Hamburg. Flugzeugdienstleister gewinnt massiv Aufträge, will 2030 eine Milliarde Euro verdienen und baut neues Werk – Konkurrenz zu Fuhlsbüttel?

4,3 Milliarden Menschen seien im vergangenen Jahr mit einem Flugzeug geflogen. Die Lust am Reisen sei ungebrochen, sagte Lufthansa-Technik-Vorstandschef Sören Stark am Donnerstag bei der Online-Jahrespressekonferenz in Hamburg und beschreibt, wie sein Unternehmen davon profitiert. „Viel Fliegen bedeutet viele Flugstunden. Viele Flugstunden bedeuten viel Wartungs-, Reparatur- und Überholungsarbeit.“

Das trieb Erlöse und Ergebnis des Weltmarktführers für diese Flugzeugdienstleistungen hoch. Der Umsatz kletterte 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 18,5 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro. Der operative Gewinn verbesserte sich um 13 Prozent auf 628 Millionen Euro – ein Rekordwert. Das sei angesichts „dramatischer Material-, aber auch Personalkostensteigerungen ein hervorragendes Ergebnis“, so Stark.

Wachstumskurs: Lufthansa Technik sucht fast 1000 Mitarbeiter für Hamburg

Dabei soll es aber nicht bleiben. Dieses Jahr sei zwar nur ein leichter Anstieg des operativen Gewinns geplant, aber langfristig setzt sich Lufthansa Technik ehrgeizige Wachstumspläne. Bis 2030 soll der Umsatz auf mehr als 10 Milliarden Euro steigen, sagte Stark: „Unser Ziel ist es, ein Ergebnis von über einer Milliarde Euro zu erwirtschaften.“

Wachsen wolle man vor allem mit der Überholung und Reparatur von Triebwerken. Aber auch die Reparatur von Komponenten, die Digitalisierung und ein Ausbau des Verteidigungsgeschäfts gehören zu den Eckpfeilern der Wachstumsstrategie. 2023 habe man das zweitbeste Vertriebsergebnis in der Unternehmensgeschichte erzielt: Es wurden mehr als 1000 Aufträge eingesammelt, die ein Volumen von acht Milliarden Euro hatten.

Lufthansa Technik stellte 2023 in Hamburg 900 Mitarbeiter ein

Um die Aufträge abarbeiten zu können, legte das Unternehmen im vergangenen Jahr beim Personal kräftig zu. Weltweit wurden 2500 Beschäftigte neu eingestellt, sodass man knapp 23.000 Mitarbeiter zählte. 900 Neueinstellungen davon entfielen auf Hamburg. Mit fast 10.000 Beschäftigten liege man in der Hansestadt etwa auf Vor-Corona-Niveau. In der Pandemie waren massiv Jobs abgebaut worden.

In diesem Jahr wolle man global circa 2000 neue Kollegen in der Lufthansa-Technik-Gruppe begrüßen, sagte Stark: „Und auch davon wieder allein hier in Hamburg knapp 1000.“

In Südwesteuropa will Lufthansa Technik einen Standort eröffnen

Doch nicht nur in Hamburg will das Unternehmen wachsen. Man strebe auch Übernahmen an und wolle insgesamt in den nächsten vier Jahren 1,2 Milliarden Euro investieren – und einen neuen Standort eröffnen. Im Südwesten von Europa – also dürfte es sich um Spanien oder Portugal handeln – wolle man ein weiteres Werk errichten, um die erwartete hohe Nachfrage bedienen zu können.

Schon in drei Jahren sollen dort die ersten Komponenten oder Triebwerke überholt werden. „Ich gehe davon aus, dass wir uns in den nächsten zwei, drei Monaten für einen Standort entscheiden werden“, sagte Stark. Angst um die Jobs in Fuhlsbüttel müsse keiner haben. Schließlich sei man auf klarem Wachstumskurs. Zwar könne „die ein oder andere Technologie aus Hamburg“ abwandern, aber dafür könne in der Hansestadt auch Neues entstehen, so Stark: „Netto werden wir in Hamburg nicht abbauen.“

Reparatur der Pratt & Whitney-Triebwerke dauert länger als geplant

Viel zu tun hat das Unternehmen auch dank der Probleme beim US-Triebwerkshersteller Pratt & Whitney. Rund 3000 Motoren, die zum Beispiel am Airbus-Verkaufsschlager A320neo an den Tragflächen hängen, müssen vorgezogen in die Werkstätten, weil jahrelang ein möglicherweise schadhaftes Pulvermetall verwendet wurde.

Generell füllen diese Reparaturen das Auftragsbuch weiter, allerdings bereiten sie offenbar Schwierigkeiten. Die Durchlaufzeit für ein Triebwerk liege bei rund 150 Tagen und dauere damit etwa doppelt so lang wie ursprünglich mal kalkuliert, sagte Stark. Und: „Wenn der Hersteller des Triebwerkes nicht in der Lage ist, die entsprechenden Ersatzteile für diese Reparaturen zur Verfügung zu stellen, dann kommen wir auch nicht voran.“

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Die Airlines befürchten nach früheren Angaben in den nächsten drei Jahren ohnehin schon den Ausfall von jährlich 350 Flugzeugen und Streichungen im Programm. Die Auswirkungen auf die Branche dürften also gravierend sein. Stark: „Das hat den Charakter eines perfekten Sturms.“