Hamburg. Exklusive Übersicht mit 20 Unternehmen – und überraschenden Ergebnissen. Warum ein großer Konzern in der Statistik vorne liegt.

  • Tchibo, Fielmann und Co in der Übersicht: Was Hamburger Unternehmen Frauen bezahlen
  • Beiersdorf liegt im Ranking vorne
  • Auch Otto, Fielmann, Tchibo in der Übersicht

Dass Frauen und Männer im Beruf unterschiedlich viel verdienen, gehört zu den Wahrheiten, die sich trotz aller Appelle und Bemühungen einfach nicht zu ändern scheinen. Seit Jahren verharrt die sogenannte Gender-Pay-Gap, der Verdienstabstand zwischen den Geschlechtern, hierzulande bei etwa 17 bis 18 Prozent.

Das Arbeitgeberbewertungsportal kununu ermittelte bei einer Auswertung von mehr als 120.000 Gehältern: Frauen, die in Hamburg einen Vollzeitjob haben, bekommen ein durchschnittliches Jahresgehalt von 44.923 Euro brutto. Männer verdienen fast 9000 Euro mehr – im Schnitt 53.837 Euro im Jahr.

Tchibo, Fielmann und Co.: In diesen Hamburger Unternehmen verdienen Frauen am besten

Die Gründe für dieses weite Auseinanderklaffen der Gehälter sind vielfältig. Eine große Rolle spielt: Frauen arbeiten oft in Berufen mit geringem Verdienst. Von den fünf in Deutschland am schlechtesten bezahlten Berufen haben der Lebensmitteleinzelhandel, die Floristik und die Körperpflege einen Frauenanteil von mehr als 80 Prozent unter allen Beschäftigten, in der Gastronomie und in der Pferdewirtschaft sind es jeweils mehr als 60 Prozent. Aber womöglich ist es sogar so: In diesen Berufen wird wenig gezahlt, gerade weil der Frauenanteil so hoch ist.

Doch selbst wenn Frauen und Männer die gleiche Qualifikation haben, im gleichen Beruf in einer vergleichbaren Funktion arbeiten, verdienen sie deshalb nicht zwangsläufig gleich viel. „Selbst bei gleicher formaler Qualifikation und ansonsten gleichen Merkmalen beträgt der Entgeltunterschied immer noch sechs Prozent“, stellt das Bundesfamilienministerium fest. Das sei „ein klarer Hinweis auf versteckte Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt“.

Fielmann, Tchibo, Otto und Co.: So werden die Gehaltsdaten ermittelt

Wie aber sieht es in großen und bekannten Hamburger Unternehmen mit der Bezahlung von Frauen aus? Das hat kununu exklusiv für das Abendblatt ausgewertet. Die Grundlage dafür sind die Gehaltsangaben, die Beschäftigte auf dem Portal anonym machen. Berücksichtigt wurden dabei nur Unternehmen, für die es mehr als 100 Gehaltsdaten von Frauen gibt. Aus ihnen wurde das Vollzeit-Durchschnittsgehalt der weiblichen Beschäftigten herausgefiltert.

Klar ist: Durchschnittsgehälter haben eine begrenzte Aussagekraft. Ihre Höhe ist abhängig von sehr vielen Faktoren wie Qualifikation, Funktion im Unternehmen, Berufserfahrung. Gleichwohl geben Durchschnittsgehälter eine Orientierung, wie viel oder wie wenig in einer Firma verdient wird. Und die kununu-Zahlen geben für einige Hamburger Unternehmen sogar eine Antwort auf die Frage, ob Frauen dort womöglich im Schnitt mehr verdienen als Männer.

Gehälter von Frauen: In diesen Firmen sind sie überdurchschnittlich hoch

In neun der 20 Hamburger Unternehmen, für die kununu das Durchschnittsgehalt weiblicher Beschäftigter ermitteln konnte (siehe Tabelle), verdienen Frauen mehr als im Hamburger Durchschnitt (44.923 Euro brutto im Jahr). Der Online-Händler Otto (56.192 Euro) gehört dazu, der Klinikkonzern Asklepios (46.357), der kununu-Mutterkonzern New Work SE (59.435 Euro) auf Platz zwei ebenso wie die Medienhäuser Gruner+Jahr und Bauer. Der Spitzenreiter aber ist mit weitem Abstand Hamburgs einziger DAX-Konzern. Beim Nivea-Hersteller Beiersdorf verdienen Frauen im Schnitt 64.648 Euro im Jahr.

Warum Frauen bei Beiersdorf besonders gut verdienen, lässt sich zwar nicht eindeutig sagen, doch es gibt zumindest Hinweise: Weil weibliche Beschäftigte ungewöhnlich häufig Führungspositionen innehaben. „Weltweit lag der Anteil von Frauen in Führungspositionen zum 1. September 2023 bei über 50 Prozent“, heißt es bei Beiersdorf auf Abendblatt-Anfrage.

Darum verdienen Frauen bei Beiersdorf besonders viel

Dem siebenköpfigen Vorstand um CEO Vincent Warnery gehören mit Nicola Lafrentz (Arbeitsdirektorin), Astrid Hermann (Finanzvorständin) und Grita Loebsack (Präsidentin Nivea) drei Frauen an. Ein ungewöhnlich hoher Anteil für einen DAX-Konzern. In diesen 40 Unternehmen waren laut einer Untersuchung der Allbright Stiftung vom Herbst 2023 die Vorstandsmitglieder zu 83 Prozent Männer. Im Beiersdorf-Aufsichtsrat sind Frauen inzwischen in der Mehrheit, ihm gehören sieben weibliche und fünf männliche Mitglieder an. Ein so hoher Anteil ist in DAX-Konzernen ungewöhnlich. Auf der ersten und zweiten Führungsebene des Unternehmens in Deutschland liege der Frauenanteil jeweils bei um die 40 Prozent – angestrebt seien 50 Prozent, heißt es.

Die neue Beiersdorf-Zentrale in Eimsbüttel. Beim Nivea-Hersteller haben Frauen besonders hohe Gehälter.
Die neue Beiersdorf-Zentrale in Eimsbüttel. Beim Nivea-Hersteller haben Frauen besonders hohe Gehälter. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

„Wir wollen der Arbeitgeber der Wahl für vielfältige Talente sein. Faire und wettbewerbsfähige Löhne – unabhängig vom Geschlecht – sind ein wesentlicher Baustein auf diesem Weg. Eine gerechte Entlohnung trägt dazu bei, erstklassige Talente anzuziehen und zu binden“, sagt Misel Ahom, die den Titel Human Resources Vice President Diversity, Equity & Inclusion and Talent Acquisition trägt, also in der Personalabteilung für Diversität, Inklusion und Talentgewinnung mit zuständig ist.

Beiersdorf: So viel verdienen die Top-Managerinnen

In den Beiersdorf-Jobs, die nach Tarif bezahlt werden, geschieht das nach dem Tarif der Chemieindustrie, und die ist eine der Branchen, in denen hierzulande die höchsten Gehälter vereinbart sind. Wie viel Gehalt übertariflich bezahlte Managerinnen und Manager erhalten, entscheidet sich nach einem internen Regelwerk, über dessen Einhaltung auch der Betriebsrat wacht. „Für den außertariflichen Bereich sorgt unter anderem eine Betriebsvereinbarung für Entgeltgleichheit“, sagt Konzernsprecherin Anke Schmidt.

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Das scheint zu funktionieren, zeigt der Vergütungsbericht des Konzerns für das vergangene Jahr. Demnach erhielten die drei Top-Managerinnen und drei Top-Manager im Vorstand um CEO Warnery dasselbe Grundgehalt: jeweils 500.000 Euro.

Dass der Nivea-Hersteller allgemein ziemlich gut zahlt, zeigte sich schon, als kununu für das Abendblatt kürzlich die höchsten Einstiegsgehälter für Beschäftigte mit bis zu drei Jahren Berufserfahrung ermittelte. Beiersdorf belegte mit 54.099 brutto Jahresgehalt für die jungen Talente Platz zwei der Rangliste hinter dem Flugzeugbauer Airbus.

Tchibo, Fielmann und Co.: In dieser Firma verdienen Frauen im Schnitt mehr als Männer

Noch erstaunlicher ist etwas anderes: Beiersdorf ist laut den kununu-Gehaltsdaten das einzige Unternehmen in der Stadt, in dem Frauen im Schnitt sogar mehr verdienen als Männer. Denn unabhängig vom Geschlecht haben die Beschäftigten des Eimsbütteler Unternehmens ein Jahresgehalt von 63.262 Euro – bei den Frauen sind es knapp 1400 Euro mehr pro Jahr.