Hamburg. Haushaltsberatungen: Ausgaben knacken magische Grenze, von Sparen ist trotzdem keine Rede. Was der Senat anders macht als die Ampel.

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen Haushalt aufstellen zu müssen kann eine Koalition schon mal an den Rand des Bruchs führen – das führt die Ampel-Regierung im Bund gerade anschaulich vor. Umso bemerkenswerter war, wie geräuschlos Rot-Grün in Hamburg am Montag seine dreitägigen Beratungen über den Doppelhaushalt 2025/2026 begonnen hat. Während Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) die Ampelpartner mit immer neuen Spardiktaten erzürnt, ist in Hamburg – trotz ähnlicher Rahmenbedingungen – von Kürzen keine Rede.

Die Zahlen sagen sogar das Gegenteil aus: Nachdem der laufende Etat 2023/2024 ein Gesamtvolumen von rund 37 Milliarden Euro hatte, dürfte das neue Werk eher in Richtung 40 Milliarden gehen – die genauen Eckdaten will der Senat erst am Mittwoch verraten. Alle Behörden könnten mehr Geld ausgeben und ihre laufenden Ausgaben finanzieren, hieß es aber bereits am Montag aus Regierungskreisen.

Steuereinnahmen sind in Hamburg stabiler als im Bund

Allerdings bedeutet das nicht, dass im Hamburger Himmel nun Jahrmarkt ist. Denn die Zuwächse sind vor allem nötig, um gestiegene Kosten aufzufangen. Das betrifft sowohl die direkten Personalausgaben der Stadt, die infolge von hohen Tarifabschlüssen in vielen Bereichen um rund zehn Prozent gestiegen sind, als auch die Ausgaben für eingekaufte Dienstleistungen. Insbesondere Baumaßnahmen verteuern sich derzeit oft sprunghaft.

Dass die Stadt das dennoch relativ problemlos finanzieren kann, hat zwei Gründe. Zum einen sollen die Steuereinnahmen in Hamburg etwas stabiler bleiben als im Bund und in vielen Ländern. Von knapp 15,3 Milliarden Euro in diesem Jahr sollen sie laut der jüngsten Mai-Steuerschätzung bis 2028 auf 17,2 Milliarden Euro ansteigen.

„Steuertrend“: Darum muss Hamburg im Haushalt nicht kürzen

Viel entscheidender ist aber, dass Hamburg schon lange auf eine völlig andere Systematik setzt als der Bund und andere Länder. Statt der stark schwankenden Steuerschätzung nimmt der Senat den „Steuertrend“ als Basis für seine Haushalte: Dieser leitet sich aus den realen Einnahmen der vergangenen 14 Jahre ab und gibt vor, wie viel Geld ausgegeben werden darf.

Wird dann tatsächlich mehr eingenommen, wie es von 2012 bis 2020 fast immer das Fall war, wird dieser Überschuss auf einem virtuellen „Konjunkturkonto“ verbucht. Liegen die Einnahmen einmal unter dem Trendwert, kann von diesem Konto abgebucht und die Lücke geschlossen werden.

Hamburg hat 6,2 Milliarden Euro auf dem „Konjunkturkonto“

Darauf scheint es nun hinauszulaufen. Denn auch wenn die Einnahmen steigen, liegen sie erheblich unter den Trendwerten, also dem, was „normal“ wäre. Für dieses Jahr klafft eine Lücke von gut 350 Millionen Euro, bis 2028 fehlen kumuliert mehr als 7,5 Milliarden Euro im Haushalt. Dieses Geld wird sich der Senat im Ernstfall über Kredite besorgen müssen. Möglich wäre das trotz Schuldenbremse vorerst problemlos, da sich auf dem „Konjunkturkonto“ ein Plus von 6,2 Milliarden Euro angesammelt hat.

Das ist ein wichtiger Grund, warum dieser Haushalt bislang „ganz ohne öffentliches Getöse“ aufgestellt wurde, wie Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) erfreut betonte. Hamburg hebe sich „wohltuend ab von den Zänkereien der Ampel im Bund“. Es gehe jetzt vorrangig darum, die staatlichen Grundfunktionen sicherzustellen, so Dressel. „Das ist das, was den Bürgern wichtig ist, dass die Stadt weiter gut funktioniert – auch in schwierigen Zeiten.“

Dressel: Hamburg spart nicht bei Lehrern und Polizisten

Daher würden die Ausgaben auch 2025 und 2026 weiter steigen: „Vermutlich werden wir 2025 erstmals die Marke von 20 Milliarden Euro bei den Aufwendungen knacken“, sagte Dressel. Er verwies auf die Tarifsteigerungen und betonte: „Wir wollen auch keine Stellen streichen, eine wachsende Stadt wie Hamburg braucht ihre Lehrerinnen und Lehrer und ihre Polizistinnen und Polizisten.“

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Dennoch werde man nicht überall, wo etwas teurer wird, dies auch vollständig ausgleichen können, so Dressel. Denn schließlich solle auch die Investitionsquote weiter „sehr, sehr hoch“ bleiben: „Ob Mobilitätswende, Wärmewende oder auch der Schulbau – da werden wir Kurs halten.“