Hamburg. Eigentlich sollte der Haushaltsausschuss der Bürgerschaft heute grünes Licht geben. Doch daraus wurde nichts. Die Hintergründe.

Das kam bei SPD und Grünen in Hamburg nicht gut an: Eigentlich sollten die Beratungen zum umstrittenen Einstieg der weltgrößten Reederei MSC beim städtischen Hafenkonzern HHLA am Dienstagabend mit einem positiven Votum des Haushaltsausschusses abgeschlossen werden. Dann wäre als letzter Schritt vor der Sommerpause nur noch die Zustimmung der Bürgerschaft einzuholen gewesen. Doch kurz vor der Sitzung wurde klar: Der Ausschuss wird an diesem Abend nicht abstimmen.

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Stattdessen kündigte die Linkspartei an, eine öffentliche Anhörung zu dem Thema beantragen zu wollen, die das Pozedere noch einmal verzögern wird – und so kam es auch. „Ich werde heute eine öffentliche Anhörung beantragen“, sagte Norbert Hackbusch, Hafenexperte der Linkspartei, gleich zu Beginn der Sitzung gegen 17.30 Uhr. Es seien noch zu viele Fragen offen, um über den Deal abstimmen zu können, zumal dem Parlament erst vor wenigen Tagen weitere Infos zur Verfügung gestellt worden seien, die man noch gar nicht habe bewerten können.

Einer dieser Punkte war die Formulierung, wonach MSC künftig am Burchardkai „preferred“, also bevorzugt werde – so habe er das englischsprachige Dokument jedenfalls verstanden, so Hackbusch. Das widerspreche der Ankündigung des Senats, dass auch künftig alle Reedereien in Hamburg „diskriminierungsfrei“ behandelt würden.

Wirtschaftssenatorin Leonhard: MSC wird nicht „bevorzugt“

Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) stellte jedoch i der Sitzung umgehend klar, dass mit dem Wort nicht gemeint sei, dass MSC bevorzugt werde, sondern dass die Reederei künftig „bevorzugt“ den Burchardkai anlaufen wolle. Selbstverständlich würden alle Reedereien gleich behandelt.

Bei einer „öffentlichen Anhörung“ kommt, anders als bei normalen Ausschusssitzungen oder einer „Expertenanhörung“, die Öffentlichkeit zu Wort. Interessierte Beobachter, Experten oder Betroffene wie die HHLA-Mitarbeiter bekommen also die Möglichkeit, den Abgeordneten und anwesenden Senatsvertretern direkt ihre Meinung zu sagen.

Opposition geschlossen für Anhörung – Rot-Grün enthält sich

Dass es den Bedarf dafür gibt, wird auch in der CDU so gesehen. „Wenn es den Wunsch nach einer öffentlichen Anhörung gibt, finde ich das sehr nachvollziehbar“, sagte ihr Finanzexperte Thilo Kleibauer. Mindestens die CDU musste dem Antrag zustimmen, damit er auf das bei diesem Minderheitenrecht nötige Fünftel der Stimmen kommt. Das wurde letztlich locker erreicht, da die Opposition geschlossen für die Anhörung stimmte, während Rot-Grün sich enthielt.

Auch Kleibauer nannte etliche Punkte, die er weiterhin kritisch sehe. Dazu zähle, dass die Stadt künftig nur noch einen nahezu gleichberechtigten Partner habe, mit dem sie sich in vielen Punkten einigen müsse, damit die HHLA nicht blockiert werde – und das über eine Vertragslaufzeit von 40 Jahren. Kleibauer: „Das geht selten so lange gut, und was nicht gut geht, ist schlecht für die Stadt.“

Grüne: MSC ist starker Partner, der in Hamburg investieren will

SPD und Grüne hielten dagegen und warben für MSC als Partner. Bei der HHLA sei bei weitem nicht alles gut, es müsse sich etwas ändern, sagte Markus Schreiber, SPD-Experte für öffentliche Unternehmen. Und das sollte möglichst noch vor der Sommerpause beschlossen werden. Eine weitere vorherige Anhörung sei in Ordnung, sofern sie nicht nur der Verzögerung diene.

MSC sei „ein starker Partner, der in Hamburg investieren will“, sagt Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen. Er könne zwar manche Bedenken verstehen, warne aber vor dem „Schwarz-Weiß-Schema“ der Opposition. „In der Gesamtabwägung überwiegen die Chancen bei weitem die Risiken.“

Hafen Hamburg: Reederei MSC soll 49,9 Prozent an der HHLA halten

Wie berichtet, will der Senat, der bislang rund 70 Prozent an der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) hält, seinen Anteil auf 50,1 Prozent reduzieren. Dafür verkauft er knapp 20 Prozent der HHLA direkt an die Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in Genf. Die restlichen Anteile kauft die Reederei an der Börse auf, sodass sie am Ende bis zu 49,9 Prozent an der HHLA halten wird. Im Gegenzug verspricht das Unternehmen, hinter dem die italienische Familie Aponte steht, mehr Ladung nach Hamburg zu bringen und seine Deutschlandzentrale in der HafenCity zu errichten.

Die Bürgerschaft befasst sich seit Monaten mit dem umstrittenen Deal. Nachdem der Wirtschaftsausschuss und der Ausschuss für Öffentliche Unternehmen dem Geschäft bereits zugestimmt haben, fehlt nun nur noch der in dieser Angelegenheit federführende Haushaltsausschuss. Der muss nun aber zunächst die öffentliche Anhörung durchführen – das soll am 20. Juni erfolgen.

HHLA-Beschäftigte protestieren gegen Verkauf an MSC

Im Anschluss muss diese in einer Senatsbefragung ausgewertet werden – was wohl noch in der gleichen Sitzung stattfinden soll. Danach muss ein Ausschussbericht erstellt werden, auf dessen Basis die Bürgerschaft endgültig zustimmen könnte. Der rot-grüne Zeitplan, den HHLA-Verkauf in der letzten Sitzung des Parlaments vor der Sommerpause am 10. Juli abzusegnen, kann zwar gerade noch eingehalten werden, wird nun aber noch ambitionierter.

Unterdessen halten die Proteste gegen das Geschäft an. Vor der Sitzung am Dienstag übergaben Vertreter der Gewerkschaft Ver.di ein Schreiben mit Unterschriften der betroffenen HHLA-Beschäftigten an den Vorsitzenden des Haushaltsauschusses Mathias Petersen (SPD) übergeben. Darin antworten sie auf einen Brief des MSC-Deutschlandchefs, Nils Kahn, an die Bürgerschaftsabgeordneten.

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„Wir glauben Ihnen kein Wort und appellieren an die Bürgerschaftsabgeordneten, sich ebenfalls nicht täuschen zu lassen“, heißt es dort. MSC betrachte Mitarbeiter „lediglich als Zahlen“ und wolle nur den eigenen Profit mehren.

Mathias Petersen (SPD) will gegen HHLA-Verkauf an MSC stimmen

Bei Petersen dürfte diese Kritik durchaus auf fruchtbaren Boden fallen. Denn er hat bislang als einziger SPD-Abgeordneter angekündigt, dem Geschäft nicht zustimmen zu wollen. „Der Deal ist schlecht für Hamburg“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „MSC hat kein Interesse an Hamburg, sondern will ausschließlich den eigenen Gewinn maximieren. So setzen wir die Zukunft des Hafens aufs Spiel.“ Petersen schlägt stattdessen vor, MSC die Hälfte des Burchardkais (eines der vier HHLA-Terminals) anzubieten.