Hamburg. Die drei Kaufhäuser in der Hansestadt bleiben, aber es wird Veränderungen geben. Was der Betriebsratschef von Karstadt Mö fordert.
Natürlich ist die Erleichterung immer noch groß. Als Ende April bekannt wurde, welche der 92 Kaufhäuser des Warenhaus-Konzerns Galeria Karstadt Kaufhof in Folge von Insolvenz und Verkauf schließen sollen, standen die drei Hamburger Standorte in der Innenstadt, Eimsbüttel und im Alstertal-Einkaufszentrum nicht auf der Liste. „Wir haben alle aufgeatmet“, sagt Nils Reinhardt, Betriebsratsvorsitzender des größten Hauses der Stadt an der Mönckebergstraße.
Angesichts von drei Insolvenzverfahren binnen drei Jahren, dreimal monatelangem Bangen sind die 400 übrig gebliebenen Beschäftigten in der Hansestadt einiges gewohnt. Inzwischen zeichnet sich ab, wie es für sie weitergeht. Die gute Nachricht: Personalabbau im Verkauf ist nicht geplant „Trotzdem ist allen bewusst, dass die Veränderungen im Unternehmen auch bei uns spürbar sein werden“, sagt Arbeitnehmervertreter Reinhardt, der auch im Gesamtbetriebsrat sitzt. Und damit meint er nicht nur die geplante Namensänderung von Galeria Karstadt Kaufhof in Galeria. „Das ist das Ende einer Tradition.“
Galeria Karstadt Kaufhof: Das erwartet Hamburger Beschäftigte
Veränderungen bringt vor allem die Neuordnung der Konzernverwaltung, die der Hamburger Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und das neue Eigentümer-Konsortium mit dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz und US-Investor NRDC Equity Partners, Deutschlands letzter großer Warenhauskette nach dem Ende der Signa-Ära verordnet haben. Die Zentrale in Essen sowie die Verwaltungsreste in Köln werden aufgegeben. 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren dort ihren Job. Künftig wird das Unternehmen von Düsseldorf aus geführt.
Mit Folgen für Hamburg: „Die Personalverwaltung und große Teile der IT-Abteilung werden ausgegliedert. Das ist ein riesiger Einschnitt“, sagt Betriebsratschef Reinhardt. Acht Computer-Experten in Hamburg verlieren dadurch nach dem jetzigen Stand ihren Job. Sie können wie alle anderen knapp 1400 Beschäftigten, die eine Kündigung erhalten, für ein halbes Jahr in eine Transfergesellschaft wechseln. Welche weiteren Folgen die Umstrukturierung hat, sei noch nicht absehbar, sagt der Arbeitnehmervertreter. „Aber es wird viel Know-how verloren gehen und die schnelle Unterstützung vor Ort fehlt.“
Seit 2020 wurden fünf Kaufhäuser in Hamburger geschlossen
Trotzdem sieht der 55-jährige „Karstädter“, der vor knapp 40 Jahren seine Ausbildung bei Karstadt in Altona begonnen hatte, mit mehr Optimismus in der Zukunft als nach den letzten beiden Insolvenzen in den Jahren 2020 und 2023, bei denen in Hamburg der Kaufhof in der Mönckebergstraße, die Karstadt-Häuser in Bergedorf, Wandsbek und Harburg sowie die Karstadt-Sports-Filiale in der Innenstadt geschlossen worden waren.
„Die neuen Investoren sind erfahrene Handelsexperten. Wir haben wieder Zuversicht und sehen eine Perspektive“, sagt Nils Reinhardt, der seit 2022 den Vorsitz des Betriebsrats bei Galeria-Karstadt in der Mönckebergstraße mit 230 Beschäftigten hat. Er setzt darauf, dass die Gläubigerversammlung dem Insolvenzplan am 28. Mai zustimmt. Aber schon in den vergangenen Monaten habe sich unter dem Management von Galeria-Chef Olivier Van den Bossche einiges geändert.
Das Kaufhaus in der Mönckebergstraße habe inzwischen fast wieder die Kundenzahlen wie vor der Corona-Pandemie. Damals wurden bis zu 30.000 Menschen am Tag in dem Kaufhaus gezählt. Auch die Umsätze stiegen seit Monaten deutlich, so der Betriebsratsvorsitzende. Hauptproblem für die wichtige Kennziffer der Profitabilität: die hohen Mieten. Die millionenschwere Kaufhaus-Immobilie an der Mö gehört zur inzwischen insolventen Signa-Gruppe, die über Jahre überteuerte Mieten aus ihren Objekten gezogen hat.
Schon im Januar hatte wie andere Immobiliengesellschaften der Gruppe auch die Hamburg, Mönckebergstraße 16, Immobilien GmbH & Co. KG Insolvenz angemeldet. Bislang ist das Objekt nicht verkauft, aber die Mieten konnte Insolvenzverwalter Denkhaus offenbar deutlich herunterhandeln. „Wir wissen, dass sie jetzt auf einem marktüblichen Niveau sind“, sagt Betriebsratschef Reinhardt. Andernfalls, so die Befürchtungen der Beschäftigten, wäre es an dem traditionsreichen Standort wohl nicht weitergegangen.
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Nun ist die Hoffnung auf einen Wandel groß. Denn nicht nur die Mieten, sondern auch die Kosten durch die Verschlankung der Verwaltung sollen für die übrig gebliebenen 76 Galeria-Häuser spürbar sinken. „Es muss mehr Geld in den einzelnen Häusern hängen bleiben, damit investiert und modernisiert werden kann“, fordert Betriebsrat Nils Reinhardt. Schon jetzt hätten die Filialchefs und -chefinnen mehr Entscheidungsbefugnisse, können auch die Sortimente regionaler und auf die Kundenbedürfnisse ausrichten. „Bei uns im Haus gibt es zum Beispiel einen FC-St.-Pauli-Fanshop. Das ist bundesweit einzigartig und wird gut angenommen“, sagt Betriebsratschef Reinhardt. „Das muss weiter ausgebaut werden.“
Ob das reicht, um die schlingernde Warenhauskette wieder auf Kurs zu bringen? Handelsexperte Professor Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach geht nicht davon aus. Die Summen, die für künftige Investitionen genannt wurden, seien viel zu gering, notwendige Maßnahmen würden nicht angegangen. Zudem sei keine Neuausrichtung erkennbar, sagt er. Auch Jörg Funder, Professor an der Hochschule Worms und Direktor des Instituts für Internationales Handels- und Distributionsmanagement, erwartet, dass langfristig nur 20 Galeria-Filialen überstehen.
Galeria Karstadt Kaufhof: Was erwartet Hamburger Beschäftigte
Betriebsrat Nils Reinhardt bleibt optimistisch. Auch wenn gerade eine weitere geplante Veränderung durchsickerte. Demnach will Galeria Karstadt Kaufhof mit neuer Rechtsform in die Zukunft gehen. Das kündigten Insolvenzverwalter Denkhaus sowie die beiden Geschäftsführer Olivier van den Bossche und Guido Mager in einem internen Schreiben an. Statt in einer GmbH organisiert zu sein, soll es künftig eine S.à.r.l. & Co. KG sein – eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Einher geht der Schritt mit einer Abschaffung des Aufsichtsrats. „Das ist eine unbekannte Größe“, sagt Betriebsrat Reinhardt. „Aber auf jeden Fall ein Einschnitt für die Arbeitnehmervertretung.“
Die Folgen könnten sich schon Ende des Jahres zeigen, wenn der sogenannte Sanierungstarifvertrag für die bundesweit knapp 11.000 Beschäftigten ausläuft. „Wir haben lange auf Geld verzichtet, damit das Unternehmen überlebt. Jetzt wünschen wir uns eine bessere Entlohnung“, sagt der Hamburger Betriebsratsvorsitzende. Es könnte der nächste Konflikt bei Galeria drohen.