Hamburg. Exklusiv: Stephan Liesegang von der Sparda über Hauspreise in Hamburg, Spar- und Kreditzinsen sowie die eigene Geschäftsentwicklung.

Vor rund einem Jahr hatte Stephan Liesegang für Kopfschütteln in der Baubranche und Maklerszene gesorgt, als er im Abendblatt voraussagte, dass die Immobilienpreise bundesweit um bis zu 40 Prozent sinken würden. Als völlig übertrieben wurde diese Aussage von vielen gewertet. Dass der Vorstandsvorsitzende der Sparda Bank Hamburg recht behalten würde, damit hatte kaum jemand gerechnet.

Nahezu alle Besitzer – vor allem älterer Häuser – mussten hohe Abstriche bei ihren Wunschpreisen machen. „Es war im vergangenen Jahr normal, dass Kaufinteressenten bei Häusern mit Gas- oder Ölheizung Preisnachlässe von zehn bis 25 Prozent verlangt haben“, sagt Liesegang. Die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern hätten sich erst langsam angenähert. Liesegang sieht das tiefe Tal bei den Immobilienpreisen nun erreicht, sagt für die kommenden sechs Monate in Hamburg ein Plus von einem bis zwei Prozent voraus.

Bankchef sagt überraschend Plus bei Immobilienpreisen voraus

Doch er stellt noch eine weitere Prognose, die vor allem Eigentümer älterer Häuser und Wohnungen aufschrecken dürfte: „Der Energieausweis wird immer bedeutsamer bei den Kaufverhandlungen werden.“ Immobilien, die ausschließlich mit fossiler Energie beheizt werden, nennt er „CO₂-Bomben“ und hält sie langfristig mit Blick auf den Klimaschutz für „nicht verantwortbar“.

Zugleich sieht er aber auch ein Problem bei den Besitzern dieser Häuser und Wohnungen. „Viele von ihnen haben diese Immobilien als Altersvorsorge betrachtet, wollten sie später zu bestimmten Preisen im Alter verkaufen. Nun können sie diese Preise nicht mehr erzielen, müssten eigentlich viel Geld in die Sanierung stecken, das sie oft nicht haben.“ Dies sei eine „soziale Dramatik“, die sich vor allem im ländlichen Raum wohl noch zuspitzen werde.

Die schwierige Situation auf dem Immobilienmarkt bekommt auch die Spada Bank Hamburg zu spüren

Der Markt für ältere Bestandsimmobilien durchläuft eine Schwächephase, aber noch dramatischer sieht es in einem anderen Bereich aus. „Der Neubau ist praktisch tot“, sagt Liesegang. Denn die Bauträger könnten die Preise nicht reduzieren. Sie würden unter der Last teurer Finanzierungen und hoher Material- sowie Personalkosten praktisch zusammenbrechen.

Die schwierige Situation auf dem Immobilienmarkt bekommt auch die Sparda Bank Hamburg zu spüren. So ist das Neugeschäft in der Baufinanzierung um 51 Prozent auf 249 Millionen Euro eingebrochen. Hauptgrund sind die gestiegenen Hypothekenzinsen, die Bau- und Kaufwillige abschrecken. Doch auf deutlich sinkende Zinsen können potenzielle Kunden nach Liesegangs Prognose nicht setzen. „Wir werden in etwa bei dem aktuellen Niveau bleiben“, sagt er. Mittelfristig geht er von einem Zinsniveau zwischen 2,75 und 3,5 Prozent für Baukredite über zehn bis 15 Jahre aus.

Ihren Gewinn konnte die Sparda Bank kräftig steigern

Insgesamt profitiert die Sparda Bank von den höheren Zinsen auf der Soll- und Habenseite. So ist ihr Zinsüberschuss 2023 um 18,5 Millionen auf 65,5 Millionen Euro gestiegen. In der Spitze bietet das Institut ihren Kunden einen Festgeldzins von 3,33 Prozent für Neueinlagen (begrenzt auf zehn Monate), erhält aber zugleich von der Europäischen Zentralbank (EZBN) vier Prozent Zinsen auf Einlagen für dort geparktes Geld. Ein gutes Geschäft – nicht nur für die Sparda Bank, sondern auch für ihre Konkurrenten. Für Tagesgeld bietet die Sparda Bank sogar nur 0,3 Prozent ab 50.000 Euro. „Wir können uns höhere Habenzinsen schlichtweg nicht leisten“, sagt Liesegang. Schließlich bekäme man für einen großen Bestand an Altkrediten selbst kaum Zinsen.

Schaut man auf den Gewinn der Bank, so konnte dieser kräftig gesteigert werden. Der Jahresüberschuss legte von rund zwei auf sechs Millionen Euro zu. „Das ist die Größenordnung, die wir in etwa benötigen“, sagt Liesegang.

Bereits 2023 wurden 7000 neue Girokonten eröffnet

Im laufenden Jahr will die Sparda Bank ihren „Wachstumskurs weiter ausbauen“, wie der Vorstandsvorsitzende sagt. Dabei wolle man vor allem neue Kunden für das eigene Girokonto begeistern, das unter bestimmten Voraussetzungen (regelmäßiger Gehalts- oder Renteneingang) kostenfrei ist, wobei die Girocard allerdings 15 Euro im Jahr kostet. Bereits 2023 wurden 7000 neue Girokonten eröffnet. Auch wenn man die Kontokündigungen gegenrechnet, bleibt nach Angaben des Instituts ein positver Saldo. Des Weiteren plant die Sparda Bank eine intensive Beratung zur Immobilienmodernisierung. Das sei ein Zukunftsmarkt, davon ist Liesegang überzeugt und verweist auf die Vielzahl staatlicher Zuschüsse: „Es gibt bundesweit rund 3700 Fördermöglichkeiten für Immobilien. In diesem Dschungel an Vorschriften benötigen die Kunden Hilfe.“

Weitere Wirtschaftsthemen

Die Mitarbeiter der Sparda Bank beschäftigen sich aktuell aber nicht nur mit den Immobilien ihrer Kunden, das Institut plant selbst, an einen anderen Standort zu ziehen. Zum Jahreswechsel 2027/28 will die Genossenschaftsbank ihre neue Zentrale gegenüber des Kulturzentrums Fabrik in der Barner Straße eröffnen. „Darauf freuen wir uns riesig“, sagt Liesegang. Am jetzigen Standort an der Präsident-Krahn-Straße werden dann 65 neue Wohnungen entstehen.