Hamburg. Firmengründer Stephan Wrage sieht in einem offiziellen Gutachten einen Durchbruch für die Technologie. Aber es gibt rechtliche Hürden.
Je weiter man sich vom Boden entfernt, umso höher ist die Windgeschwindigkeit. Genau das will die Hamburger Firma SkySails nutzen – mit Drachen, die oberhalb der Regionen, die klassische Windturbinen mit ihren Rotorblättern erreichen, fliegen können. „Wir haben den Ehrgeiz, Höhenwind zu einer der günstigsten Energien zu machen“, sagt Stephan Wrage, Gründer und Chef des Unternehmens.
Jetzt ist er diesem Ziel einen Schritt nähergekommen. Denn als nach eigenen Angaben weltweit erste Firma hat SkySails von einem offiziell zugelassenen Gutachter eine Bescheinigung über die Leistungsfähigkeit eines solchen Drachens erhalten. Experten des Beratungsunternehmens Windtest Grevenbroich haben dazu über Wochen die sogenannte Leistungskurve an einer SkySails-Pilotanlage im schleswig-holsteinischen Klixbüll vermessen. Es geht dabei um die Leistung, die bei bestimmten Flughöhen netto ins Stromnetz eingespeist werden kann. Wrage sieht in der Validierung einen Durchbruch für die Technologie.
Und so funktioniert sie: Der Drachen zieht beim Aufstieg ein 800 Meter langes Seil von der Winde, ein Generator wandelt diese Rotationskraft in Strom um. Hat der Drachen die maximale Flughöhe erreicht, lässt man ihn absinken und dann erneut aufsteigen. Gesteuert werden diese Höhenwechsel von einer Automatik.
Hamburger Firma will mit Höhendrachen günstigen Strom erzeugen
Innerhalb der nächsten fünf Jahre könnte die Technologie in Deutschland für die Stromerzeugung eingesetzt werden. „Das ist ein realistischer Zeithorizont“, sagt Wrage dem Abendblatt. Es gebe in der Bundesrepublik rund 4000 potenzielle Standorte für die Anlagen, wobei der SkySails-Chef davon ausgeht, dass sie auf deutlich geringere Widerstände von Anwohnern stoßen werden als Windturbinen.
Zwar hat ein Drachen mit einer Stromerzeugungskapazität in der Megawatt-Klasse eine Fläche von bis zu 800 Quadratmetern. Wegen der großen Flughöhe von bis zu 500 Metern sind die Anlagen aber laut Wrage erheblich leiser als die heute üblichen Windturbinen, der Schattenwurf sei vernachlässigbar. Zudem benötige die SkySails-Technik im Gegensatz zu konventionellen Windenergieanlagen keine Seltenen Erden und sie reduziere den Materialeinsatz, gemessen am Gewicht, um 90 Prozent. „Es gibt schon sehr viel Interesse in Deutschland“, so Wrage. Öffentlich dazu bekannt hat sich die Nordseeinsel Borkum.
Die Firma SkySails hat rund 85 Beschäftigte in Hamburg
Allerdings sind noch luftfahrtrechtliche Hürden zu überwinden. Die Pilotanlage in Klixbüll ist als permanentes Luftverkehrsbeschränkungsgebiet ausgewiesen, was nach Angaben von Wrage aber wegen des hohen Genehmigungsaufwands keine Lösung für weitere Standorte sein kann. Nach seiner Vorstellung müsste es genügen, die Anlagen als Hindernis in die Luftraumkarten einzutragen. Man stehe dazu im Kontakt mit dem Bundesverkehrsministerium.
Andreas Rieckhof, Staatsrat der Hamburger Wirtschaftsbehörde, forderte am Freitag anlässlich der Übergabe des Leistungskurven-Gutachtens an SkySails „ein legislatives Umfeld, das bürokratische Hürden abbaut und den Weg für die schnelle Einführung zukunftsfähiger Energiekonzepte wie der Höhenwindenergie ebnet“. Es gelte nun, „angemessene Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen flächendeckenden Einsatz dieser Technologien begünstigen“.
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SkySails hat laut Wrage rund 100 Beschäftigte, davon etwa 85 in Hamburg. Kommerziell genutzt wird bisher ein kleinerer, 120 Quadratmeter großer SkySails-Drachen auf der Insel Mauritius im Indischen Ozean. Die Höhenwind-Nutzung wäre nach Einschätzung von Wrage auch für viele Inseln im Pazifikraum eine gute Lösung, weil dort wegen Hurricane-Risiken keine Windparks errichtet werden könnten und der Platz für Solarparks zu knapp sei. Zwei weitere Projekte im Fernen Osten stünden vor der Fertigstellung, so Wrage.