Hamburg. Nachdem GlobalConnect zunächst massiv um Privatkunden geworben hatte, kündigt die Firma jetzt Verträge. Die Betroffenen sind sauer.

  • Glasfaserkabel für Highspeed-Internet in Hamburg, damit warb das Unternehmen GlobalConnect
  • Jetzt kündigt der Anbieter aber überraschend Verträge und stoppt den Ausbau
  • Betroffene Kunden sind sauer: „Wir wurden zwei Jahre hingehalten“
  • Was die Gründe für diesen plötzlichen Schritt sind

Die Anschlussdose im Keller ist bereits installiert, vor dem Haus liegt schon das Rohr für das Glasfaserkabel, dass das schnelle Internet in das Endreihenhaus von Klaus-Dieter Hey in Duvenstedt bringen sollte. „Mit dem jetzigen Anschluss gibt es manchmal Probleme beim Streaming“, sagt der Hamburger.

Auch deshalb schloss er vor knapp zwei Jahren einen Vertrag für den Anschluss seines Hauses an das hoch im Norden der Stadt noch nicht existierende Glasfasernetz mit dem Anbieter HomeNet. „Das Unternehmen hat im Stadtteil aktiv geworben und eine Infoveranstaltung für potenzielle Kunden organisiert“, sagt Hey. Er unterschrieb.

Schnelles Internet: Anbieter stoppt Glasfaserausbau in Hamburgs Norden

Doch bis heute ist das schnelle Datenkabel nicht in der Straße angekommen. Mehr noch: HomeNet, das in Hamburg inzwischen unter dem Namen seines dänischen Mutterkonzerns GlobalConnect firmiert, hat jetzt angekündigt, den Netzausbau komplett zu stoppen und vom Vertrag über den Anschluss des Hauses zurückzutreten.

Man müsse schweren Herzens mitteilen, „dass wir unser Vorhaben, das GlobalConnect Glasfasernetz in Ihrer Nachbarschaft auszubauen, stoppen müssen“, heißt es in einem Brief des Unternehmens an Hey. Begründung: „Die enorm gestiegenen Baukosten und großen Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit unseren Baupartnern führen zu einer defizitären Wirtschaftlichkeit des Ausbauprojekts (....).

Einen Anschluss Ihrer Immobilie an das GlobalConnect Glasfasernetz können wir ihnen daher aus wirtschaftlichen Gründen leider nicht mehr anbieten.“

„Wir wurden zwei Jahre hingehalten“, sagt ein verärgerter Kunde

Klaus-Dieter Hey sagt: „Das ist wirklich ärgerlich. Wir wurden zwei Jahre lang hingehalten, und jetzt wird einfach gekündigt.“ Betroffen seien auch mehrere Nachbarn, die ebenfalls mit dem Unternehmen einen Vertrag über den Hausanschluss geschlossen hätten. Zunächst habe GlobalConnect einen Baustart in der zweiten Jahreshälfte 2023 angekündigt, Ende Mai vergangenen Jahres habe es geheißen: „Es geht los!“ Im Januar dann jedoch, die Arbeiten seien derzeit ausgesetzt, man wolle sie aber so schnell wie möglich wieder aufnehmen.

Wie vielen Kunden jetzt gekündigt worden ist, teilte ein Sprecher des dänischen Unternehmens auf Abendblatt-Anfrage nicht mit. Anschlussverträge seien mit Kunden in Duvenstedt und Lemsahl-Mellingstedt geschlossen worden, sagte er. Angetreten war GlobalConnect in Hamburg vor gut drei Jahren.

Damals hieß es, man wolle das Glasfasernetz in den Stadtteilen Niendorf, Poppenbüttel, Sasel, Lemsahl-Mellingstedt, Wohldorf-Ohlstedt, Bergstedt und Duvenstedt ausbauen. Das geschah nur zu einem kleinen Teil. „Wir bieten Privatkunden Internetanschlüsse in Teilen von Niendorf und Lehmsahl-Mellingstedt an“, so der Firmensprecher zum aktuellen Stand der Dinge. In anderen Stadtteilen sei die Kabelverlegung nicht gestartet worden.

Nach Erkenntnissen des digitalpolitischen Sprechers der CDU-Bürgerschaftfraktion, Sandro Kappe, sind von dem GlobalConnect-Rückzug Bürger in vier Stadtteilen betroffen: „In Lemsahl-Mellingstedt, Wohldorf-Ohlstedt, Duvenstedt und Sasel“, sagt er.

GlobalConnect stellt Neugeschäft mit Privatkunden komplett ein

Für die nach Unternehmensangaben etwa 800 bereits angeschlossenen Kunden gibt es immerhin eine gute Nachricht. Sie seien nicht betroffen, man werde die Verträge mit ihnen erfüllen, so das Unternehmen. Mit Firmenkunden in Hamburg soll auch das Neugeschäft fortgesetzt werden, heißt es. Das Neugeschäft mit Privatkunden jedoch werde in ganz Deutschland komplett eingestellt.

Das hatte das Unternehmen bereits wenige Tage bevor in Hamburg die Kündigungsschreiben verschickt wurden angekündigt. Man setze neue Prioritäten und konzentriere sich bei neuen Glasfaseranschlüssen von Privathäusern künftig auf Finnland, teilte GlobalConnect mit. Gegenüber dem Abendblatt begründete der Unternehmenssprecher das auch mit Marktunsicherheiten und einem starken Wettbewerb in Deutschland.

Glasfasernetz: Firmen bauen in dicht besiedelten Stadtteilen aus

Tatsächlich bieten in Hamburg etwa zehn Unternehmen den Anschluss ans Glasfasernetz an und beteiligen sich zumeist auch am Netzausbau. So sagte eine Telekom-Sprecherin vor wenigen Monaten: „Wir wollen bis Ende 2025 in Hamburg 540.000 Haushalte und Unternehmensstandorte mit Glasfaser ausbauen und liegen voll im Plan.“

Damals liefen Baumaßnahmen der Telekom in Farmsen-Berne, Rissen, Eilbek, Ottensen, Hoheluft und Bergedorf. Bereits abgeschlossen waren die Ausbaugebiete in Lokstedt, Winterhude, Alsterdorf, Eppendorf und Harvestehude. 1&1 startete Ende 2023 November den Ausbau Niendorf und Nettelnburg, um rund 15.000 Haushalte „in wenigen Monaten neu an das Glasfasernetz anzuschließen“. Auf der Uhlenhorst hatte das Unternehmen seinerzeit 11.100 Haushalte auf dem Ausbauplan.

Schnelles Internet: Glasfaserausbau lohnt für Anbieter nicht überall

Im Fokus stehen dabei jedoch vielfach dicht besiedelte Stadtteile, in denen mit vergleichsweise niedrigen Investitionskosten das Netz erweitert und Tausenden Haushalten zugleich ein Glasfaseranschluss angeboten werden kann. Die Kabel in eher locker besiedelten Regionen mit vielen Einzelhäusern auf größeren Grundstücken wie im Hamburger Norden unter die Erde zu bringen ist dagegen wirtschaftlich viel weniger aussichtsreich – zumal die Baukosten zuletzt stark gestiegen sind.

Sandro Kappe fordert, der Senat müsse jetzt Geld aus seinem Fördertopf für den Netzausbau im Hamburger Norden bereitstellen, damit die Stadtteile angeschlossen werden. „Die Baumaßnahmen sollten ausgeschrieben werden und das Telekommunikationsunternehmen den Zuschlag bekommen, das am wenigsten Fördermittel in Anspruch nehmen will“, sagt der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete.

Der Ausbaustopp von GlobalConnect ist für Klaus-Dieter Hey und seine Nachbarn ein herber Rückschlag auf dem Weg zum schnellen Internet, für das Glasfaserziel des rot-grünen Senats zumindest ein Dämpfer. Demnach soll bis 2030 flächendeckend in der gesamten Stadt der Anschluss an das ultraschnelle Internet möglich sein, derzeit haben immerhin schon mehr als 50 Prozent der Haushalte Glasfaser in Haus oder Wohnung – wobei längst nicht alle es tatsächlich nutzen.

Mehr Wirtschaftsthemen

Um das Ziel bis 2030 zu erreichen, soll das Ausbautempo in der Stadt nun erhöht werden. Die Bürgerschaft beschloss erst Mitte April auf Antrag der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen, der Senat solle es unter anderem den Anbietern erleichtern, die Kabel zu verlegen. Im Grundsatz aber bleibt es dabei, dass die Telekommunikationsunternehmen entscheiden, wo sie das Netz erweitern – oder eben nicht.

Schnelles Internet: Baut jetzt eine andere Firma das Netz aus?

Klaus-Dieter Hey findet solcherlei „Rosinenpickerei“ ärgerlich. „Die Politik sollte sicherstellen, dass die Unternehmen nicht nur die Regionen anschließen, in denen es sich für sie richtig lohnt“, findet er. GlobalConnect rät den Kunden, denen es jetzt gekündigt hat, Ausschau zu halten, ob nun womöglich ein anderer Anbieter den Netzausbau übernimmt und Glasfaseranschlüsse anbietet. Klaus-Dieter Hey wird wohl noch ein bisschen länger mit bisweilen ruckelnden Bildern beim Video-Streaming leben müssen.