mit Motor kostet die Federwiege aus Hamburg mehr als 500 Euro

Rein technisch war es keine so große Schwierigkeit, den Elektroantrieb mit vorzusehen – auch wenn der Motor und die dazugehörige Steuer-Platine nun als einzige Komponenten aus China stammen. Die Federwiege von Pauli & Co kann nicht nur mit Netzstrom, sondern auch mit einem integrierten Akku betrieben werden, für die Steuerung gibt es eine App. Mit diesen Merkmalen rangiert sie mit einem Preis oberhalb von 500 Euro im Premium-Segment. Sechs Halbtagskräfte sind inzwischen für das Start-up tätig, zwölf 3-D-Drucker erzeugen unter anderem die Motorgehäuse. „Die bestehen aus einem kompostierbaren Bio-Kunststoff auf Stärke-Basis“, so Hauser.

Seit Mai 2023 sind mehrere Tausend Federwiegen verkauft worden – über den eigenen Onlineshop, aber auch über den Versandhändler Otto, Amazon, BabyOne und Baby-Walz. Man kann die Wiegen allerdings auch ab 19 Euro pro Monat mieten oder ein runderneuertes Gebrauchtprodukt mit 35 Prozent Rabatt kaufen. Die Schauspielerin Stephanie Stumph hat sich mit einer Federwiege der Hamburger fotografieren lassen, ebenso „Goodbye Deutschland“-Auswanderin Nicole Töpperwien.

Für die Erweiterung der Produktpalette fehlt das Geld

Aber klar ist: „Unsere Wettbewerber verkaufen viel größere Stückzahlen und haben enorme Werbebudgets, wir können da trotz unseres Innovationsvorsprungs bislang nicht mithalten“, sagt Dannenbring. Zwar gibt es konkrete Pläne, wie man die Produktpalette weiterentwickeln und ausweiten könnte. Doch dafür fehlt das Geld. Die Eigenmittel der beiden Gründer, die das Geschäft nebenberuflich betreiben – Hauser arbeitet bei Aurubis, Dannenbring beim Airbus-Zulieferer Diehl Aviation -, ermöglichen keinen schnellen Wachstumssprung. Dass Helge Sachs, ein früherer Kollege aus der Lufthansa-Technik-Zeit und inzwischen bei Sasol in Hamburg für nachhaltige Flugkraftstoffe verantwortlich, ebenfalls eigenes Kapital investiert hat, ändert das nicht grundlegend.

Jetzt rächt sich die Fehleinschätzung aus der Anfangsphase: Weil der ursprüngliche Business-Plan aufgrund der zunächst ungeplanten Motor-Entwicklung nicht eingehalten werden konnte, ist es bisher nicht gelungen, eine Bürgschaftsbank für die weitere finanzielle Unterstützung zu gewinnen. „Pauli & Co war eineinhalb Jahre lang der einzige Anbieter mit einem App-gesteuerten, akkubetriebenen Motor. Aber der Innovationsvorsprung schmilzt irgendwann ab“, sagt Helge Sachs. „Man soll mutig sein und unternehmerisch tätig werden, aber die Rahmenbedingungen sind nicht günstig dafür“, findet Hauser.

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Start-up Hamburg: „Es gibt über 40.000 Millionäre in Hamburg, die wissen nur nichts von uns“

Vor diesem Hintergrund schrieb Dannenbring im Mai eine E-Mail an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), in der er die Probleme des Hamburger Start-ups mit der Finanzierung schilderte. Und dann passierte „etwas Unglaubliches“, wie Dannenbring findet: Der Minister rief persönlich zurück. Er machte den Gründern Mut und ermunterte sie, bei den Bürgschaftsbanken einen neuen Anlauf mit einem aktuellen Businessplan zu starten.

Dabei müsste doch eigentlich auch in Hamburg genug Geld für Start-ups mit einem erwiesenermaßen marktgängigen Produkt vorhanden sein, meint Dannenbring: „Es gibt über 40.000 Millionäre in dieser Stadt, die wissen nur nichts von uns.“ Vielleicht liegt es aber auch am Produkt selbst: Von Federwiegen als Geschäftsidee muss man Wagniskapitalgeber erst einmal überzeugen – was bei Anwendungen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz womöglich etwas weniger Mühe erfordert.