Hamburg. Die Firma Ohne-Makler aus Glinde bei Hamburg berichtet von großer Nachfrage. Wie ihr Geschäft funktioniert und was „echte“ Makler sagen.

Mehr als ein Jahrzent lang war der Verkauf von Immobilien in Hamburg und Umgebung ein Selbstgänger. Mitunter habe man die Inserate nur für Stunden scharf schalten müssen, bis ein Käufer gefunden war, berichten Makler rückblickend geradezu wehmütig. Diese Zeiten sind vorbei. Nicht selten müssen Objekte heutzutage über Monate angepriesen werden, bis sie auf Interesse stoßen.

Kein Wunder: Denn auch wenn die Immobilienpreise mittlerweile wieder nachgeben, sind sie vor allem in Hamburg nach wie vor hoch, die Zinsen liegen aber nicht mehr bei unter 1,0 Prozent, sondern bei 3,5 bis 4,0 Prozent, die energetischen Anforderungen spielen eine viel größere Rolle, und die Banken prüfen daher sehr viel restriktiver, was sie noch finanzieren.

Immobilie verkaufen ohne Makler: Billiganbieter verzeichnet steigende Nachfrage

Diese Entwicklung spürt auch die Maklerbranche. So hatte das bekannte Unternehmen Von Bülow & Cie mit Sitz an der Elbchaussee im April Insolvenz angemeldet. Und laut Immobilienverband Deutschland (IVD Nord) war das kein Einzelfall: Seit Beginn der Immobilienkrise vor gut zwei Jahren mussten in Hamburg und den angrenzenden Ländern bereits fünf weitere Makler aufgeben. Allerdings sei das gemessen an den 1400 IVD-Nord-Mitgliedsunternehmen „eine geringe Zahl“.

Profitieren konnte hingegen ein Unternehmen, das sich als so etwas wie der Gegenentwurf zum klassischen Makler präsentiert: Ohne-Makler. „Seit 2009 verzeichnen wir Jahr für Jahr steigende Nachfrage“, sagte Hendrik Richter, Geschäftsführer der in Glinde bei Hamburg ansässigen Firma, im Abendblatt-Gespräch. Im Gegensatz zur traditionellen Konkurrenz hat diese Nachfrage in der Immobilienkrise jedoch nicht nachgelassen, im Gegenteil.

Bei Ohne-Makler wird jede Dienstleistung einzeln abgerechnet

„Die gestiegenen Zinsen und Baukosten haben das noch befeuert“, so Richter. „Wir haben mehr Kontaktanfragen, hatten im ersten Quartal 2024 rund 25 Prozent mehr Verkäufer auf unserer Seite als im Vorjahresquartal, und die Vermarktungsdauer sinkt.“ Im vergangenen Jahr hatte Ohne-Makler nach Richters Angaben rund 18.000 Kunden, die etwa 30.000 Inserate gekauft haben.

Sein kleines Unternehmen mit acht Mitarbeitern agiert zwar im Prinzip auch wie ein Makler – aber zu völlig anderen Bedingungen. Während klassische Makler auf Kundenkontakt und persönliche Beratung setzen, läuft bei Ohne-Makler fast alles online oder telefonisch. Während Makler nur im Erfolgsfall eine Courtage verlangen, die dann aber in der Regel bei 7,14 Prozent des Immobilienwertes liegt (zu zahlen je zur Hälfte von Käufer und Verkäufer), wird bei Ohne-Makler für jede Dienstleistung eine fixe Gebühr erhoben, die in jedem Fall fällig wird.

Besichtigungstermine müssen Ohne-Makler-Kunden selbst arrangieren

Das funktioniert nach dem Baukastenprinzip: So kostet ein Inserat, das parallel auf mehreren Portalen wie Immoscout geschaltet wird, für Mietobjekte ab 49 Euro und für Verkaufsobjekte ab 89 Euro. Einen Energieausweis lässt Ohne-Makler für 45 Euro erstellen, und professionelle Fotos der Immobilie schlagen mit 349 Euro zu Buche. Das Rund-um-sorglos-Paket kostet 3000 Euro – unabhängig vom Imobilienwert.

Das kann erhebliche Unterschiede ausmachen: Wer zum Beispiel eine Immobilie im Wert von 500.000 Euro über einen „normalen“ Makler verkauft und dabei 3,57 Prozent Courtage tragen muss, kommt im Erfolgsfall auf Kosten von 17.850 Euro – mehr als fünfmal so viel wie bei Ohne-Makler. „Dabei übernehmen wir fast alle üblichen Makler-Dienstleistungen“, so Richter, „mit einem großen Unterschied: Wir verlassen unser Büro nicht. Besichtigungs- und andere Vor-Ort-Termine müssen die Kunden selbst arrangieren.“

Makler-Verband IVD Nord: „Man muss sich Kaufpreisverhandlungen zutrauen“

Ob man sich das zutraut, müsse jeder Kunden selbst abwägen, sagt die IVD-Nord-Vorstandsvorsitzende Anika Schönfeldt-Schulz. „Wir als IVD Nord betrachten Online-Makler nicht als Konkurrenz. Das ist einfach ein anderes Geschäftsmodell“, sagt die Maklerin und betont den entscheidenden Unterschied: „Bei Online-Maklern wird jede gewünschte Dienstleistung einzeln abgerechnet, während bei uns klassischen Maklern nur im Erfolgsfall eine Courtage fällig wird.“

Über diese würden übrigens nur die wenigsten Kunden verhandeln: „Weil sie unsere Beratungs- und Dienstleistung offensichtlich schätzen und benötigen“, so Schönfeldt-Schulz. Gleichwohl räumt sie ein: „Das andere Modell ist natürlich auch legitim – aber wohl eher für Kunden, die sich zutrauen, etwas mehr Eigenleistung zu erbringen und zum Beispiel Besichtigungstermine zu organisieren oder Kaufpreisverhandlungen zu führen.“

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Auf einer Linie liegen der IVD und Ohne-Makler bei der Bewertung der Lage: „Grundsätzlich beobachten wir, dass das Interesse an Immobilien wieder steigt“, sagte Hendrik Richter – so hatte es auch Anika Schönfeldt-Schulz kürzlich eingeschätzt. Auch andere vom Abendblatt befragte Experten hatten von dieser Belebung des Immobilienmarktes berichtet und darauf verwiesen, dass es aufgrund der sinkenden Preise wieder mehr Nachfrage gebe.