Hamburg. 250 Hamburger hatten über den Geschmack von Lütte Höög entschieden. Jetzt steht das selbst ernannte Hamburg Bier vor einem Revival.
Es nennt sich Hamburg Bier. Ganz schön selbstbewusst – Biere aus Hamburg gibt es schließlich einige. Astra und Holsten zum Beispiel, Bergedorfer und Ratsherrn, von den vielen Craftbeer-Sorten aus kleinen und größeren Brauereien ganz abgesehen. Dieses heißt Lütte Höög, das ist Hamburger Platt und bedeutet so viel wie „kleine Freude“. Das Besondere: 250 Hamburgerinnen und Hamburger haben in einer Art demokratischer Geschmacksabstimmung über das hanseatische Original mitentschieden.
Das Ganze ist schon einige Jahre her und war damals unter anderem von einer Tochter der Hamburg Marketing Agentur angeschoben worden, die das Bier kurzerhand „zur flüssigen Liebeserklärung an die schönste Stadt der Welt“ erklärt hatte. Nach ermutigendem Start stand das Hamburg Bier nach Corona-Pandemie und anderen Krisen zuletzt allerdings praktisch vor dem Aus. Bis Oliver Hintze davon hörte.
Lütte Höög: Warum ein Hamburger diese Biermarke retten will
Der Investor mit viel Erfahrungen in Gastronomie und Vertrieb kaufte Ende 2022 Markenrechte und Rezeptur von Lütte Höög. Seitdem arbeitet er an dem Revival. „Ich konnte die Marke einfach nicht sterben lassen“, sagt der 52-Jährige. Er sagt auch: „Im Prinzip braucht Hamburg kein weiteres Bier. Aber mir geht es um Geschmack und Qualität.“
Seit einigen Monaten ist die Biermarke aus Hamburg zurück in den Ladenregalen. Ein naturtrübes Zwickel, ungefiltert, nicht pasteurisiert und nach deutschem Reinheitsgebot in der Landgang-Brauerei in Bahrenfeld gebraut. Für den frisch-fruchtigen Geschmack sorgt Lemondrop-Hopfen, der eigens aus den USA importiert wird. Klar, dass Unternehmer Hintze von Anfang an großer Fan war. „Wenn mir das Bier nicht geschmeckt hätte, hätte ich es nicht gekauft“, sagt er. Offenbar sehen andere Biertrinkerinnen und Biertrinker das auch so. „Die Resonanz macht Mut“, so Oliver Hintze.
Dass er eine Art Bierretter wurde, hat auch mit seiner Vergangenheit zu tun. Seine Eltern haben eine große Gaststätte im Ostseebad Grömitz, mit Konditorei und Schlachterei betrieben. „Ich bin praktisch hinter dem Tresen aufgewachsen“, sagt Oliver Hintze. Trotzdem wollte er den elterlichen Betrieb nicht übernehmen, hat nach einer Ausbildung zum Hotelfachmann in einer Hamburger Luxusherberge 30 Jahre im Vertrieb gearbeitet und als Verkaufsdirektor bei der Barclays Arena und beim HSV das große Rad gedreht.
Bierretter mit Erfahrung bei Kultmarken
„Ich wollte immer meinen eigenen Weg gehen“, sagt er. Oliver Hintze hat zwei Jahre in Istanbul gelebt und deutsches Brot an Hotels verkauft, war beim Immobilienmakler Dahler & Company beschäftigt und hat angefangen, als Investor Gastronomiekonzepte zu finanzieren. Namen will er öffentlich nicht nennen, aber es seien bekannte Unternehmen darunter. In seinem Heimatort Grömitz hat sich der Gastro-Experte 2018 noch mal selbst hinter den Tresen gestellt und mit der Wurstbude Grömitz einen Strandimbiss mit Kultcharakter aufgezogen. 2020 hat er den Laden verkauft.
Zurück in Hamburg hat Oliver Hintze sich auf das nächste Projekt gestürzt. „Ich habe ein Produkt gesucht, dass ich entwickeln kann“, beschreibt er es. Und so kam er auf Lütte Höög. Konzept, Qualität und Geschmack passten, nur das Design modernisierte der Geschäftsmann behutsam. Das Etikett in Türkis und Rot ließ er von einem Grafiker aufräumen, unter anderem mussten Abbildungen einiger Hamburgensien wie die Elbphilharmonie weichen, weil dafür keine Lizenzrechte vorlagen. Auch die Farbe des Kronkorkens wechselte er von Schwarz auf Türkis. „Jetzt ist die Flasche ein richtiger Hingucker.“
Investitionen im sechsstelligen Euro-Bereich
Inzwischen hat der Geschäftsmann einen sechsstelligen Euro-Betrag in die Wiederbelebung des Hamburg Biers gesteckt. Mehrere Tausend Flaschen sind inzwischen verkauft. Erhältlich ist Lütte Höög in ausgewählten Feinkostgeschäften und Supermärkten, wie Mutterland an der Kirchenallee, Hafen-Spezerei am Überseeboulevard, Edeka Clausen in Barmbek sowie im Onlineshop. „Aktuell laufen Gespräche mit weiteren Vertriebspartnern“, sagt Oliver Hintze.
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Der Preis liegt mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 2,45 Euro für eine 0,33-Liter-Flasche deutlich im oberen Bereich. Günstiger soll es werden, sobald die Produktions- und Absatzmengen steigen. Als weiteres Standbein setzt Unternehmer Hintze auf die Gastronomie. Erste Kunden sind die gutbürgerlichen Speiselokale Hamburger Anno 1905 am Holstenplatz in Altona und das Laufauf am Kattrepel in der Altstadt. Gerade hat er Lütte Höög auch bei einem großen Getränkegroßhändler untergebracht.
Lütte Höög: Warum ein Hamburger diese Biermarke retten will
In diesem Jahr sollen deutlich mehr Hamburger zum Hamburg Bier greifen. Im März zieht der Bierretter mit seiner Firma von Sasel in die Hamburger Altstadt. „Wir sind gerade dabei, neue Mitarbeiter einzustellen“, sagt Oliver Hintze. In Planung sind auch eine Abfüllung im Fass und eine alkoholfreie Variante von Lütte Höög. „Die gibt es aber erst, wenn es wirklich anständig schmeckt.“