Hamburg. Prominente Wohnungsbaufirma hatte Tempo der Verwaltung moniert. Ralf Neubauer spricht von „Volkssport“, auf die Bezirke draufzuhauen.

Der Chef des Bezirksamts Hamburg-Mitte, Ralf Neubauer, hat Kritik an seinen Mitarbeitern wegen zu langsamer Bearbeitung von Bauanträgen oder Bebauungsplänen scharf zurückgewiesen. „In der Hamburger Bauwirtschaft ist es in den letzten Wochen zum Volkssport geworden, für ihre derzeitigen Problemlagen die Hamburger Bezirke verantwortlich zu machen“, kritisierte Neubauer.

Anlass war ein Abendblatt-Bericht über die Pläne des Bauunternehmens Otto Wulff, das auf seinem Firmengelände in Billstedt 165 Wohnungen – inklusive eines Wohnheims für Azubis mit 75 Plätzen – errichten will, nachdem es seinen Betriebshof von dort nach Billbrook verlagert hatte. Geschäftsführer Stefan Wulff hatte in dem Zusammenhang kritisiert, dass sein Unternehmen seit zweieinhalb Jahren auf die Änderung des B-Plans warte, ohne dass es dafür einen erkennbaren Grund gebe.

Bezirksamt Hamburg-Mitte: B-Plan-Änderung laut Chef „nicht mal nebenbei möglich“

Ein so erfahrener Unternehmer wisse doch sehr genau, dass die Umwandlung von reinen Gewerbeflächen in ein Wohngebiet „nicht mal nebenbei möglich ist“, kontert nun Neubauer. Um neues Planrecht schaffen zu können, müsse „eine Vielzahl an weiteren Themen“ bewegt werden, etwa zur Frage der nötigen Kindergartenplätze. Was genau daran so lange dauert, sagte der Bezirksamtsleiter allerdings nicht.

„Dass dieser Prozess Zeit in Anspruch nimmt, manchmal auch mehr als uns lieb ist, liegt in der Natur der Sache“, sagte Neubauer und wies auf einen weiteren Aspekt hin: „Mit der Umwandlung steigt übrigens auch der Grundstückswert, es ist ja nicht so, dass hier alle nur aus altruistischen Motiven unterwegs sind.“

Wohnungsbau Hamburg: Manche „Projektentwickler“ wollen nur teuer weiterverkaufen

Er verstehe sehr gut, „dass die Bauwirtschaft derzeit unter enormem Druck steht“, so der verärgerte Bezirkschef. „Aber es hilft niemandem, wenn nun ständig die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bezirksämtern dafür den Kopf herhalten sollen, die Gesetze und Maßgaben umsetzen, die der eigentliche Gegenstand der Kritik sind.“ Die Wohnungsbaupolitik in Hamburg basiere auf einer engen Kooperation zwischen Stadt und Wohnungswirtschaft: „Und so sollte es auch bleiben.“

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Neubauer nannte Beispiele, in denen sich seine Mitarbeiter ihrerseits über die Vorhabenträger ärgern: „Bei mir sitzen immer öfter Projektentwickler, die haben für kleines Geld eine Parkpalette mit Dutzenden von Baulasten gekauft und möchten nun erreichen, dass der Bezirk den Bebauungsplan und das Baulastenverzeichnis aus dem Fenster wirft und ihnen das Grundstück vergoldet.“ Manchmal erlebe man auch „Projektentwickler, denen wir in mühsamen Prozessen Baugenehmigungen erteilen und die dann hinterher trotzdem nicht bauen, sondern einfach weiterverkaufen“.

Ralf Neubauer:Hamburger Bezirke machen die Regeln nicht – sie setzen sie nur um

Seinen Unmut dehnte der Bezirksamtsleiter auch auf den Chef des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Andreas Breitner, aus. Dieser vertritt vor allem „soziale“ Vermieter wie Genossenschaften und hatte sich zuletzt mehrfach bitterlich darüber beklagt, dass deren Bauvorhaben oft zu langsam bearbeitet und unnötig Hürden aufgebaut würden. „Im Übrigen wissen doch auch Herr Wulff und Herr Breitner, dass die Bezirke die Regeln nicht machen, sondern nur umsetzen“, sagte Neubauer dazu.

Er und die anderen sechs Bezirksamtsleitungen in Hamburg würden Stadtentwicklungssenatorin Karen Pein (SPD) in ihren Bemühungen unterstützen, „zu schlankeren Verfahren zu kommen“. Pein hatte im Abendblatt-Gespräch unter anderem angekündigt, bei gewissen Bauvorhaben wie kleinen Einfamilienhäusern ganz auf Baugenehmigungen verzichten zu wollen. Auch Stefan Wulff hatte diese Vorschläge begrüßt. Neubauers Kritik wollte er nicht kommentieren.