Hamburg. „Workation“ kommt bei den Beschäftigten gut an. Warum die Volksbank das Angebot macht und wie die Geschäfte 2023 gelaufen sind.
- Homeoffice auf den Kanaren – kein Problem
- Hamburger Volksbank mit weniger Kundeneinlagen
- Verwirrung um neues Kontomodell
Arbeiten und trotzdem täglich Zeit am Strand verbringen können – für die meisten Menschen bleibt das ein Traum. Doch mehr als zehn Prozent der Beschäftigten der Hamburger Volksbank haben schon die Möglichkeit genutzt, bis zu 37 Kalendertage im Jahr mit „Workation“ zu verbringen, also von einem Ferienort aus zu arbeiten. Seit Einführung des Modells im November 2022 waren es 48 Personen.
„Die Favoriten sind Dänemark für Kurzzeit-Aufenthalte und die Kanaren für längere Workation-Abschnitte“, sagt Thorsten Rathje, Vorstandssprecher der Hamburger Volksbank. Man biete die Option an, um „als Arbeitgeber attraktiv zu sein – für unser bestehendes Personal, aber auch mit Blick auf die Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Seit April 2023 ist eine Recruiterin für das Unternehmen tätig, die speziell in den sozialen Medien auf die Suche nach potenziellen neuen Beschäftigten geht. Tatsächlich sei im vergangenen Jahr die Anzahl der offenen Stellen stark zurückgegangen, während die Belegschaft um 17 auf 426 Personen zunahm, wie Rathje sagt.
Zwar will die Volksbank im Kundengeschäft wachsen. Aber bei den Einlagen gelang das 2023 nicht. Sie verminderten sich um 4,5 Prozent auf knapp 3,2 Milliarden Euro, was auch mit dem „ausgeprägten Wettbewerbsumfeld“ erklärt wird. „Wir haben attraktive neue Einlagenprodukte an den Markt gebracht, und es ist uns inzwischen gelungen, den Rückgang zu stoppen“, so Rathje. Seit dem Sommer 2023 seien gut 460 Millionen Euro an neuen Einlagen eingeworben, wobei Neukunden ein Drittel davon beisteuerten.
Warum man auf den Kanaren für die Volksbank arbeiten kann
Zu den neuen Produkten gehört seit März eine „Zinstreppe“, bei der der Einlagebetrag zu je einem Drittel für ein Jahr, für zwei Jahre und für drei Jahre angelegt wird und die für das erste Jahr eine Verzinsung von 5,0 Prozent bietet, gefolgt von je 2,0 Prozent für das zweite und dritte Jahr.
Zum Teil hängen die Konditionen neuer Angebote aber davon ab, welche Stufe ein Kunde in dem im Sommer 2023 eingeführten „Hausbankmodell“ erreicht: Je nachdem, wie viele Bankprodukte man nutzt, etwa wenn man die Banking-App verwendet, in Fonds investiert hat und Kontoauszüge nur digital erhält, kann man die Kontogebühren in mehreren Stufen bis auf null reduzieren, sie können nun jedoch auch deutlich höher ausfallen als zuvor. Letzeres führte bei manchen Kunden zu Enttäuschungen, und von der Verbraucherzentrale Hamburg hieß es damals, es häuften sich Beschwerden über das „verwirrende“ Kontomodell.
„Wir haben 70.000 Kundinnen und Kunden angeschrieben, und wir haben versucht, mit möglichst vielen von ihnen zu sprechen“, sagt Rathje dazu. „Es tut uns leid, wenn es zunächst ganz vereinzelt Missverständnisse gegeben hat. Das war aber kein generelles Problem, insgesamt ist das neue Kontenmodell von den Kunden positiv aufgenommen worden.“ Es gebe ja auch immerhin „fast 6000 Kundinnen und Kunden, die keine Kontoführungsgebühr mehr zahlen“.
Bei den Immobilienpreisen in Hamburg hat „eine Bodenbildung eingesetzt“
Im Unterschied zu manchen anderen Geldhäusern konnte die Hamburger Volksbank den Kreditbestand im Jahr 2023 um 5,3 Prozent auf gut 2,6 Milliarden Euro weiter steigern. „Die klassische Bauträgerfinanzierung ist auch bei uns sehr stark zurückgegangen“, erklärt Rathje. Dafür gab es aber ein Plus bei Firmendarlehen, zudem habe man sich stark auf die Finanzierung von Immobiliensanierungen konzentriert. Nach Einschätzung des Bankchefs dürfte die Abwärtsbewegung bei den Preisen für Häuser und Wohnungen zum Halten gekommen sein: „Wir nehmen wahr, dass bei den Immobilienpreisen eine Bodenbildung eingesetzt hat.“
Zwar hat sich die für die Steuerung der Volksbank maßgebliche Ertragsgröße der Volksbank, das Betriebsergebnis vor Bewertung, im Jahr 2023 sprunghaft von 22,1 Millionen auf 118,6 Millionen Euro erhöht. Dies beruhte aber allein auf einem Sondereffekt, ohne den es leicht gesunken wäre: Die Bank hat im Dezember gering verzinste Wertpapiere im Umfang von 1,1 Milliarden Euro aus dem Eigenbestand verkauft und dabei hohe Verluste hingenommen, was durch den gleichzeitigen Verkauf von älteren Zinsabsicherungskontrakten mit einem fast ebenso hohen Gewinn ausgeglichen werden konnte.
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Die aus der Veräußerung der Wertpapiere zugeflossene Liquidität wurde bereits zu einem großen Teil in neue Papiere mit viel höherer Verzinsung investiert. „Wir haben damit die Chance genutzt, uns vollständig aus der Niedrigzinsphase herauszuarbeiten“, so Rathje. „Mit dieser Umschichtung in der Bilanz heben wir unser Ertragsniveau auf eine ganz neue Ebene.“ Nachdem das Betriebsergebnis vor Bewertung bisher üblicherweise in der Nähe von 20 Millionen Euro lag, plane man für dieses Jahr schon mit 38,5 Millionen Euro. Daran sollen auch die Genossenschaftsmitglieder teilhaben, die schon für 2023 eine von 3,0 auf 4,0 Prozent aufgestockte Dividende erhalten: „Wir stellen uns vor, die Dividende in den nächsten Jahren weiter zu erhöhen.“