Hamburg. Hamburger Händler setzt auf noch mehr Selbstbedienung. Was der Chef über die geheimen Blumen-Vorlieben in den Stadtteilen weiß.

Flauschige rosa Pampasgras-Wedel, weiße Gerbera, gelbe Tulpen und pinke Freesien ragen aus den Metalleimern in der Filiale von Blume 2000 im Elbe Einkaufszentrum. Über der Blumenauslage prangt der Spruch „CREATE YOUR STRAUSS“ in grünen Leuchtbuchstaben. Denn Kundinnen und Kunden können sich hier seit Kurzem ihren Blumenstrauß selbst zusammenstellen. Langfristig soll es das neue Do-it-yourself-Angebot nicht nur in Hamburg geben – die Blumenkette will die Idee auf alle weiteren 249 Filialen in Deutschland ausweiten.

Bei Blume 2000 können Kundinnen und Kunden nun selbst Sträuße binden

Selbstbedienung – damit sorgte der Blumenhändler einst für Empörung, als er vor 50 Jahren seine erste Filiale in Hamburg-Altona eröffnete. Heute soll genau das die Umsätze der Blumenkette erneut nach oben treiben. Denn die Selbstbedienung sei von Kundinnen und Kunden erwünscht: „Aus Kundenbefragungen wissen wir, dass viele ihren Blumenstrauß selbst zusammenstellen wollen“, sagt Blume-2000-Chef Alexander Zoern. Einen „Spielplatz für Erwachsene“ nennt der 58-Jährige das Konzept. An der „Strauß-Bar“ können Kundinnen und Kunden sich austoben und mit dem üppigen Blumen-Angebot spielen.

„Wir haben hier 150 verschiedene Schnittblumen in der Auslage“, sagt Zoern. Eine Anleitung, wie man bei der Strauß-Kreation vorgeht, hängt an der Wand: Am besten wählt man zwei Blütensorten als Basis, orangefarbene Ranunkeln und blassrosa Eustoma etwa. Hinzu kommt Grünzeug wie Eukalyptus-Zweige. Eine dritte Blütensorte soll als Blickfang dienen: Runde, lila Allium-Blumen könnten das sein. Etwas Schleierkraut oder andere luftige Blumen lockern das Bouquet auf.

Trotz Selbstbedienung braucht Blume 2000 „mehr Servicekräfte“ als vorher

Die ausgesuchten Blumen kann man sich an der Theke direkt selbst zurechtschneiden, Grünzeug rupfen und den Strauß binden. Auch weiterhin bietet Blume 2000 fertig gebundene Sträuße und einen Bindeservice vor Ort an. Personal einsparen ließe sich durch die Selbstbedienung nicht, sagt Geschäftsführer Zoern. „Im Gegenteil: Wir brauchen aufgrund der hohen Nachfrage eher mehr Servicekräfte.“

Trotzdem lohne sich das Konzept: „Wir haben hier seit der Umstellung 20 Prozent mehr Umsatz als in anderen Filialen“, sagt Zoern. Auch die durchschnittliche Verweildauer sei in dem Shop 50 Prozent höher als in anderen Geschäften von Blume 2000.

Blume 2000: „Im Hamburger Westen werden besonders viele weiße Blumen verkauft“

Welche Blumen angeboten werden, stehe ein Jahr im Voraus fest: „Wir erstellen Moodboards zu künftigen Farb-, Blüten-, und Accessoire-Trends“, erklärt Zoern. Danach werden die Blumenfarben mit den Züchtern abgestimmt. Im Ostergeschäft dominiert traditionell Gelb – in diesem Jahr eine blass-pastellige Variante.

Im Jahresverlauf zeichnen sich bei den Menschen in Hamburg aber unterschiedliche Farbgeschmäcker ab. Das sei manchmal kurios und schwer zu erklären. „Im Hamburger Westen werden mehr weiße Blumen pro Jahr verkauft als in östlichen Stadtteilen“, sagt Geschäftsführer Zoern und lacht.

Blume 2000 startete vor 50 Jahren in Altona

Ein halbes Jahrhundert ist Blume 2000 inzwischen am Markt. Seit 1989 gehört das Unternehmen mit Sitz in Norderstedt der Hamburger Unternehmerfamilie Herz. Die erste Filiale hatte der Blumenhändler Helmut Jürs im März 1974 in der Großen Bergstraße in Altona eröffnet. „Meine Mutter hat dort eingekauft“, sagt Zoern. „Ich habe noch das Knistern des Blumenpapiers von damals im Ohr.“

Die erste Filiale von Blume 2000 in der Großen Bergstraße in Hamburg-Altona. Die „2000“ im Unternehmensnamen steht für die damalige Postleitzahl Hamburgs.
Die erste Filiale von Blume 2000 in der Großen Bergstraße in Hamburg-Altona. Die „2000“ im Unternehmensnamen steht für die damalige Postleitzahl Hamburgs. © Blume 2000 | Blume 2000

Nicht alle Ideen in der 50-jährigen Firmengeschichte klappten auf Anhieb. Zuletzt ist das Projekt aus dem Jahr 2015, Blumensträuße per Drohne auszuliefern, sang- und klanglos wieder eingestellt worden. „Das Ausliefern per Drohne hat sich generell nicht durchgesetzt“, sagt Zoern. Bis heute bewährt hat sich jedoch eine einstige Branchenneuheit: Der Onlineshop, den das Unternehmen 1999 einführte. Ein Viertel seines Gewinns macht der Blumenhändler inzwischen im Internet.

„Ich will die Filialen plastikfrei bekommen.“
Alexander Zoern - Geschäftsführer von Blume 2000

Mit dem Start des Onlineshops kam auch Alexander Zoern zu „Blume“, wie Mitarbeiter die Kette nennen. Als Vorstandsmitglied gestaltet der 58-jährige Hobby-Imker die Zukunft des Unternehmens mit. Eines seiner Hauptanliegen ist die Nachhaltigkeit bei Blume 2000: „Ich will die Filialen plastikfrei bekommen.“ Im Groben sei das auch schon gelungen, sagt Zoern.

Das Ziel des Blume-2000-Chefs: „Ich will die Filialen plastikfrei bekommen“

Für den Transport nutze man wiederverwendbare Blumen-Trays aus biobasiertem Polyethylen, die zu 100 Prozent recycelbar seien. Die Schnittblumen stehen in waschbaren Metalleimern in der Auslage. Auch die Verpackung wird umgestellt: Statt transparenter Geschenkfolie aus Plastik setze man nun auf Maisstärke und ist gerade dabei, beim Klebeband eine nachhaltige Alternative einzuführen.

Blume-2000-Chef Alexander Zoern
Blume-2000-Chef Alexander Zoern © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Außerdem arbeitet das Unternehmen mit zertifizierten Partnern zusammen: „Wir achten darauf, dass alle unsere Gärtnereien eine Bio-, Fairtrade-, MPS-Zertifizierung oder eine andere Nachhaltigkeitszertifizierung haben“, sagt Zoern. Neben Blumen, Zimmerpflanzen und Deko-Accessoires gibt es im Blumengeschäft auch Kräuter und seit dem Jahr 2018 essbare Pflanzen wie Tomaten und Erdbeeren zu kaufen. „Diese stammen zu 100 Prozent aus biologischem Anbau“, sagt Zoern.

Entgegen der Krisenstimmung in der Wirtschaft macht Blume 2000 sich keine Sorgen um die Zukunft: „Wir hatten 2023 einen Umsatz im mittleren dreistelligen Millionenbereich“, sagt der Geschäftsführer des Blumenhändlers. Das Unternehmenswachstum liege im kleinen zweistelligen Prozentbereich. Zu den 250 Filialen in Deutschland sollen im Laufe des Jahres 20 neue hinzukommen. Außerdem betreibt das Unternehmen 60 Blumendepots in Supermärkten in ganz Deutschland, die angelehnt an die Idee der „Tchibo-Ecken“ im Einzelhandel sind. Weitere 40 Blume-2000-Depots sollen in diesem Jahr folgen.

Mehr Wirtschaftsthemen

Große Konkurrenz hat der Blumenhändler in Hamburg nicht. „Wir haben noch nie einen Blumenladen feindlich übernommen“, beteuert Blume-2000-Chef Zoern. Etwa ein- bis zweimal im Jahr treten selbstständige Blumenladen-Besitzer an sie heran, weil sie aus unterschiedlichen Gründen ihr Geschäft abgeben wollen – für ihre langjährigen Mitarbeitenden jedoch eine neue Heimat suchen.

Blume 2000 wächst weiter – aber Zahl der Floristik-Geschäfte sinkt

„Seit Jahren ist die Zahl der selbstständig geführten Floristik-Fachgeschäfte rückläufig“, sagt Michael Bergmann vom Fachverband Deutscher Floristen Nord. Ketten wie Blume 2000 könne man dafür aber nicht pauschal verantwortlich machen. „Jeder Player im Blumengeschäft hat seine Kundschaft“, sagt Bergmann. Selbstständige Floristinnen und Floristen müssten ihr Angebot vielmehr schärfen, um sich abzugrenzen. Viele würden sich deshalb verstärkt auf die gestaltete Blume und Pflanze, die Trauer- und Brautfloristik sowie auf Messen und Events konzentrieren.

Dass Blume 2000 mit dem neuen Do-it-yourself-Ansatz die Floristik-Fachgeschäfte in die Bredouille bringt, schließt Bergmann aus. „Für eine gewisse Zielgruppe kann es aber reizvoll sein, eigene Blumensträuße zu erstellen.“ Daran hält auch Blume-2000-Chef Zoern fest. Der 58-Jährige stellt sich auch für sein Zuhause gern eigene Sträuße zusammen. Seine Lieblingsblumen? Da muss Zoern nicht lange überlegen: „Pfingstrosen.“