Hamburg. Banken locken bei Fest- und Tagesgeld mit hohen Zinsen. Die besten Konditionen. Aber man sollte genau hinschauen und schnell sein.

  • Trade Republic verbessert die Konditionen
  • Tages- und Festgeld: Die Verbraucherzentrale gibt Tipps
  • 5 Prozent aufs Tagesgeld mit einem Haken

Es ist tatsächlich schon mehr als acht Jahre her, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins zum letzten Mal gesenkt hat – lange lag er bei null, bis er zwischen Juli 2022 und September 2023 auf zuletzt 4,5 Prozent angehoben wurde. Doch nun zeichnet sich erstmals wieder eine Senkung ab: Viele Beobachter erwarten, dass der EZB-Rat bei seiner nächsten Sitzung am 6. Juni die lange erwartete Zinswende mit einem ersten Schritt einleiten wird.

Zinsen vor EZB-Entscheidung: Noch gibt’s bis zu 5 Prozent auf Tagesgeld und Festgeld

Aber was bedeutet das für Sparer? Müssen sie sich nun wieder auf magerere Zeiten einstellen, nachdem selbst die Haspa auf ein Festgeld für drei Jahre zeitweise eine für Filialbanken beachtliche Verzinsung von 3,33 Prozent gewährte und die Hamburger Volksbank im Herbst noch 2,70 Prozent für zwei Jahre zahlte? Allerdings haben die beiden Institute aus der Hansestadt – so wie etliche andere Banken auch – ihre Zinskonditionen schon in den vergangenen Monaten wieder zurückgefahren. Wer bereit ist, sein Geld mindestens fünf Jahre lang festzulegen, erhält bei der Haspa aktuell aber immerhin noch 2,70 Prozent.

Andere Anbieter aus dem Ausland oder aus dem Segment der Direktbanken sind auch jetzt noch deutlich großzügiger. So gibt es etwa bei der estnischen Bigbank 3,60 Prozent auf Zweijahresfestgeld. Mit Tagesgeld lassen sich derzeit sogar noch höhere Verzinsungen erreichen – zum Beispiel bei der niederländischen App-Bank Bunq, die 4,01 Prozent für Neukunden nennt. Garantiert wird dieser Zinssatz jedoch nur für vier Monate, anschließend fällt er auf 1,56 Prozent zurück.

Vor der EZB-Zinsentscheidung: Jetzt noch in Festgeld gehen?

„Definitiv werden die Zinssätze weiterhin sinken“, sagt Ania Scholz-Orfanidis, Anlageexpertin bei der FMH-Finanzberatung, die Bankkonditionen auswertet. „Seit Anfang des Monats beobachten wir regelmäßige Zinssenkungen bei Tages- und Festgeldkonten. Dies lässt vermuten, dass die Banken die bevorstehende Leitzinssenkung der EZB antizipieren und ihre Zinspolitik dementsprechend anpassen.“

Ökonomen erwarten für den 6. Juni eine Reduktion des EZB-Hauptrefinanzierungssatzes um zunächst 0,25 Prozentpunkte. Welche Auswirkungen eine solche Entscheidung auf die Zinspolitik der Geschäftsbanken hätte, ist aber laut Scholz-Orfanidis „schwer vorherzusagen“. Denn neben dem EZB-Leitzins spielten auch andere Faktoren, unter anderem die Nachfrage nach Krediten und Einlagen, eine Rolle: „Es ist also möglich, dass die Tages- und Festgeldzinsen nicht proportional zum EZB-Leitzins sinken.“

Auf etwas längere Sicht, etwa bis Ende des Jahres, wird es nach Einschätzung der Expertin jedoch tendenziell weiter abwärtsgehen. „Fest steht: Die Zeiten hoher Sparzinsen sind vorerst vorbei“, sagt Scholz-Orfanidis. „Sparer müssen sich darauf einstellen, dass sie mit ihren Geldanlagen weniger Rendite erzielen werden als in den vergangenen Monaten.“ Das gilt gerade für längere Fristen. Während die FMH-Finanzberatung im November noch einen Höchstzins von 4,50 Prozent für fünf und für zehn Jahre notierte, seien es derzeit maximal 3,30 Prozent für 5 und 3,15 Prozent für zehn Jahre.

Die Realverzinsung hat sich wegen der abgeschwächten Inflation verbessert

Dabei ist jedoch zu bedenken, dass sich die Realverzinsung, also die Rendite unter Berücksichtigung der Inflationsrate, zuletzt deutlich verbessert hat und nun für gute Angebote weit im positiven Bereich rangiert. Denn im Jahresdurchschnitt 2023 betrug die Teuerungsrate noch 5,9 Prozent, bis April 2024 ist sie nach Angaben des Statistischen Bundesamts auf 2,2 Prozent gesunken.

Damit entgeht man der Geldentwertung selbst noch mit einem eher mäßigen Festgeldprodukt wie dem der Haspa. Und sogar der von der FMH-Finanzberatung aus den Angaben von 136 Banken ermittelte Durchschnitts-Tagesgeldzins von aktuell 2,13 Prozent reicht dafür nahezu schon aus.

Für Sandra Klug, Abteilungsleiterin Geldanlage/Altersvorsorge/Versicherungen bei der Verbraucherzentrale Hamburg, spricht vor diesem Hintergrund denn auch nichts dagegen, Geldbeträge, auf die man in den nächsten drei bis fünf Jahren absehbar nicht zurückgreifen muss, für entsprechende Fristen auf Festgeldkonten anzulegen.

Warum manche besonders attraktive Zinsangebote einen Haken haben

„Wer sich für ein Festgeldkonto entscheidet, sollte unbedingt auf die Einlagensicherung achten“, sagt Scholz-Orfanidis. Die gesetzliche Einlagensicherung von maximal 100.000 Euro wird jeweils von dem Staat übernommen, in dem die Bank ihren Sitz hat. Manche deutsche Geldhäuser bieten über Einlagensicherungsfonds eine Absicherung, die über den gesetzlichen Mindestwert deutlich hinausgeht.

Bei einem Blick auf die aktuellen Top-Konditionen in Vergleichstabellen fällt auf, dass manche der besonders verlockend erscheinenden Konditionen an Bedingungen geknüpft sind – beziehungsweise es sich bei näherem Hinsehen eigentlich um Kombi-Produkte handelt.

So sind die 4,00 Prozent Tagesgeldzinsen vom Online-Broker Trade Republic, im Tagesgeldvergleich der FMH-Finanzberatung derzeit der Spitzensatz mit deutscher Einlagensicherung, an die Eröffnung eines gebührenfreien Depots (das aber nicht unbedingt für Wertpapiergeschäfte genutzt werden muss) geknüpft. Trade Republic lässt nach eigenen Angaben nun die bisherige Obergrenze von 50.000 Euro für dieses Angebot fallen.

Was hinter der 5,00-Prozent-Offerte der OLB tatsächlich steckt

Die spanische Openbank lockt mit einem Tagesgeldzins von 3,80 Prozent in den ersten sechs Monaten für Neukunden plus einer Prämie von 75 Euro, aber dazu muss auch ein gebührenfreies Girokonto eröffnet werden. Und die Oldenburgische Landesbank (OLB) wirbt gar mit 5,00 Prozent Zinsen für bis zu 50.000 Euro aufs Tagesgeld, zumindet für zwei Monate. Danach gilt der variable Zinssatz von derzeit 1,00 Prozent. Das Angebot hat aber einen Haken: Man muss dafür ein Girokonto bei der OLB eröffnen, das mindestens 6,50 Euro im Monat kostet.

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„Banken möchten offensichtlich Kunden wieder an sich binden“, sagt Verbraucherschützerin Klug zu derartigen Offerten. Wenn aber die Erfüllung der Voraussetzungen für den hohen Tagesgeldzins mit Kosten verbunden seien, lohne sich das Angebot womöglich nicht wirklich. Außerdem ist zu beachten: Nach Angaben der Schufa kann die Anzahl der Girokonten eines Bankkunden seinen Kreditwürdigkeits-Score beeinflussen – wer mehrere Girokonten führt, kann dabei also schlechter abschneiden.