Hamburg. Ob Bauwerk durch Tunnel oder neue Brücke ersetzt wird, ist noch offen. FDP verweist auf Denkmalschutz und kritisiert „Brückendesaster“.

Die finale Entscheidung des Senats, ob die Köhlbrandbrücke durch einen Tunnel oder einen Neubau ersetzt wird, steht immer noch aus. Dennoch sind bereits Kosten in Höhe von fast 60 Millionen Euro angefallen. Das hat der Senat jetzt auf eine Schriftliche Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein mitgeteilt.

Demnach wurden seit 2017 bis zum 30. Juni dieses Jahres exakt 58,9 Millionen Euro aufgewendet, davon 4,8 Millionen für die Planung des Rückbaus der Köhlbrandbrücke und 54,1 Millionen Euro für die Planung eines Alternativ-Bauwerks. Im April hatte der Senat diese Kosten auf Anfrage der CDU mit rund 56 Millionen Euro beziffert – seitdem sind also knapp drei Millionen dazugekommen.

Neue Köhlbrandquerung: 60 Millionen Euro Kosten, aber noch keine Entscheidung

„60 Millionen Steuerzahler-Euro für 15 Jahre Rückbau der aktuellen und Erneuerungsplanung einer neuen Köhlbrandquerung – aber immer noch streitet Rot-Grün über die Frage Erhalt oder Neubau“, sagte Treuenfels-Frowein dem Abendblatt und kritisierte: „Das ist ein politisches Brückendesaster.“

Die FDP-Politikerin warf dem Senat zudem vor, die unter Denkmalschutz stehende Schrägseilbrücke mit ihren markanten, 135 Meter hohen Pylonen abreißen zu wollen, obwohl das dafür maßgebliche Gutachten aus dem Jahr 2008 diesen Abriss als nicht zwingend nötig erachtet habe.

„Den Denkmalschutz für ein derart ikonisches Bauwerk schlicht zu ignorieren, aber jedem zweiten Altbaubesitzer jedes Detail bei Veränderungen vorzuschreiben – das passt nicht zusammen“, so Treuenfels-Frowein.

Senat: Brücke erreicht „sukzessive das Ende ihrer ... Nutzungsdauer“

Jenes Gutachten der Technischen Universität Hamburg (TUHH) hatte den Zustand der 1974 eröffneten Brücke beschrieben und mögliche Wege für die Zukunft aufgezeigt. Demnach könne das Bauwerk noch 20 Jahre – also etwa bis 2030 – mit vertretbarem Aufwand betrieben werden.

Die theoretische Lebensdauer betrage zwar noch 50 Jahre – also etwa bis 2060 –, könne aber nur mit einem enorm hohen Aufwand sichergestellt werden. So müssten etwa die beiden, zusammengenommen gut drei Kilometer langen Zufahrtsrampen größtenteils komplett erneuert werden.

In seiner Antwort auf die Treuenfels-Anfrage betont der Senat zwar, dass „das Gutachten vom Jahr 2008 in seinen wesentlichen Aussagen überholt“ sei. Dennoch macht er sich dessen Grundaussage weiter zu eigen: Die Köhlbrandbrücke werde „in den kommenden Jahren sukzessive das Ende ihrer technischen und wirtschaftlichen Nutzungsdauer erreichen“.

Eine Instandsetzung oder Ertüchtigung „würde einen umfangreichen und damit aufwendigen Austausch von ganzen Stahl- und Betonelementen erfordern, ohne dass sich damit jedoch die Lebenszeit vergleichbar einem Neubau verlängern ließe“.

Wirtschaftssenatorin lässt Kosten für neue Brücke als Alternative zum Tunnel berechnen

Weiter heißt es: „Darüber hinaus ließen sich diese Maßnahmen nicht ohne längerfristige Vollsperrungen durchführen, die aus verkehrlicher und hafenwirtschaftlicher Sicht inakzeptabel sind. Ein leistungsfähiges Querungsbauwerk, welches die östlichen und westlichen Hafenbereiche miteinander verbindet, ist daher erforderlich.“

Dieses neue Bauwerk sollte eigentlich ein Tunnel werden, da dieser langlebiger und wartungsärmer ist, es dort keine Probleme mit dem Wind geben kann und auch keine Höhenbeschränkungen für die Schifffahrt.

Doch nachdem Probleme mit dem matschigen Untergrund bekannt wurden, weswegen die Kosten für den Tunnel auf mehr als 5,3 Milliarden Euro steigen würden, hatte die neue Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) das Projekt angehalten. Jetzt lässt sie zunächst durchrechnen, was eine neue, höhere Brücke kosten würde, bevor in der Abwägung eine Entscheidung fallen soll.

Köhlbrandbrücke: Kerstan will Erhalt prüfen – Tschentscher weist ihn zurecht

Für Wirbel hatte kürzlich Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) gesorgt, der sich im Abendblatt dafür ausgesprochen hatte, mit Blick auf den Denkmalschutz und die Kosten doch einen Erhalt der bestehenden Brücke zu prüfen.

Der SPD-Haushaltspolitiker Mathias Petersen unterstützte diese Sichtweise. Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hatte sich im Abendblatt-Interview dennoch unbeeindruckt gezeigt: „Es ist alles geklärt. Der Senat hat eine Position, die seit Langem bekannt ist. Die Köhlbrandquerung muss erneuert werden.“

Treuenfels-Frowein gibt sich damit nicht zufrieden. „Selbst wenn am Ende für eine Sicherung des Schiffsverkehrs ein Neubau als Tunnel oder Querung unumgänglich sein sollte, muss der Bürgermeister jetzt für Ordnung in seinem zerstrittenen Senat sorgen“, so die FDP-Politikerin. „Sommerinterviews werden da nicht reichen, valide Entscheidungen müssen endlich her.“